Kritisch kranke Patienten haben ein besonders hohes Risiko für Blutzuckerentgleisungen. Gründe dafür dürften der erhöhte metabolische Stress, aber auch Medikamente wie Cortison und Katecholamine sein. Die strengen Vorgaben eines Zielwerts von 80-110 mg/dl wurden in den letzten Jahren relativiert und ein konventionelleres Ziel von 140-180 mg/dl steht heutzutage im Vordergrund. Studien haben gezeigt, dass sich sowohl Hyperglykämie als auch Hypoglykämie-Episoden und eine hohe Variabilität der Serumglukose negativ auf das Überleben von Intensivpatienten auswirken. Eine präzise und standardisierte Blutzuckermessung erscheint daher auf der Intensivstation besonders wichtig. Diese stand im der Fokus eines Consensus-Berichts, der vor Kurzem in Critical Care erschienen ist.
Blut für die Messung des Glukosewerts sollte beim Intensivpatienten immer an der gleichen Stelle und wenn möglich aus dem arteriellen Zugang oder einem zentral-venösen Zugang gewonnen werden. Die Blutzuckerwerte eines Patienten variieren je nach Gefäß um bis zu 7 mg/dl und diese Unterschiede können gerade beim Intensivpatienten durch eine Sepsis und Katecholamingaben noch verstärkt werden. Die Analyse kann durch das stationseigene Blutgasgerät oder das Labor durchgeführt werden, wobei letzteres aber aufgrund der längeren Wartezeit meist nicht praktikabel ist. Die Messung des Blutzuckers über die einfachen Point-of-Care-Geräte mit Teststreifen hat sich für den Intensivbereich als zu ungenau herausgestellt. So variieren die Messungen standardmäßig bis zu 20 % und werden von Medikamenten wie Acetaminophen und einem niedrigen Hämatokrit beeinflusst. Studien haben gezeigt, dass es dadurch zu einer Fehleinschätzung der Insulindosis kommen kann.
Der Entwicklungsfokus des kontinuierlichen Glukosemonitorings der letzten Jahre lag vor allem im ambulanten Bereich, verschiedene Geräte sind aber heute auch für die Intensivstation erhältlich. Sie basieren auf unterschiedlichen Methoden und messen entweder subkutan oder direkt intravaskulär. Die häufigen Messungen machen unter anderem eine Trenddarstellung und das frühzeitige Erkennen einer drohenden Blutzuckerentgleisung möglich, was vor allem für Patienten mit schwer kontrollierbarem Blutzucker von Vorteil wäre. Derzeit gibt es allerdings keine Outcome-Studien, die den Vorteil einer kontinuierlichen Blutzuckermessung auf der Intensivstation belegen oder verschiedene Methoden verglichen haben. Im Consensus-Bericht wurden daher vor allem technische Minimalanforderungen definiert, die ein Gerät für ein kontinuierliches Glukosemonitoring auf der Intensivstation erfüllen sollte: Neben der unmittelbaren Darstellung des Glukosewerts und Trends werden eine einfache Handhabung und ausreichende Messgenauigkeit gefordert. Für die Intensivstation sind Alarme bei einer drohenden Blutzuckerentgleisung, aber auch bei vermuteten Messfehlern durch Infusionen, einer intravenösen Ernährung oder bei einer Spülung des Arterienbestecks besonders wichtig. Damit soll ein irrtümliches Gegensteuern mit Insulin oder Glukose verhindert werden.
Die Entwicklung zur kontinuierlichen Blutzuckermessung bietet neue Möglichkeiten zur genaueren und schnelleren Blutzuckereinstellung und wird in Zukunft auch für die Dokumentation des Glukosewerts in Outcome-Studien von Bedeutung sein. Ob sie für die tägliche klinische Routine auf der Intensivstation notwendig oder die herkömmliche intermittierende Methode doch ausreichend ist, muss aber derzeit noch individuell für jeden Patienten und abhängig von den angestrebten Zielparametern entschieden werden.
Quelle: Finfer et al. Critical Care 2013, 17:229