In Abhängigkeit von Screening- und Untersuchungstechniken schwanken zwar in der Literatur die Angaben über die Häufigkeit eines primären Hyperaldosteronismus, man kann aber davon ausgehen, dass immerhin bei 0,5-4% aller Hypertoniker ein primärer Hyperaldosteronismus vorliegt. Bei Patienten mit nicht einstellbarer Hypertonie kann bei 20% eine massive Aldosteronüberproduktion, unabhängig vom RAAS, angenommen werden. In jedem Fall sollte ein Screening in Hinblick auf das Vorliegen eines primären Hyperaldosteronismus bei Patienten durchgeführt werden, die eine spontane Hypokaliämie, eine therapieresistente Hypertonie (> 3 Antihypertensiva, inkl. Diuretikum, RR > 140/90 mmHg), eine adrenale Raumforderung, eine Hypertonie und ein zerebrovaskuläres Ereignis vor dem 30. Lebensjahr, und/oder eine positive Familienanamnese aufweisen.
Da sich beim primären Hyperaldosteronismus eine autonome Aldosteronproduktion findet, ist gleichzeitig Renin erniedrigt. Für diesen Test werden Aldosteron und Renin ungefähr zwei Stunden nach dem Aufstehen beim sitzenden Patienten abgenommen. Das Einhalten einer kochsalzarmen Diät vor dem Test ist nicht notwendig, allerdings sollte ein Kaliummangel ausgeglichen werden. Bei der Interpretation der Daten muss darauf geachtet werden, dass zwischen den Laboratorien Unterschiede hinsichtlich des verwendeten Testsystems bestehen und somit auch die angegebenen Normalwerte divergieren. Im Falle einer Schwangerschaft kann der Aldosteron-Renin-Quotient (ARQ) falsch negativ sein, die hormonelle Empfängnisverhütung kann falschpositive Werte bedingen. Zwei Wochen vor Durchführung des Tests sollten folgende Medikamente pausiert werden, sofern dies aus medizinischer Sicht vertretbar ist: zentrale Sympatholytika, Betablocker und nicht-steroidale Antirheumatika – falsch positive Ergebnisse; Diuretika (inkl. Kalium-sparende), ACE-Hemmer, Angiotensinrezeptorblocker, Renininhibitoren, Kalziumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ – falsch negative Ergebnisse. Mittels dieses einfach durchzuführenden Tests können durch die Bildung des Quotienten aus Aldosteron und Renin hochnormale Aldosteronwerte und inadäquat supprimiertes Renin auf das Vorliegen eines primären Hyperaldosteronismus hinweisen. Beweisend muss aber anschließend ein Bestätigungstest durchgeführt werden (Kochsalzbelastungstest, Fludrokortisontest, Captopril-Hemmtest oder Aldosteronmetaboliten im 24-h-Sammelharn).
Bislang wurde Aldosteron als ein Hormon gesehen, welches selektiv für die Elektrolyt-, Volumen- und Blutdruckhomöostase verantwortlich ist. Neueren Daten zufolge ist Aldosteron allerdings ein direkter Mediator der zielgerichteten Endorganschädigung. Direkte Angriffspunkte sind am Herz, im Gehirn, in immunkompetenten Zellen und auch an der Niere beschrieben, wo ein Überschuss an Aldosteron zur Proteinurie und chronischen Nierenschädigung führt (Tab.).
Tab.: Auswirkungen eines Aldosteronüberschusses |
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Klassischerweise führt Aldosteron zu einer Salz- und Wasserretention und damit zur Blutdrucksteigerung. Weiters wurde eine Aldosteron-induzierte perivaskuläre Fibro sierung beschrieben, die die vaskuläre Compliance vermindert und die Steifheit der Gefäße verstärkt. So bedingt etwa ein vermehrter Na+/H+-Austausch eine gesteigerte Proliferation von weichen Muskelzellen in der Gefäßwand (Miyata Y. et al., 2005). Im Rahmen einer elektiven Koronarangiographie konnte rezent an über 3.000 Patienten ein enger Zusammenhang zwischen dem ARQ und dem systolischen und diastolischen Blutdruck gezeigt werden (Tomaschitz A. et al., 2010). Anhand der Plasmaaldosteronspiegel kann bei Normotensiven eine Aussage, wer in 4 Jahren eine Hypertonie entwickeln wird, getroffen werden. Das Risiko war bereits unter hochnormalen Spiegeln 1,6-fach erhöht (Vasan R.S. et al., 2004). Liegt eine positive Familienanamnese vor, dann ist bei normotensiven Jugendlichen Aldosteron nach Kochsalzbelas tung inadäquat supprimiert. Bei Patienten mit einer therapieresistenten Hypertonie ist die befriedigende Blutdruckeinstellung bei Personen mit einer leicht erhöhten Plasmaaldosteronkonzentration deutlich schwieriger, verglichen mit Hypertonikern mit normalem Plasmaaldosteron (Satori M. et al., 2006). Demnach kommen in den letzten Jahren vermehrt Blocker des MR zur Anwendung.
