Stichwort Sonographie: Man denke an einen Ausspruch aus dem Jahre 1974: „Mit dem momentanen Stand der Technik ist Ultraschall mehr eine Kunst als eine Wissenschaft.“ Ab Anfang der 1980er Jahre kam dann mit den Geräten der nächsten Generation der gewaltige Durchbruch, die Sonographie hielt in vielen Fachbereichen Einzug und ist heute aus der klinischen Routine nicht mehr wegzudenken. Schließlich bekamen wir mit CT und MRT weitere nicht mehr wegzudenkende diagnostische Instrumente.
In der Steintherapie sind besonders revolutionäre Veränderungen vor sich gegangen. Jeder nicht abgangsfähige hoch sitzende Stein musste ja früher offen angegangen werden, Ausgusssteine gab es auch noch jede Menge, die intraoperative Suche nach Reststeinen in den hintersten Kelchwinkeln ermüdete und frustrierte oftmals zugleich. Wer erinnert sich noch an die Koagulumpyelotomie? Endlich die Erlösung! Nach der perkutanen Litholapaxie, die ja schon eine große Innovation war, wurde Anfang der 1980er Jahre die ESWL geboren, welche sicher eine der größten Umwälzungen in der Urologie war. Prompt kam es anfangs zur Rivalität zwischen den perkutan Operierenden und den ESWL-Anhängern, wobei Erstere glaubten, die besseren Karten zu haben, da eine ESWL in Wien anfangs nur in einem privat geführten Nierensteinzentrum im Krankenhaus Lainz angeboten wurde. Nachdem wir noch in der Handhabung von Zeiß’scher Schlinge und seltener – mit meist mulmigem Gefühl – Dormia-Körbchen geschult waren, hat uns die Ureterorenoskopie schließlich große Möglichkeiten eröffnet.
Was die urologische Onkologie betrifft, war ja früher die Diagnose Prostatakarzinom gleichbedeutend mit Orchiektomie und/oder Hormontherapie. (Wer erinnert sich noch an die Honvan®-Serien?). Die überwiegende Zahl der Patienten kam ja leider schon im fortgeschrittenen Sta – dium, denn PSA gab es zunächst ja nicht. Gemeinsam mit Georg Gasser führten wir im Krankenhaus Lainz bei negativem Knochenscan und für uns meist nur palpatorisch anscheinend lokal beschränktem Stadium schon früher als andere Institutionen die radikale Prostatektomie mit angeschlossener Orchiektomie durch. Dies getreu dem Ausspruch von Hans Marberger: „Wenn du ihm das Können schon nimmst, dann nimm ihm wenigstens auch das Wollen …“ In Lainz mit seinen damals 74 systemisierten urologischen Betten sind wir auch schon sehr bald dem internationalen Trend gefolgt und haben moderne radikale Operationsverfahren angewandt, wobei wir schon in den 1970er Jahren frühzeitig die Lymphadenektomie beim Hodentumor und auch erfolgreich die Chemotherapie im Hause durchführten. Zu dieser Zeit waren wir in Wien ein wichtiges Hodentumorzentrum mit einer eigenen großen onkologischen Ambulanz.
Andrologie: Wiewohl von manchen an unserer Abteilung ungeliebt, erreichte die Andrologie in Lainz durch Georg Gasser in Wien schon in den 1970er Jahren Pionierstatus. Was haben wir nicht alles in dieser Disziplin erlebt! Nicht nur einmal passierte es, dass Samenprobe mit Stuhlprobe verwechselt wurde! Unser leider zu früh verstorbener Kollege H. G. Mayr (von vielen auch „Samen-Mayr“ genannt) nahm sich in oft aufopfernder Weise der Kinderwunschpatienten und anderer mit andrologischen Defiziten behafteter Männer an.
Als nunmehr in der Praxis tätiger Urologe mit genügend Erlebnisschatz kann ich zusammenfassend sagen: Es waren spannende Jahrzehnte! Aber eines ist klar: So wie wir früher vieles allein in unserem urologischen Kämmerlein machten, ist dies heutzutage nicht mehr möglich. Wir müssen in Zukunft doch vermehrt interdisziplinär agieren, um in unserer Fachdisziplin erfolgreich weiterleben zu können. Technische Innovationen wie Laparoskopie oder Roboterchirurgie, eine immer größer werdende Anspruchshaltung der Patienten und der Kostendruck der Leistungsträger müssen von uns in Zukunft möglichst auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden.