Late-breaking Abstracts bei gastrointestinalen 
Tumoren und hepatozellulärem Karzinom 


Beim heurigen ESMO vorgestellte Studien mit zielgerichteten Therapeutika zeigen leider negative Ergebnisse für nicht selektionierte Patienten mit Kolorektalkarzinom in der adjuvanten Therapie, beim Magenkarzinom in der fortgeschrittenen Situation und bei Patienten mit fortgeschrittenem hepatozellulärem Karzinom. 


Adjuvante Therapie des Kolonkarzinoms

PETACC-8-Studie: In der adjuvanten Situation bei Patienten mit reseziertem Kolonkarzinom im Stadium III zeigt eine Chemotherapie in Kombination mit einem Biologikum (Bevacizumab oder Cetuximab) keinen Vorteil, wie schon seit einigen Jahren durch Phase-III-Studien belegt ist. Beim heurigen ESMO wurden die endgültigen Ergebnisse der PETACC-8-Studie, einer großen Phase-III-Studie, vorgelegt, in der Patienten eine Chemotherapie mit FOLFOX 4 plus/minus Cetuximab in der adjuvanten Situation im Stadium III bekamen. Nach Vorliegen der negativen Prädikationsergebnisse durch eine KRAS-Mutation wurde die Studie hinsichtlich einer verpflichtenden KRAS-Typisierung erweitert. Im Late-breaking Abstract wurden beim heurigen ESMO die Ergebnisse der KRAS-Wildtyp-Gruppe und der KRAS/BRAF-Wildtyp-Gruppe präsentiert. Insgesamt wurden 2.559 Patienten randomisiert. 1.602 Patienten hatten KRAS-Wildtyp-Tumoren. Kein Unterschied konnte bzgl. des Gesamtüberlebens bei KRAS-Wildtyp-Patienten gezeigt werden. Auch jene Patienten, die KRAS- und BRAF-Wildtyp waren, unterschieden sich bzgl. des „overall survivals“ in beiden Gruppen nicht (Abb. 1). Besonders über 70-jährige Patienten zeigten jedoch durch die Zugabe von Cetuximab ein schlechteres erkrankungsfreies Überleben.

 

 

Interessant ist zu bemerken, dass in einer kleinen Subgruppe der Hochrisikopatienten (T4/N2) ein Trend für eine Cetuximabkombination (HR 0,55) gezeigt werden konnte. Diese Ergebnisse sind jedoch auf Grund der kleinen Patientenzahl lediglich hypothesengenerierend. Nach wie vor bleibt unklar, warum eine Therapie, die in der palliativen Situation eine Verbesserung zeigt, in der adjuvanten Situation des Kolonkarzinoms diesen Vorteil nicht bringt. Dies könnte auf eine unterschiedliche Biologie der Erkrankung in unterschiedlichen Stadien hindeuten. Das biologische Material aus der PETACC-8-Studie wird hinsichtlich möglicher prädiktiver Marker weiter aufgearbeitet. Im Rahmen des heurigen ESMO wurde als Abstract auch die Subgruppe der KRAS-mutierten Patienten vorgestellt. Hier zeigten sich letztendlich ebenfalls kein Unterschied, auch keine Verschlechterung durch die Zugabe von Cetuximab.

Magenkarzinom

EXPAND-Studie: Der Anti-EGFR-Ansatz ist beim Magenkarzinom durch zwei große Phase-III-Studien untersucht. Beim heurigen ESMO wurden die ersten Ergebnisse der EXPAND-Studie vorgestellt. In dieser großen Phase-III-Studie wurden Patienten mit inoperablem Magenkarzinom in der Erstlinie mit Cisplatin/Capecitabin plus/minus Cetuximab behandelt. Der primäre Endpunkt progressionsfreies Überleben und auch der sekundäre Endpunkt Gesamtüberleben war in beiden Gruppen nicht unterschiedlich (Abb. 2). Die Studie ist somit hinsichtlich des primären Endpunktes und auch bezüglich der sekundären Endpunkte als negativ zu bewerten. Das klarere Studiendesign und auch die homogene Chemotherapiedosierung in beiden Gruppen klären damit einige offene Fragen nach der Präsentation der REAL-3-Studie (Chemotherapie plus/minus Panitumumab in ähnlichem Kollektiv), die beim heurigen ASCO vorgestellt wurde und ebenfalls negativ war. Derzeit gibt es also beim Magenkarzinom kein Signal für eine Anti-EGFR-basierte Therapie mit monoklonalen Antikörpern. Erfreulich ist zu bemerken, dass bei 97 % der Patienten aus der EXPAND-Studie biologisches Material zur Verfügung steht. Es ist somit zu erwarten, dass in Anbetracht der exzellenten klinischen Datenbank aus der Studie eine Biomarkeranalyse und eine genomische Analyse durchgeführt werden können. Ob in einer Subgruppe doch durch einen Anti-EGFR-basierten Ansatz mit monoklonalen Antikörpern ein Effekt erzielt werden kann, werden erst diese molekularen Analysen zeigen.

 

 

SEARCH-Studie: Beim fortgeschrittenen hepatozellulären Karzinom wurde in der SEARCH-Studie der synergistische Effekt von Sorafenib mit dem EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitor Erlotinib untersucht. Insgesamt wurden 720 Patienten mit fortgeschrittenem hepatozellulärem Karzinom Child A mit einem ECOG-Performance-Status von 0 oder 1 randomisiert. Die Patienten erhielten kontinuierlich Sorafenib 400 mg 2-mal täglich plus Erlotinib 150 mg täglich oder Placebo. Das mediane Gesamtüberleben war in beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich (Abb. 3). Auch die Zeit bis zur Progression zeigte keinen Vorteil für die Kombinationstherapie. Die mittlere Therapiedauer war sogar für eine Sorafenib-Monotherapie mit 4 Monaten länger als im Kombinationsarm mit 2,8 Monaten. Diese Tatsache beleuchtet vermutlich auch das Verträglichkeitsprofil der Kombinationstherapie. Beide Substanzen wurden in der maximalen Dosis verabreicht. Sorafenibmonotherapie bleibt somit nach wie vor der Standard für ein fortgeschrittenes hepatozelluläres Karzinom. Ob die hier vorgestellte Kombination weiter verfolgenswert ist, wird sich lediglich dann zeigen, wenn in Subgruppen- oder Biomarkeranalysen ein positives Signal nachweisbar ist.

 

 

Insgesamt zeigt sich durch alle drei hier vorgelegten Studien die Notwendigkeit von neuen Studiendesigns und biomarkergetriebener Analyse bei der Verwendung molekularer zielgerichteter Therapien.