Die Rolle der Pflege in End-of-Life-Decisions

Die Letztentscheidung und Verantwortung für die Therapie tragen Ärzte, doch Pflegepersonen haben – wie eine Studie am AKH Wien zeigt – eine sehr wichtige Rolle aufgrund ihrer Tätigkeiten. Meist laufen Entscheidungsprozesse informell und unstrukturiert ab. Weiterbildung, Supervision und die Implementierung einer klinischen Ethikberatung können den Pflegepersonen ermöglichen, ihre Rolle und die damit verbundenen Aufgaben gut zu reflektieren und aktiv zu gestalten, sodass sie ihre Kompetenzen in dieser Phase aktiv einbringen können. Mag. Sabine Ruppert, Pflegeberaterin am AKH Wien, nimmt dazu Stellung.

Muss das Lebensende auch aus medizinischer Sicht geplant werden und wenn ja, von wem?

Aufgrund der fortschreitenden medizinischen Entwicklungen müssen häufig Entscheidungen über Therapieabbruch/­-beendigung/-einschränkung bzw. Therapiezieländerung im Sinne von Palliative Care getroffen werden. Diese müssen im Rahmen von ethischen Fallbesprechungen, die unterschiedlich konzipiert sein können, getroffen werden. An den Fallbesprechungen sollen nicht nur die Angehörigen der betreffenden Gesundheitsberufe, wie Ärzte, Pflegepersonen, Seelsorger, Psychologen usw., teilnehmen, sondern auch die Patienten bzw. deren Angehörige.

Welche Rolle haben Pflegepersonen hier?

Internationale Studien sowie unsere Studie im AKH Wien zeigen, dass Pflegepersonen aufgrund ihrer Tätigkeit und der Nähe zum Patienten eine wichtige Rolle bei End-of-Life-Decisions einnehmen. Sie werden oft als Erste von Patienten bzw. Angehörigen auf einen Therapierückzug angesprochen, bringen sich im Entscheidungsprozess ein, führen die getroffenen und angeordneten Entscheidungen aus und begleiten die Patienten und deren Angehörige.

Wie geht eine Pflegeperson mit „falschen“ Entscheidungen der Familie um?

An erster Stelle sollte die Pflegeperson reflektieren, ob der Grund für das Unverständnis der Entscheidungen ihre eigenen Werte und Normen sind und ob diese auch für den Patienten zutreffend sind. Das Gespräch sollte gesucht sowie hinterfragt werden, ob die Angehörigen im Sinne des Patienten handeln. Solange es möglich ist, sollen die Patienten für sich selbst entscheiden. Wenn sie dazu aufgrund von kognitiven Einschränkungen nicht mehr in der Lage sind, können Angehörige im Sinne des Patienten zur Entscheidungsfindung des Betreuungsteams beitragen. Angehörige können und sollen nicht die Entscheidung zu einem Therapieabbruch treffen.

Wann macht Unterstützung von außen Sinn?

Wenn es zu interdisziplinären Konflikten im Team kommt bzw. aus der Sicht der Pflege unnötige und sinnlose Therapien oder zu früher Therapieabbruch durchgeführt werden, so sollten Pflegepersonen Unterstützung von außen holen. Dies muss nicht immer gleich ein Psychologe sein, sondern es können auch Pflegeexperten, Leitungspersonen, Seelsorger und Ethiker sein. Zusätzlich sollte generell eine Supervision für die Pflegepersonen stattfinden.

Kann die passende Weiterbildung hilfreich sein?

In Weiterbildungen, die sich mit ethischer Entscheidungsfindung, End-of-Life-Decisions und Palliative Care auseinandersetzen, erlangen die Pflegepersonen notwendige ethische und fachliche Kompetenzen. Dies zeigen die bisher durchgeführten speziellen Fortbildungen zur Rolle der Pflege bei End-of-Life-Decisions am AKH Wien, die im Rahmen der Studie zur Rolle der Pflege bei ethischen Entscheidungen am Lebensende entwickelt und durchgeführt wurden.

Was würden Sie sich bezüglich der Rolle der Pflege in End-of-Life-Decisions wünschen?

Ich wünsche mir, dass die bisherigen Tätigkeiten der Pflege im Rahmen von End-of-Life-Decisions deutlicher wahrgenommen werden, die Pflegepersonen ihre Rolle selbstbewusster erfüllen und sich aktiver in den Entscheidungsprozess einbringen. Dazu benötigen sie entsprechende organisationsethische Maßnahmen wie die Etablierung einer klinischen Ethikberatung.

 

 Save the Date

pflegekongress 14

„Frei sein = Sicher sein? Lebensqualität im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit“
Termin: 27. und 28. November 2014,
Ort: Austria Center Vienna,
www.pflegekongress.at

Pflege-Management-Forum 2015

Die Zukunft der größten Berufsgruppe im österreichischen Gesundheitswesen,
Termin: 26. und 27. Feb. 2015
www.businesscircle.at