BURKERT PIESKE: Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen wird die Auswahl durch die Forschungs- und Erfahrungsschwerpunkte des Kongresspräsidenten mitbestimmt; an unserer Abteilung in Graz liegt der wissenschaftliche Schwerpunkt auf dem Thema Herzinsuffizienz. Ein weiterer Grund ist, dass es sich bei der Herzinsuffizienz um ein diagnostisch schwieriges Krankheitsbild handelt, das sehr häufig verkannt und vielfach zu spät diagnostiziert wird. Das entscheidende Ziel ist aber, die Therapie so früh wie möglich zu beginnen, um die Symptome optimal zu kontrollieren, die Leistungsfähigkeit zu steigern und Hospitalisierungen und Tod zu vermeiden. Voraussetzung dafür ist die korrekte Diagnose, differenziert zwischen systolischer und diastolischer Herzinsuffizienz, da sich die Therapien trotz gleicher Symptome grundlegend unterscheiden. Nicht zuletzt muss die Erkrankung angesichts der hohen Anzahl der Betroffenen und der gravierenden Auswirkungen immer wieder thematisiert werden.
Ein wichtiger Grund dafür ist, dass Symptome der Herzinsuffizienz wie Dyspnoe und Abfall der Leistungsfähigkeit oft als typische „Alterserscheinungen“ fehlinterpretiert und bagatellisiert werden. Dazu kommt, dass insbesondere die Diagnose der diastolischen Herzinsuffizienz, die wahrscheinlich zumindest die Hälfte aller Herzinsuffizienz-Fälle ausmacht, nach wie vor eine Herausforderung darstellt.
Die beiden Formen sind klinisch nicht zu unterscheiden, bisher gibt es auch keinen Biomarker, der eine sichere Zuordnung erlaubt. Der für die Diagnose der systolischen Herzinsuffizienz etablierte Marker NT-pro BNP versagt bei der diastolischen Herzinsuffizienz, die Pumpfunktion erscheint auf den ersten Blick oft nahezu normal. Erst erweiterte Untersuchungen wie Herzultraschall mit zusätzlichen Funktionsparametern, wie Strain Rate Imaging sowie Herzultraschall mit Belastungstest (Stressechokardiographie), die wir in Graz bereits durchführen, ergeben pathologische Werte, die auf eine diastolische Herzinsuffizienz hinweisen. Dank dieser erweiterten Diagnostik konnten wir bei Patienten aus ganz Österreich und dem benachbarten Ausland, die mitunter bereits einen jahrelangen Leidensweg hinter sich hatten, eine diastolische Herzinsuffizienz diagnostizieren.
Während die Therapie der systolischen Herzinsuffizienz mit ACE-Hemmer bzw. AT1-Antagonisten und Betablocker gut etabliert und für diese eine lebensverlängernde Wirkung belegt ist, kann damit bei der diastolischen Herzinsuffizienz lediglich eine Kontrolle der Risikofaktoren, jedoch keine Prognoseverbesserung erzielt werden. Die an unserer Abteilung durchgeführte Aldo-DHF-Studie konnte zeigen, dass der Aldosteron-Antagonist Spironolacton bei diastolischer Herzinsuffizienz die Herzfunktion und -struktur verbessert. Mit dem Biomarker Galectin 3 können Patienten mit einer hohen Aldosteron-Aktivität identifiziert und so der Nutzen einer Blockade der Mineralkortikoid-Rezeptoren individualisiert erkannt werden. Bei positivem Ausgang weiterer Studien könnte damit ein neuer Therapieansatz zur Verfügung stehen. In Phase-II- und Phase-III-Studien werden derzeit Neprilysin-Inhibitoren, Ivabradin und Guanylatzyklase-Stimulatoren als weitere Optionen untersucht. Ein neuer Ansatz in der Therapie der Herzinsuffizienz ist die renale Denervation, die ersten Publikationen zufolge die Herzfunktion sowohl bei systolischer als auch besonders bei diastolischer Herzinsuffizienz verbessert.
Diesbezüglich möchte ich auf zwei Aspekte verweisen, die für die Praxis sehr relevant sind und große Verbesserungen bewirken können. Dies ist zum einen die Verbesserung der Compliance mit Hilfe von Telemedizin, diesbezüglich läuft derzeit in Graz eine Studie in Kooperation mit dem Ludwig-Boltzmann-Institut für Herzinsuffizienzforschung. Zum anderen ist zu betonen, dass die Bedeutung einer strukturierten körperlichen Aktivität auch bei Patienten mit Herzinsuffizienz, aber auch bei vielen anderen kardiovaskulären Erkrankungen nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Die HF-Action-Studie belegt eindrucksvoll und signifikant sehr positive Effekte auf Lebensqualität und Leistungsfähigkeit, der Benefit hinsichtlich Überleben war vorhanden, aber vermutlich aufgrund mangelnder Compliance nicht signifikant. Die Bedeutung von körperlicher Aktivität und Sport als Therapie wurde auch beim ESC-Herzinsuffizienz-Kongress in Lissabon deutlich, bei dem dieses Thema sehr prominent behandelt wurde.