Leberherd als Zufallsbefund – Diagnostik

Durch die immer besser werdende Ortsauflösung von radiologischen Schnittbildtechniken verbunden mit ihrer breiten Verfügbarkeit und dem relativ leichten Zugang zu diesen Untersuchungen nimmt die Häufigkeit von zufällig entdeckten Leberherden zu und führt zu beträchtlicher Verunsicherung sowohl bei Patienten als auch beim behandelnden Arzt. Eine genaue Abklärung ist daher unbedingt anzustreben. Eine sorgfältig erhobene Anamnese ist in dieser klinischen Situation wichtig, um diagnostische Hinweise zu erhalten. Von besonderer Bedeutung ist der Umstand, ob die Leberläsion in einer sonst gesunden Leber oder in einer chronisch entzündlichen/zirrhotisch umgewandelte Leber aufgetreten ist. Daneben sind Alter, Geschlecht, Einnahme von oralen Kontrazeptiva, frühere Tumorerkrankungen und eine Reiseanamnese von Bedeutung.

Untersuchungsmethoden: Ultraschall, CT und MRT mit Kontrastmittel sind die derzeitig gängigen Schnittbildverfahren. Besonders der Ultraschall wird häufig als Erstuntersuchung eingesetzt und führt zu zufällig entdeckten Läsionen. Meist sind CT und MR dem Ultraschall bezüglich Sensitivität überlegen. Es ist jedoch festzuhalten, dass die drei Untersuchungsverfahren auch bei größeren Raumforderungen nicht immer kongruente Ergebnisse liefern und durchaus auch eine im Ultraschall detektierbare Raumforderung in einem der beiden anderen Verfahren nicht zu erkennen ist. Bei diagnostischen Unklarheiten hilft häufig eine Ultraschall-, CT- oder MR-gezielte Feinnadelbiopsie diagnostisch weiter, wobei hier nur ein Befund mit pathologischem Ergebnis den diagnostischen Weg abschließen lässt. Eine inkonklusive Histologie lässt eine gewisse Unsicherheit zurück. Konnte die während der Punktion in der Läsion gelegene Spitze der nadel dokumentiert werden, so ist diesem Ergebnis ein hoher positiv prädiktiver Wert zuzuordnen. Von den nuklearmedizinischen Techniken ist die Bedeutung des früher häufig durchgeführten Technetium-Sulfur-Colloid-Scans gänzlich in den Hintergrund getreten. Eine PET-CT zur Abklärung einer zufälligen Raumforderung ist kein Mittel der ersten Wahl.

Leberläsion bei bestehender Lebererkrankung/-zirrhose

Jede Raumforderung in einer zirrhotischen Leber ist hochsuspekt auf das Vorliegen eines hepatozellulären Karzinoms und sollte mit nachdruck abgeklärt werden, um die Chancen des Patienten auf eine eventuelle kurative Therapie zu erhalten.
Die Abb. zeigt den derzeit gültigen diagnostischen Algorithmus (EASL/EORTC-Guidelines). Die Diagnose eines HCC kann dann gestellt werden, wenn bei Herden größer als 2 cm Durchmesser in einer dynamischem CT- oder MR-Untersuchung das typische Zeichen einer arteriellen Hypervaskularisation der Raumforderung und eines in der venösen Phase sichtbaren Kontrastmittel-Washouts erkennbar ist. Zur Diagnose genügt eine positive Untersuchungsmethode. Für Raumforderungen zwischen 1 und 2 cm Durchmesser sind die charakteristischen Hypervaskularisation-/ Washout-Zeichen in zwei unabhängigen Untersuchungsmethoden (Kontrastmittel-CT und Kontrastmittel-MR) zu fordern. Liegen diese nicht vor, so sollte die Raumforderung mittels Feinnadelbiopsie histologisch abgeklärt werden. Bei Raumforderung < 1 cm im Durchmesser wird eine engmaschige Ultraschallkontrolle alle 4 Monate empfohlen und bei Größenwachstum eine Biopsie bzw. CT- und MRT-Untersuchung angestrebt. Für kleinere Läsionen in zirrhotischer Leber ist festzuhalten, dass nur in einer Minderheit der Fälle die radiologischen Techniken konkordant sind und diese ein HCC zeigen, sodass in der Mehrheit der Fälle eine Biopsie notwendig ist.

Raumforderung in nicht-zirrhotischer Leber

Metastasen: Die häufigsten malignen Raumforderungen in der Leber sind Absiedelungen extrahepatischer Malignome. Im Ultraschall ist die typische Metastase eines Adenokarzinoms hypoechogen und meist multipel auftretend. Eine irreguläre Binnenstruktur und ein echoarmer Randsaum sind weitere charakteristische Befunde. Eine triphasische (ohne Kontrastmittel, Kontrastmittel in der arteriellen und in der portalvenösen Phase) CT zeigt hypovaskularisierte Läsionen meist bei primären Tumoren im Kolon, Magen und Pankreas. Hypervaskularisierte Metastasen sprechen für das Vorliegen eines neuroendokrinen Tumors, nierenzellkarzinoms, Melanoms, Schilddrüsen- oder Mammakarzinoms. Die MR zeigt Metastasen als Areale niedriger Signalintensität in T1-gewichteten und höherer Signalintensität in T2-gewichteten Sequenzen. Die Sensitivität kann durch spezifische MR-Kontrastmittel erhöht werden.

