Die Analysen dieser Publikation erfolgten im Rahmen einer internationalen Kooperation aus den Daten der Phase-III-Studien zur quadrivalenten HPV-Impfung (FUTURE I & II). In dieser Analyse konnte erstmals gezeigt werden, dass die prophylaktische Impfung auch bei Frauen nach der Behandlung von HPV-assoziierten Erkrankungen (Karzinomvorstufen an Gebärmutterhals oder Vulva sowie Genitalwarzen) hoch wirksam ist und weitere Erkrankungen sehr effektiv verhindert.
Hintergrund: Die Impfungen gegen humane Papillomaviren wurden zur Prophylaxe von Infektionen und Erkrankungen mit den häufigsten pathogenen HPV-Stämmen (HPV 6, 11, 16, 18) entwickelt. Hauptziel ist die Verhinderung von Gebärmutterhalskrebs, aber auch Karzinomvorstufen an Vulva, Scheide und Anus können effektiv verhindert werden. Die ideale Zielgruppe für diese prophylaktische Impfung sind Mädchen und Buben, da hier das größte Expositionsrisiko meist noch bevorsteht. Die Wirksamkeit in diesem Kollektiv ist sehr gut untersucht, bis dato fehlten Untersuchungen an Frauen, die bereits erkrankt waren. Eine Erkrankung zeigt an, dass diese Personen ein erhöhtes Risiko für eine weitere HPV-assoziierte Erkrankung besitzen, sei es durch eine schlechtere Abwehr oder ein erhöhtes Expositionsrisiko. In der vorliegenden Untersuchung erkrankten immerhin 30 % der Frauen nach einer Behandlung von Kondylomen binnen eines Jahres nach der Therapie an einer weiteren HPV-assoziierten Erkrankung.
Fragestellung: Verhindert die HPV-Impfung nach einer Behandlung von HPV-assoziierten Erkrankungen erneute Erkrankungen oder Rezidive?
Probandinnen: Im Rahmen der Phase-III-Studie zur HPV-6/11/16/18-Impfung (17.622 junge Frauen im Alter von 15–26 Jahren) konnte die Wirkung an mehr als 1.350 Frauen nach Konisation und 704 Frauen mit HPV-assoziierter Erkrankung an der Vulva placebokontrolliert untersucht werden. Diese Frauen waren zum Zeitpunkt der Impfung (nach 1:1-Randomisierung in quadrivalente HPV-Impfung oder Placebo) entweder HPV-positiv oder Teil der Placebogruppe oder infizierten sich mit anderen Stämmen als HPV 6/11/16/18. Nach einer Konisation wegen CIN 2 oder 3 oder einer Behandlung wegen VIN, VaIN oder Genitalwarzen wurden diese Frauen weiter beobachtet und allfällige Veränderungen histologisch abgeklärt.
Ergebnisse: Die Reduktion von neuen Erkrankungen bei geimpften Frauen betrug gegenüber den nicht geimpften 46 % bzw. 35 %. Hochgradige Dysplasien am Gebärmutterhals, die eine weitere Konisation und damit ein deutlich erhöhtes Frühgeburtsrisiko nach sich gezogen hätten, wurden um 65 % reduziert.
DISKUSSION: Nach der Behandlung einer HPV-assoziierten Erkrankung am Gebärmutterhals, Scheide oder Vulva wurden bei HPV-geimpften Frauen deutlich weniger neue Erkrankungen beobachtet. Es handelt sich dabei nicht um einen therapeutischen Effekt der Impfung, sondern um die prophylaktische Verhinderung neuer Infektionen. Personen mit HPV-assoziierten Erkrankungen haben ein erhöhtes Risiko, sei es, dass diese empfindlicher oder aber mehr exponiert sind.
Da alle Frauen in dieser Untersuchung vor der Therapie geimpft wurden, kann man keine sichere Aussage treffen, wie eine Impfung nach einer Operation wirkt, man kann jedoch eine ähnliche Wirkung vermuten. Ein Beginn der Impfung zum Zeitpunkt der Diagnosestellung wird dadurch jedoch unterstützt. Der optimale Zeitpunkt einer HPV-Impfung bleibt das Kindes- und Jugendalter, jedoch ist durch diese Daten eindeutig bewiesen, dass später selbst nach Erkrankungen ein individueller Nutzen zu erzielen ist, insbesondere wenn die Patienten alle Möglichkeiten ausschöpfen wollen.