Bei einer glomerulären Filtrationsrate von 120 ml/min und einer Serumnatriumkonzentration von 140 mmol/l werden pro Tag ca. 17 mol Natrium (also ca. 1 kg Kochsalz!) in den Primärharn abgegeben. Ungefähr 99% werden im Tubulussystem wieder rückresorbiert, die tatsächlich ausgeschiedene Menge entspricht unter „Steady state“-Bedingungen weitgehend der Zufuhr (Natriurese in mmol pro Tag/17 = Kochsalzzufuhr in Gramm pro Tag).
Die treibende Kraft für diese Rückresorption ist die Aktivität der Natrium-Kalium-ATPase an der basolateralen Seite der Tubuluszellen. Sie sorgt für eine niedrige Natrium- und eine hohe Kaliumkonzentration in der Zelle und ein negativ geladenes Zell – inneres, und damit für ideale Voraussetzungen für die Aufnahme von Natriumkationen aus dem Harn. Während die Natrium-Kalium-ATPase in allen Tubulusabschnitten aktiv ist, wird die apikale Natriumrückresorption von sehr unterschiedlichen Transportern übernommen (z. B. Natrium-Phosphat-, Natrium- Glukosekotransporter, Natrium-Wasserstof fionenaustauscher im proximalen Tubulus; Natrium-Kalium-2-Chloridkotransporter in der Henle´schen Schleife oder Natrium-Chloridkotransporter im distalen Tubulus). Diese lokale Spezifität ermöglicht einen sehr gezielten Einsatz von Diuretika. Karboanhydratasehemmer (Azetazolamid) setzen am proximalen Tubulus und Schleifendiuretika (Furosemid, Bumetanid, Torasemid und Ethycrinsäure) am dicken aufsteigenden Ast der Henle´schen Schleife an. Thiazide wirken am distalen Tubulus und am Verbindungsstück, kaliumsparende Substanzen (Amilorid, Triamteren) am Verbindungsstück und, wie auch die Aldosteronantagonisten Spironolakton bzw. Eplerenon, am kortikalen Sammelrohr. Mit Ausnahme der osmotisch wirksamen Diuretika (z. B. Mannit) erhöhen alle Substanzen die fraktionelle Natriumausscheidung (also die Menge des tatsächlich eliminierten Natriums im Verhältnis zur filtrierten Menge). Mannit führt ausschließlich zu einer Wasserdiurese (unabhängig von Natrium) und wirkt daher ähnlich wie die seit Kurzem zur Verfügung stehenden Vasopressinantagonisten.
Die Effizienz der unterschiedlichen Diuretikaklassen wird einerseits von der absoluten Bedeutung des Tubulusabschnittes bestimmt, an dem sie wirken (60–70% des filtrierten Natriums werden bereits im proximalen Tubulus reabsorbiert, 20–25% in der Henle´schen Schleife, 5–10% im distalen Tubulus, 3% im Sammelrohr), andererseits aber auch von dessen Lokalisation, da weiter distal gelegene Abschnitte meist in der Lage sind, die Natriumreabsorption je nach Angebot zu verändern. So reduziert z. B. diese Flussabhängigkeit der Natriumreabsorption an der Henle´schen Schliefe massiv die Wirkung von Diuretika, die weiter proximal ansetzen.
Es muss aber auch beachtet werden, dass die Rückresorptionsleistung der einzelnen Tubulusabschnitte von externen Einflüssen modifiziert werden kann. So verstärken Angiotensin II oder ein erhöhter Sympathikotonus die Natriumretention am proximalen Tubulus und reduzieren damit die Wirkung von Schleifendiuretika.