Zysten: Einer der häufigsten Befunde sind zystische Raumforderungen, die meist mit den Schnittbildtechniken gut einordenbar sind. Gelegentlich lässt jedoch auch ein fraglicher Inhalt die Differenzialdiagnose einer Echinokokkuszyste zu, hier kann die Serologie weiterhelfen. Im Ultraschall sind Zysten als dünnwandige echofreie Läsionen von variabler Größe mit dorsaler Schallverstärkung gut zu erkennen. Sie brauchen im Regelfall keine weitere Abklärung. Die CT-Charakteristika von Zysten sind scharf demarkierte Strukturen mit Dichtewerten von Wasser innerhalb der Zyste. Eine Kontrastmittelgabe führt zu keinem Enhancement innerhalb der Zyste. Die MR-Untersuchung zeigt die Zyste als eine Struktur mit hoher Signalintensität in T2-gewichteten Sequenzen ohne Enhancement bei Verwendung eines Kontrastmittels.

Hämangiom: Im Ultraschall stellt sich das Hämangiom als scharf demarkierte homogene echoreiche Raumforderung dar. Eine konklusive Diagnose wird mit Ultraschall in ca. 2/3 der Fälle erreicht. Je größer das Hämangiom, desto eher ist die Echobinnenstruktur unregelmäßig, bedingt durch intraläsionale Thrombosen und Fibrosen. Ein kontrastverstärkter Ultraschall kann die diagnostische Treffsicherheit verbessern. In der CT ohne Kontrastmittel ist das Hämangiom meist scharf begrenzt und hypodens, in einigen Fällen sind auch Verkalkungen sichtbar. Bei Gabe von Kontrastmittel stellt sich ein sehr starkes früheres Kontrastmittelenhancement dar, das typischerweise von außen nach innen erfolgt, die Diagnose kann in ca. 80 % gestellt werden. Die MR-Untersuchung erlaubt mit hoher Sensitivität (90 %) und Spezifität (> 90 %), ein Hämangiom an seiner niedrigen Signalintensität in T1-gewichteten Sequenzen und der erhöhten Signalintensität in T2-gewichteten Sequenzen zu identifizieren. Die perkutane Feinnadelbiopsie ist eine weitere Möglichkeit, die Diagnose zu stellen. Wegen der relativ geringen Ausbeute von diagnostisch verwertbarem Material, der Blutungsgefahr bei sehr oberflächlich gelegenen Hämangiomen und der üblicherweise auch mittels Ultraschall sehr klar stellbaren Diagnose ist die Bedeutung der nadelbiopsie für die Diagnose eines Hämangioms zurückgegangen.

Adenome: Sie treten hauptsächlich bei Frauen älter als 30 Jahre, die häufig über mehrere Jahre Kontrazeptiva eingenommen haben, auf. Adenome sind oft im rechten Leberlappen anzutreffen, üblicherweise echoreich und mit einer zentralen echoarmen Zone versehen. In der CT finden sich Läsionen mit inhomogener Binnenstruktur, häufig auch mit Veränderungen im Zentrum, die von Einblutungen herrühren. In der MR-Untersuchung findet sich eine erhöhte T1-gewichtete Signalintensität, auf T2-gewichteten Bildern ist die Läsion heterogen. Gadobenat-Dimeglumin als MRI-Kontrastmittel wird neben der niere auch über die Leber und Gallengänge ausgeschieden. Leberläsionen mit Hepatozyten und intakter biliärer Exkretion nehmen das Kontrastmittel auf und scheiden es aus. Eine Feinnadelbiopsie ergibt häufig den histologischen Nachweis des Adenoms. Gelegentlich ist es jedoch schwierig, das Adenom von einem hochdifferenzierten hepatozellulären Karzinom zu unterscheiden.

Fokal-noduläre Hyperplasie (FNH): Die FnH ist ein Tumor, der sich aus einer hyperplastischen Gewebsantwort auf eine Anlageanomalie einer Leberarterie entwickelt. Sie tritt vorwiegend bei Frauen in der 4. und 5. Lebensdekade auf und ist nicht mit der Einnahme von Kontrazeptiva assoziiert; ebenso ist eine maligne Entartung nicht bekannt. Die FnH tritt üblicherweise als solitäre Läsion, gelegentlich als multiple Veränderungen auf. Charakteristisch sind fibröse Septen, die in einer Radspeichenstruktur vom Zentrum zur Peripherie ziehen. Die charakteristische Morphologie mit fibrösen, vom Zentrum entspringenden Septen kann sowohl im Ultraschall als auch in der CT oder MR gesehen werden und ist diagnostisch. Sind diese charakteristischen Veränderungen nicht erkennbar, so bringt oft einer Feinnadelbiopsie die Klärung. In der MRI kann Gadobenat-Dimeglumin als Kontrastmittel die Differenzierung zwischen Adenom und FnH mit hoher Sensitivität (96 %) und Spezifität (98 %) erbringen.

 Fact Box

Durch die zunehmende Verbreitung und häufige Anwendung von Schnittbildverfahren verbunden mit der gestiegenen Sensitivität werden häufiger Leberlasionen inzidenziell entdeckt. Die Abklärung dieser zufällig gefundenen Veränderungen lost oft eine Lawine verschiedener bildgebender Verfahren aus und verursacht erhebliche Kosten. Als Untersuchungsmethoden stehen Ultraschall, CT und MR mit und ohne Kontrastmittel zu Verfügung, ergänzt durch die histologische Aufarbeitung

 

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