Experimentell vermittelt Aldosteron direkt eine gesteigerte Apoptose bei Podozyten, eine mesangiale Hypertrophie und bedingt gemeinsam mit einer Salzbelastung einen massiven Eiweißverlust (Sowers J. R. et al., 2009). Dies ist insofern von Bedeutung, da eine Podozytenschädigung eine zentrale Rolle in der Entwicklung der Albuminurie und dem Fortschreiten von Nierenerkrankungen einnimmt (Mundel P. et al., 2002). Dem liegt vermutlich eine vermehrte Freisetzung von Sauerstoffradikalen, eine gesteigerte Kollagensynthese via Aldosteron-bedingter Aktivierung von intrazellulären Mediatoren zugrunde (z.B. ERK-1/2 und SGK1), die den zentralen proinflammatorischen Transkriptionsfaktor NF-κB stimulieren, welcher verschiedene proinflammatorische Zytokine aktiviert (Terada J. et al., 2008). Eine Aktivierung des MR kann auch auftreten, ohne dass der Aldosteronspiegel zwangsläufig erhöht ist. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion und großer Proteinurie konnte gezeigt werden, dass die Expression des renalen MR 5-fach gesteigert ist (Quinkler M. et al., 2005). Diese Mechanismen machen verständlich, wodurch die MR-Blockade bei hypertensiven diabetischen Patienten effektive antiproteinurisch wirken kann. In Anwesenheit von Aldosteron kommt es zu einer gesteigerten renalen Natriumrückresorption über den epithelialen Natriumkanal, somit wird Wasser und Natrium retiniert und führt zur Hypertonie (Loffing J. et al., 2009).
Am Herzmuskel ist bedingt durch Aldosteron ein pathologisches Remodeling beschrieben worden. Die Folgen sind linksventrikuläre Hypertrophie, kardiale Fibrose und diastolische Dysfunktion. Eine kardiale MR-Aktivierung potenziert das lokale RAAS durch eine gesteigerte Expression von Angiotensin-Typ-1-Rezeptor und Angiotensin Converting Enzyme und führt vermehrt zu oxidativem Stress, vermittelt durch Angiotensin II (Hirono Y. et al., 2007).
In der RALES-Studie konnte durch den Einsatz von MR-Antagonisten bei Herzinsuffizienzpatienten die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität um 30% gesenkt werden (Pitt B. et al., 1999). Bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt und einer linksventrikulären Auswurfleistung von weniger als 40% konnte durch die Therapie mit dem MR-Blocker Eplerenon das Mortalitätsrisiko um 31% gesenkt werden (Pitt B. et al., 2005). Obwohl der genaue proarrhythmogene Effekt noch nicht gänzlich geklärt ist, spielt Aldosteron eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie von atrialen und ventrikulären Arrhythmien. Durch die Gabe von MR-Agonisten konnte bei Patienten mit Herzinsuffizienz das Risiko für plötzlichen Herztod um 21% gesenkt werden (Wei J. et al., 2010).