Wie viele Diuretika muss auch Azetazolamid über den organischen Säuretransporterweg in das Tubuluslumen sezerniert werden, bevor es seine Wirkung entfalten kann. Im proximalen Tubulus wird physiologisch eine große Menge Natrium aus dem Tubuluslumen im Austausch gegen Wasserstoffionen reabsorbiert (Natrium-Wasserstoffionenaustauscher, NHE3 oder SLC9A3). Das dafür notwendige Wasserstoffion wird durch die Karboanhydratase gebildet (Umwandlung von H2CO3 in H+ und HCO3-). Glomerulär filtriertes Bikarbonat puffert das sezernierte Wasserstoffion im Harn ab, das intrazellulär verbleibende Bikarbonation wird basolateral in die Zirkulation abgegeben. Karboanhydrataseinhibitoren hemmen diese Wege, die Folgen sind ein erhöhtes Angebot von Natrium und Wasser in weiter distal gelegenen Tubulusabschnitten (somit prinzipiell Natriurese, aber auch Kaliumverlust durch erhöhte kompensatorische Reabsorption von Natrium im Austausch gegen Kalium in distalen Tubulusabschnitten). Das tubulär verbleibende Bikarbonation verstärkt die Natriurese und Kaliurese, weil es selbst nur schwer reabsorbiert werden kann und damit ein Kation intraluminal bindet. Das Fehlen der Bikarbonatbildung im proximalen Tubulus führt zu einer metabolen Azidose. Eigentlich sollte man, da am proximalen Tubulussystem sehr viel Natrium reabsorbiert wird, erwarten, dass Karboanhydrataseinhibitoren sehr potent sind. Dies ist aber nicht der Fall, weil, wie oben erwähnt, mehrere distale Tubulusabschnitte in der Lage sind, kompensatorisch bei erhöhtem Natriumangebot ihren Beitrag zur Reabsorption zu steigern. Zusätzlich führt die Wirkung von Azetazolamid zu einem erhöhten Natriumangebot im Bereich der Macula densa, dies stimuliert den tubuloglomerulären Feedback und reduziert die glomeruläre Filtrationsrate und damit die Natriumfiltration, die metabole Azidose reduziert die Bikarbonatfiltration und verringert damit ebenfalls die Bedeutung dieser Form der Natriumreabsorption. Wegen dieser Effekte und der azidifizierenden Wirkung wird Azetazolamid kaum als Diuretikum in der Monotherapie verwendet. In der Kombinationstherapie kann die Substanz aber die Wirkung anderer Diuretika vor allem dann verstärken, wenn im Rahmen der Grunderkrankung (z. B. schwere Herzinsuffizienz) die proximale Natriumrückresorption massiv gesteigert wird und somit kaum mehr Natrium den Wirkort der anderen Diuretika (z. B. die Henle´sche Schleife) erreicht. Die Halbwertszeit von Azetazolamid liegt bei 13 Stunden, somit reicht eine zweimal tägliche Gabe (250–1.000 mg). Da die Substanz ausschließlich renal eliminiert wird, muss die Dosierung bei Niereninsuffizienz angepasst werden.
Furosemid und Ethacrinsäure wurden in den 1960er Jahren fast parallel entwickelt, Bumetanid und Torasemid folgten später. Die Potenz der Substanzen ist sehr hoch, obwohl wegen der hohen Albuminbindung im Plasma nur relativ geringe Mengen glomerulär filtriert werden. Der Hauptteil gelangt durch tubuläre Sekretion über den organischen Säuretransporter in den Harn. Schleifendiuretika hemmen den Natrium-Kalium-2-Chloridkotransporter (NKCC2, SLC12A1), der unter physiologischen Bedingungen zwischen 20 und 25 % des filtrierten Natriums rückresorbiert. Da der Transporter nur aktiv sein kann, wenn alle vier Bindungsstellen vom entsprechenden Ion besetzt sind und im Tubuluslumen die Kaliumkonzentration im Vergleich zu jener von Natrium relativ niedrig ist, muss ständig Kalium aus der Tubuluszelle über den sogenannten ROM-K-Kanal wieder in den Harn diffundieren. Diese Kaliumkationen führen dazu, dass das Tubuluslumen gering elektropositiv geladen wird, dies führt wiederum zu einer parazellulären Reabsorption von Kalzium und Magnesiumkationen. Schleifendiuretika besetzen die Chloridbindungsstelle und inaktivieren so den Transporter. Die Folgen sind eine Natriurese sowie, durch die verstärkte distale Natriumreabsorption im Austausch gegen Kalium, eine Kaliurese, eine Kalzi- und Magnesiurie. Da der dicke aufsteigende Ast der Henle´schen Schleife für Wasser nicht permeabel ist, werden durch die Aktivität des SLC12A1 isoliert osmotisch wirksame Substanzen aufgenommen. Der Transporter spielt damit eine wichtige Rolle in der Aufrechterhaltung einer hohen interstitiellen Osmolarität. Schleifendiuretika reduzieren daher den osmotischen Markgradienten. Eine Folge davon ist, dass selbst unter ADH-Einfluss kein im Vergleich zum Plasma hyperosmolarer Harn gebildet werden kann. Unter physiologischen Bedingungen wird in der Henle´schen Schleife auch durch die Reabsorption der Ionen ohne Wasser hypoosmolarer Harn gebildet (Ver – dünnungssegment). Auch dies ist unter dem Einfluss von Schleifendiuretika nicht mehr möglich, die Harnosmolarität unter Therapie beträgt daher relativ stabil 300 mosmol/l. Nachdem Schleifendiuretika die Produktion vasodilatatorischer Prostaglandine fördern (dies erklärt auch die lange vor der Natriurese auftretende entlastende Wirkung auf den pulmonalen Kreislauf ), nimmt unter der Therapie der renale Blutfluss nicht ab, die glomeruläre Filtrationsrate bleibt stabil. Dies unter anderem aber auch deshalb, weil Schleifendiuretika ebenfalls den tubuloglomerulären Feedback unterdrücken.
