Die abdominale/laparoskopische Kolposuspension nach Burch (bzw. deren Modifikationen) galt bislang als die am besten untersuchte Operationsmethode und damit als Goldstandardverfahren in der Urogynäkologie. Die langfristigen Heilungsraten lagen zwischen 60 und 90 %. Postoperative Blasenentleerungsstörungen und Drangsymptome kommen bei etwa 10–20 % der Patientinnen vor. Zur laparoskopischen Technik der Burch-Operation gibt es weniger Studien mit ausreichendem Follow-up.
Aufgrund der gleichen Effektivität, der kürzeren Operationsdauer und der niedrigen peri- und postoperativen Morbidität wurde die vordere Plastik bzw. die Kolposuspension weitgehend von den Schlingenverfahren abgelöst.
Mit der Einführung des TVT-Verfahrens kam es zu einem Paradigmenwechsel: Das von Ulmsten im Jahre 1996 erstmals beschriebene Tension-free-Vaginal-Tape-Verfahren (TVT-Verfahren) hat bisher bei über 900.000 Frauen mit Stressharninkontinenz Anwendung gefunden. Die klassische retropubische TVT-Operation gilt heute als Standardverfahren. Das makroporöse, monofilamentäre Band aus Polypropylen wird in Regio nal-, Lokal- oder in Allgemeinnarkose spannungsfrei unter das mittlere Drittel der Urethra gelegt. Bei wacher Patientin kann bei der endgültigen Platzierung des Bandes zur Vermeidung einer Überkorrektur ein Hustentest durchgeführt werden, er ist aber nicht obligat. Die neuen 11-Jahres-Daten zeigen eine Heilungsrate von 77 %, eine Besserung bei 20 %, die übrigen 3 % sind unverändert. Die langfristige Gesamterfolgsrate wird daher mit ca. 90 % angegeben. Es ist anzunehmen, dass die typischen Komplikationen (z. B. Banderosionen von 1 %) bei jüngeren Frauen noch seltener auftreten.
Seit der Einführung der klassischen TVT wurden mehr als 30 Modifikationen hinsichtlich Material und Techniken auf den Markt gebracht (Tab. 1). Motivation dafür war neben ökonomischen Gründen die Verringerung der intraoperativen Komplikationen wie z. B. Blasen- oder Gefäßverletzungen. Als belastend für die Patientinnen zeigten sich bei TVTVerfahren die Blasenperforationsrate von ca. 5–7 % mit somit zwingend erforderlicher intraoperativer Zystoskopie und das Auftreten von Blasenentleerungsstörungen in ca. 8 %. Blutungskomplikationen wurden laut dem österreichischen TVT-Register in knapp 3 % von über 5.500 TVT-Operationen registriert.
Eine innovative Weiterentwicklung des TVT-Verfahrens stellt die transobturatorische Schlingenapplikation TOT/TVT-O dar, die im Jahr 2001 von Delorme erstmals publiziert wurde. Die Rationale für den transobturatorischen Zugang besteht in der Vermeidung des retropubischen Operationsbereiches und der dadurch geringeren Komplikationsrate an Blasen- und Gefäßverletzungen. Beim TOT-Verfahren werden die Bandarme nicht retrosymphysär, sondern seitlich durch die Foramina obtu – ratoria geleitet. Beide Verfahren (TVT + TOT) sind hinsichtlich der Kontinenzraten gleichwertig, unterschiedlich ist allerdings das Nebenwirkungsspektrum: Während bei der klassischen TVT-Methode bei bis zu 5 % der Patientinnen Blasenverletzungen und Drangsymptome neu auftreten (De-novo-Urge-Symp – tome), kommt es bei der transobturatorischen Technik häufiger zu passageren Schmerzen im Bereich der Adduktoren und Banderosionen in der Vagina. Laut Literaturberichten tritt eine neuropathologische Symptomatik weniger bei der Out-in- Technik (Monarc®) als beim In-out-Prozedere (TVT-O) auf, weil insbesondere der Einstich beim Monarc®-Verfahren präziser durchgeführt werden kann. Insgesamt ergibt sich bei der Betrachtung der Komplikationsraten bei ähnlicher klinischer Effizienz ein klarer Vorteil für den transobturatorischen Zugang.
Information
Derzeit mögliche Indikationen für ein TVT-Verfahren
• jüngere Patientinnen (Langzeitdaten verfügbar)
• hypotone Urethra
• Rezidivoperation
Derzeit mögliche Indikationen für ein TOT-Verfahren
• Stressharninkontinenz I.–II. Grades
• frühere retropubische Operation
• Strahlenbehandlung im kleinen Becken
• Adipositas
• Mischinkontinenz
Hohes Risiko für Schlingenversager
• frühere Inkontinenzoperationen
• hypotone Urethra
• Hypomobilität der Urethra
Der nächste Schritt zu einem noch weniger invasiven Zugang besteht in der Anwendung von Minischlingen, wobei bisher die Frage offen blieb, ob eine abermalige Veränderung des Zugangsweges eine Verbesserung oder Verschlechterung des klinischen Ergebnisses zeigt. Bei der Minischlingen-Applikation (z.B. MiniArc ® oder Ophira®) erfolgt eine kurze vaginale Inzision 1,5 cm unterhalb der äußeren Harnröhrenöffnung und eine laterale Dissektion mit der Schere bis zum unteren Rand des Os pubis. Nach Positionierung einer selbstverankernden Spitze am Nadelende wird die Nadel-Schlingen-Verbindung mit sanftem Druck in der Membrana obturatoria fixiert. Enzelsberger et al. konnten in einer prospektiv randomisierten Studie zwischen einer Minischlinge (MiniArc®) (Abb.) und der TOT-Methode (Monarc®) als Erstoperation eine Inkontinenzrate von 82 % bei der Mini – schlinge und 86 % beim TOT-Verfahren nach 2 Jahren Be – o b achtungszeit erzielen (p < 0,05). Mittlerweile werden die Minischlingen „not tension free“ appliziert, d. h. Minischlingen liegen der Urethra direkt an, und es darf sich intraoperativ keine Lockerung zeigen. Die Minischlingen führen durch die Vermeidung der retropubischen bzw. transobturatorischen Schlingenführung zu einer weiteren Reduktion der Komplikationsrate bei klinisch vergleichbaren Ergebnissen. Zusätzliche Analysen vor allem in Hinsicht auf die optimale Lage bzw. Spannung der Minischlingen sind erforderlich. Insbesondere bei Frauen mit Rezidivstressinkontinenz oder bei Vorliegen einer hypotonen Urethra sind weitere Studien abzuwarten (Tab. 2).
Take Home Message
Die Basis für einen guten Heilungseffekt ist die richtige Indikationsstellung, das Wissen um die jeweilige Schlingenapplikation und die Vermeidung von intraoperativen Komplikationen. Insgesamt haben Schlingenverfahren wie TVT, TOT und zusehends Minischlingen die konventionellen Methoden abgelöst. Grundsätzlich zeigte sich, dass suburethrale Schlingen bei adipösen Patientinnen ähnliche Erfolge wie bei normalgewichtigen Frauen aufweisen.