Akne inversa: nicht heil-, aber behandelbar

Die Akne inversa (AI) ist eine chronisch destruktive, abszedierende entzündliche Hautkrankheit unklarer Genese. Sie tritt vor allem in Körperarealen auf, die reich an apokrinen Schweißdrüsen (Duftdrüsen) sind, also besonders in den Achseln und inguino-genital/gluteal. Die Ätiopathogenese ist nur teilweise geklärt: Durch Verengung der Mündungen der Ausführungsgänge der Duftdrüsen in die Haarfollikel kommt es zu einem Rückstau des Sekretes der Drüsen, die Follikel und Ausführungsgänge weiten sich und platzen schließlich. Dies führt zum Influx von neutrophilen Granulozyten und einer abszedierenden Entzündung, die sekundär von aus dem Talgdrüsen-/Haarfollikel-Apparat ins Gewebe gelangenden Bakterien gefördert wird.

Klinik

Klinisch ist die Krankheit durch schmerzhafte, entzündliche Knoten und Abszesse charakterisiert. Die Neigung zu rezidivierenden Krankheitsschüben bleibt lebenslang erhalten, so dass es in unregelmäßigen Abständen immer wieder zu solchen schmerzhaften Episoden kommt. Sie können schließlich auch persistieren, bis alle Duftdrüsen in einem Areal zerstört sind. Als Folge der eitrigen Entzündungen entstehen von Epithel ausgekleidete Zysten und fuchsbauartige Fisteln, die ihrerseits einen ständigen Entzündungsreiz darstellen. Es kommt zu massiven Vernarbungen und Destruktion des Gewebes.
Wie andere „akneiforme“ Krankheiten verläuft auch die AI in unterschiedlichen Schweregraden, für deren Beurteilung verschiedene Klassifikationen entwickelt wurden. Im klinischen Alltag ist jene nach Hurley (Grad I–III) am besten geeignet, um den Schweregrad zu definieren. Die AI verläuft individuell ganz unterschiedlich, manche PatientInnen haben lebenslang nur milde Manifestationen, andere entwickeln kontinuierlich schwere Formen. Leider werden vor allem mildere Verlaufsformen oft jahrelang als bakterielle Abszesse missinterpretiert, so dass die eigentliche Diagnose der AI sehr verspätet gestellt und eine adäquate Therapie oft sehr lange verzögert wird.
Es ist besonders hervorzuheben, dass die AI keine Infektionskrankheit ist, sondern dass die Bakterien die Läsionen sekundär besiedeln. Dennoch ist im weiteren Verlauf darauf zu achten, diese bakterielle Komponente als Kofaktor entsprechend antiseptisch und antibiotisch zu behandeln und zu eliminieren. Grundsätzlich muss die Therapie aber darauf ausgerichtet sein, die der abszedierenden Entzündung zugrunde liegenden Pathomechanismen zu verhindern.

Wissenswertes für die Praxis
  • PatientInnen mit AI leiden an rezidivierenden schmerzhaften, entzündlichen Knoten und Abszessen in den Achseln und/oder im inguino-genitalen/glutealen Bereich.
  • Milde Verlaufsformen werden oft jahrelang als bakterielle Abszesse missinterpretiert.
  • Akne inversa ist keine Infektionskrankheit, die bakterielle Besiedelung erfolgt sekundär.
  • Therapeutisch kommen je nach Schweregrad Antiseptika, topische oder systemische Antibiotika sowie TNF-alpha-Antagonisten und chirurgische Exzision zum Einsatz.

Therapie

Die Behandlung erfolgt dem Schweregrad entsprechend: Bei Hurley Grad I werden in erster Linie topische Antiseptika angewendet, gelegentlich ist auch eine systemische Antibiose angezeigt. Die akuten Abszesse werden gespalten, drainiert und eventuell exzidiert. Im Stadium II werden Antibiotika systemisch verabreicht. Basierend auf europäischen Leitlinien ist bei milder bis moderater Erkrankung eine antibiotische Kombinationstherapie mit Clindamycin und Rifampicin zu je 300 mg zweimal täglich für 12 Wochen empfohlen.
Rezente Studien zeigen zudem eine vergleichbare Wirksamkeit von Tetrazyklin-Antibiotika bei AI. Hier empfehlen internationale Leitlinien Doxycyclin, verabreicht in einer Dosis von 100–200 mg täglich, für ebenfalls mindestens 12 Wochen.

„Jeder Patient mit rezidivierenden ‚Abszessen‘ in den  beschriebenen ‚Prädilektionsarealen‘ sollte an eine Akne inversa denken lassen!“

Ab dem Stadium Hurley Grad II und im Stadium III bieten sich zusätzlich zwei völlig unterschiedliche Therapieformen an:

  1. Zum einen die weite chirurgische Exzision der betroffenen Areale. Wichtig dabei ist, dass die Dermatochirurgen einen weiten, mindestens drei Zentimeter grosen Abstand zu den Entzundungen einhalten, die betroffenen Areale also „weit im Gesunden“ unter Mitnahme der Subkutis bis zur Faszie exzidieren. Die operierten Areale werden in inguino-genitalen Regionen offen gelassen, die Defekte granulieren und reepithelisieren uber Wochen aus. In den Achseln wird der chirurgisch gesetzte Defekt haufig mit Spalthaut gedeckt. Diese dermatochirurgische Vorgehensweise hat gezeigt, dass nahezu 80 % aller Behandelten in den operierten Arealen in der Folge frei von weiteren Entzundungen bleiben. Die PatientInnen sind sozusagen „geheilt“. Der Erfolg dieser Behandlung wird damit erklart, dass die „Ausgangsstruktur“ der Entzundungen, der Follikel-Duftdrusenapparat, zur Ganze entfernt wurde.
  2. Der andere Therapieansatz ist recht neu und zielt auf eine Unterdrückung der Entzündung. Viele Studien der letzten Jahre haben gezeigt, dass dies besonders gut mit verschiedenen Biologika gelingt, insbesondere TNF-α-Antagonisten. Unter diesen hat Adalimumab die groste Bedeutung und ist bisher als einziges Biologikum in der Behandlung der AI zugelassen. Nach einer Einleitungsdosis von 160 mg in der ersten Woche und 80 mg 2 Wochen spater erfolgt die Erhaltungstherapie ab der vierten Woche mit 40 mg Adalimumab wochentlich, die sich der Patient/die Patientin selbst subkutan verabreicht. Die Therapie ist langfristig, bei den meisten PatientInnen wohl lebenslanglich anzuwenden; nach Absetzen kommt es zum Rezidiv. Die meisten PatientInnen sprechen auf diese Therapie an, die Entzundungen klingen langsam ab, Rezidive sind seltener und nicht so schwer, vollige Erscheinungsfreiheit wird aber nur ganz selten erzielt.