Bei der Therapie ist zu beachten, dass die Halbwertszeit von Furosemid und Bumetanid relativ kurz ist (0,5–2 Stunden), meist ist daher eine mehrmals tägliche Einnahme nötig. Torasemid ist in dieser Hinsicht zu bevorzugen (Halbwertszeit 3–4 Stunden), trotzdem kann es auch unter dieser Substanz zu einer postdiuretischen Antinatriurese kommen, welche die Wirkung, insbesondere bei hoher oraler Natriumzufuhr, zunichte machen kann. Furosemid wird im Gastrointestinaltrakt nur zu ca. 50% absorbiert und dies, wie auch Bumetanid, mit relativ großer Schwankung (sogar intraindividuell 10–100%); die Aufnahme von Torasemid liegt bei zirka 80% und ist relativ stabil, was in klinischen Studien durchaus vorteilhaft war. Im Gegensatz zu Furosemid, welches fast ausschließlich renal eliminiert wird, werden Bumetanid und Torasemid sehr stark hepatal verstoffwechselt. Dies führt natürlich zu einer Veränderung der Pharmakonetik von Furosemid bei Niereninsuffizienz, vize versa nimmt die Effizienz von Torasemid und Bumetanid bei Leberinsuffizienz zu. Unabhängig davon reduziert jede Nierenerkrankung die Kapazität, Schleifendiuretika tubulär zu sezernieren und höhere Dosierungen werden notwendig. Wenn die Wirkung trotzdem nicht ausreicht, empfiehlt es sich, die Dosierungsintervalle zu verkürzen oder eine Dauerinfusion durchzuführen.
Das erste Medikament der Klasse war Chlorothiazid, die Entwicklung erfolgte aus Azetazolamid auf der Suche nach einem Diuretikum, welches zu einer Natriumchlorid- und nicht zu einer Natriumbikarbonatdiurese führt. Erste chemische Modifikationen von Chlorothiazid hatten das Ziel, die Pharmakokinetik zu verändern. Erst Modifikationen des Schwefelkerns führten zur Entwicklung von Quinethazon, Metolazon, Chlortalidon und Indapamid. Auch diese im Blut an Albumin gebundenen Medikamente werden im proximalen Tubulus aktiv sezerniert, ihre Wirkung entfalten sie am distalen Tubulus, wo üblicherweise 5–10% des filtrierten Natrium reabsorbiert werden. Sie hemmen den Natriumchloridkotransporter (NCC, SLC12A3), der auch bei Gitelman-Syndrom defekt ist. Die Natriurese führt im Sammelrohr zu einer verstärkten Reabsorption im Austausch gegen Kalium, es resultiert eine Kaliurese. Da der distale Tubulus relativ impermeabel für Wasser ist, beeinflussen Thiaziddiuretika die Fähigkeit, verdünnten Harn auszuscheiden, die Konzentrationsfähigkeit bleibt erhalten, der tubuloglomeruläre Feedback wird nicht beeinflusst. Die Magnesiumreabsorption wird reduziert, jene von Kalzium nimmt zu, wobei der genaue Mechanismus nicht ganz klar ist. Thiaziddiuretika haben eine relativ lange Halbwertszeit (3–10 Stunden Hydrochlorothiazid, 24–55 Stunden Chlortalidon), die Dosiswirkungsbeziehung ist sehr flach. Die natriuretische Wirkung geht verloren, wenn die glomeruläre Filtrationsrate unter 40 ml/min abfällt, vor allem weil die proximale tubuläre Sekretion der Diuretika massiv abnimmt.
Diese Klasse der Diuretika kann in zwei Gruppen eingeteilt werden: jene, die den epithelialen Natriumkanal (ENaC) des kortikalen Sammelrohrs (und teilweise des distalen Tubulus und des Verbindungsstücks) blockieren (Amilorid und Triamteren), und die Aldosteronantagonisten, die an derselben Stelle wirken. Hier werden 3% des filtrierten Natriums wieder zurückgeholt. Amilorid und Triamteren werden über den organischen Basentranporter in das Tubuluslumen sezerniert, die Aldosteronantagonisten sind die einzigen Diuretika, die an der basolateralen Seite der tubulären Hauptzellen binden. Der ENaC erlaubt es, Natrium aus der Tubulusflüssigkeit entlang des elektrochemischen Natriumgradienten, welcher durch die Aktivität der Natrium/Kalium-ATPase erzeugt wird, in die Zelle zu diffundieren (bei Liddle-Syndrom ist der Transporter überaktiv). Das Tubuluslumen wird relativ elektronegativ, dies führt zur Kalium- und Wasserstoffionensekretion über einen bislang nicht genau definierten Weg. Da Aldosteron u. a. die Synthese dieses ENaC stimuliert, wirken Aldosteronantagonisten letztendlich ähnlich wie Amilorid oder Triamteren. Da absolut gesehen nur wenig Natrium an diesen Tubulusstellen rückresorbiert wird, ist die natriuretische Potenz der Substanzen limitiert. Triamteren muss erst in der Leber aktiviert werden und hat eine kürzere Halbwertszeit (3 Stunden), daher sollte prinzipiell Amilorid (Halbwertszeit 17 Stunden) bevorzugt werden. Spironolakton und Eplerenon sind in Bezug auf ihre Wirkung sehr ähnlich, Eplerenon hat allerdings eine wesentlich geringere Östrogenrezeptorstimulierende Wirkung und daher weniger Nebenwirkungen. Spironolakton per se hat eine kurze Halbwertszeit (1,5 Stunden), aktive Metaboliten erhöhen aber die Wirkdauer signifikant (8–12 Stunden).
Literatur beim Verfasser