Angesichts der Weltlage fällt es nicht ganz leicht, ein Editorial zu schreiben, aus dem die Freude über das im letzten Jahr Erreichte herausleuchtet.
Aber: Zuversicht muss sein– wo Zuversicht fehlt, stagniert die Entwicklung. Also wagen wir es: 2023 war ein gutes Jahr für die Allgemein- und Familienmedizin, ein gutes Jahr für die ÖGAM.Das wesentliche Ereignis war sicherlich die Ausarbeitung des Gesetzes zur Fachärzt:in für Allgemein- und Familienmedizin. Die ÖGAM setzt sich seit mehr als 20 Jahren intensiv dafür ein, wir haben auch viel Unterstützung von der Bundessektion Allgemeinmedizin (BSAM) bekommen, und nun sind wir so weit wie noch nie – wenn auch noch nicht ganz am Ziel. Die Schaffung des Faches ist ein wesentlicher Schritt – sie genügt natürlich bei weitem nicht, denn sie muss mit einer deutlichen und grundlegenden Verbesserung der Ausbildung zur Fachärzt:in einhergehen. Das Gesetz ist die Voraussetzung. Nach dem Beschluss im Nationalrat kommen die Mühen der Ebene. Die ÖGAM wird zusammen mit der JAMÖ bei der Erstellung der Ausbildungsinhalte nach besten Kräften mitwirken: Wir sind zuversichtlich.
Ein weiterer Meilenstein ist die Verbreitung der Erkenntnis, dass Primärversorgung für alle da ist – sie ist nicht an Praxisformen gebunden, sondern an Inhalte – daraus ergibt sich auch, dass keine organisatorische Einheit automatisch Primärversorgung im Sinne der Definition liefert: Primärversorgung ist primäre Kontaktstelle mit kontinuierlicher, umfassender und kooperativer Betreuung aller Bürger:innen. Keines dieser Kennzeichen darf fehlen. Gerechtigkeit muss sein, zwei Klassen innerhalb der Primärversorgung sind denkunmöglich.
Auch hier wächst unsere Zuversicht: Die ÖGAM hat ein Praxissiegel geschaffen, das alle Praxen beantragen können, die sich der definitionsgemäßen hausärztlichen Primärversorgung verschrieben haben – Einzel- und Gruppenpraxen ebenso wie PVEs. Dieses Siegel zeigt, dass wirksame Primärversorgung in vielen Formen ausgeübt wird. Es konnten bereits über 40 Siegel verliehen werden, und die mit dem Siegel gekennzeichneten Praxen werden, so wie PVEs, auf der österreichischen Primärversorgungskarte der GÖG eingetragen. Förderungen aus dem EU-Topf gibt es nun nicht mehr nur für PVEs, sondern auch für Gruppenpraxen. Gelungen ist all das in einer fruchtbaren, respektvollen Kooperation mit der GÖG und den Verantwortlichen im Gesundheitsministerium.
Der nächste Schritt wird das ÖGAM-Wabenmodell sein, das wir weiterentwickeln werden – wir haben berichtet und werden weiterhin berichten.
Weitere Entwicklungen des vergangenen Jahres sind der ÖGAM-Newsletter. Er wird inzwischen von der ÖGAM in Zusammenarbeit mit fast allen universitären Abteilungen für Allgemein- und Familienmedizin herausgegeben und dient der Vernetzung von akademischer Theorie und hausärztlicher Praxis. Gemeinsam entwickeln und stärken wir unser Fach.
In den äußerst erfolgreichen wöchentlichen Podcasts sowie auf den Tagungen der ÖGAM und der JAMÖ finden wir neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Haus-ärzt:innen und Spezialist:innen, und wir profilieren uns als allgemeinmedizinische Expert:innen, welche die spezifischen Inhalte ihres Faches kompetent darstellen und vermitteln. Wir freuen uns über das Erreichte und sind zuversichtlich, dass wir unseren Weg gemeinsam mit Ihnen und unseren Kooperationspartner:innen in diesem Jahr fortsetzen können.