Es findet sich ein enger Zusammenhang zwischen Hypertonie und Körpermasse. Schon bei einem Body Mass Index (BMI) von 25 kg/m2 haben 15% eine Hypertonie, die auf 40% bei Personen mit einem BMI von 30 kg/m2 ansteigt (Park Y. W. et al., 2003). Bei adipösen Patienten findet man neben der kompensatorischen Hyperinsulinämie – bedingt durch eine erhöhte Insulinresistenz – eine gesteigerte Aktivität des RAAS und damit eine gesteigerte Aldosteronkonzentration, die damit eng mit der Pathogenese des metabolischen Syndroms assoziiert ist. Hyperaldosteronismus und -insulinismus führen direkt zu einer verminderten Natriurese. Bei Patienten mit einer Salz-sensitiven Hypertonie wurde gezeigt, dass die renale Salzexkretion vermindert ist (Fujita T., 2008). Ein Zusammenhang zwischen Adipositas und erhöhtem Risiko der Entwicklung einer Albuminurie konnte bereits gezeigt werden (Chen J. et al., 2004). Bei spontan hypertensiven Ratten konnten erhöhte Aldosteronspiegel gemessen werden und in der Niere war eine gesteigerte Genexpression von Serum- and Glucocorticoid-inducible Kinase 1 (Sgk1), einem Molekül im MR-Signalweg, nachweisbar (Nagase M. et al., 2006). Die massive adrenale Freisetzung von Aldosteron wird auch durch einen Adipozytenfaktor (Adipocyte-derived Aldosterone Releasing Factor) stimuliert und führt damit zum Hyperaldosteronismus Typ I. Normalerweise findet sich eine Hemmung des RAAS durch eine Salzbelastung, bei Adipösen fehlt allerdings dieser negative Feedbackmechanismus. Auch bei der kardialen Fibrosierung konnte das deletäre Zusammenspiel von Salzbelastung und Aldosteron gezeigt werden.
Nur begleitet von einer salzreichen Diät entwickelt sich bei Adipösen in Anwesenheit von Aldosteron im experimentellen Setting eine Fibrose, eine diastolische Dysfunktion und/oder eine Proteinurie (Wang H. et at., 2008). Unter der Gabe von Eplerenon kommt es zu Rückbildung der diastolischen Dysfunktion bis hin zur Normalisierung. Dieser positive Effekt von Eplerenon wurde auch bei der salzbedingten Podozytenschädigung beobachtet. Während in präklinischen Modellen die Gabe von MR-Antagonisten zu einer Verbesserung der peripheren Insulinresistenz führte, konnte dies in kontrollierten Untersuchungen für Menschen noch nicht gezeigt werden.
Häufig findet sich bei Hypertonikern ein relativer Hyperaldosteronismus. Dieser ist auch entscheidend in der Pathogenese der Herzinsuffizienz und in der Entstehung einer Albuminurie/Proteinurie. Für beide Pathologien konnte eine Verbesserung durch den Einsatz von MR-Antagonisten gezeigt werden. Insbesondere bei Patienten mit schwer einstellbarer Hypertonie sollte die Gabe von Spironolacton oder Eplerenon erwogen werden, da es initial nach Beginn einer Therapie mit Inhibitoren des RAAS zu einem Absinken der Aldosteronspiegel kommt. Im Verlauf findet sich dann ein persistierender Anstieg des Aldosterons (Aldosteron-Escape). Dies wurde auch bei Patienten beobachtet, die auf Grund einer kardialen Indikation mit Antagonisten des MR behandelt wurden. Beim kardiometabolen Syndrom bei adipösen Patienten findet sich eine gesteigerte adrenale Aldosteronfreisetzung, welche mit einer Insulinresistenz assoziiert ist. Es gibt bereits erste klinische Hinweise, dass bei Patienten mit metabolischem Syndrom der Einsatz von MR-Antagonisten bei schwer einstellbarer Hypertonie und auch zur Prävention von kardiovaskulärer und renaler Morbidität erfolgreich ist.
Beide derzeit zur Verfügung stehenden Antagonisten des MR sind Kalium-sparende Diuretika. Unter Therapie muss eine engmaschige Kontrolle der Serumelektrolyte und der Nierenfunktion erfolgen. Mit Spironolacton kann bereits mit einer niederen Dosis von 25 bis 50 mg eine gute Blutdrucksenkung erreicht werden. Bei höherer Dosierung steigt das Risiko der Hyperkaliämie und es treten vermehrt hormonelle Nebenwirkungen auf (Gynäkomastie, Libidoverlust beim Mann, Zyklusstörungen bei der Frau). Da Eplerenon nur 60% der antagonisierenden Wirkung am MR aufweist, liegt die Tagesdosis deutlich höher. Es kommt aber nur sehr selten zum Auftreten von hormonellen Nebenwirkungen, allerdings ist diese Substanz zurzeit nur für die Herzinsuffizienz zugelassen.