Ziele einer jeden psychiatrischen Rehabilitation sind die Wiedererlangung von Arbeitsfähigkeit und somit eine Eingliederung in den Arbeitsprozess sowie die Ermöglichung und Verbesserung der sozialen Teilhabe. Die Arbeitsfähigkeit an sich steht neben wirtschaftlichen Aspekten auch für den Selbstwert der Betroffenen und ist ein wichtiger Beitrag zu einer kontinuierlichen und verlässlichen Tagesstruktur. So führt die psychiatrische Rehabilitation zu einer Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen in unserer Gesellschaft.
Die WHO hat genaue Ziele für die psychiatrische Rehabilitation definiert: „Schaffung bestmöglicher physischer, psychischer und sozialer Bedingungen, damit Patient:innen mit chronischer oder einer auf ein akutes Ereignis nachfolgenden Erkrankung aus eigener Kraft ihren gewohnten Platz in der Gesellschaft bewahren oder wieder einnehmen können und durch verbesserte Lebensgewohnheiten das Fortschreiten oder die Erkrankung begrenzen oder umkehren können.“
In der psychiatrischen Rehabilitation ist zwischen einer Phase 2 und einer Phase 3 zu unterscheiden. Die Phase 2 erstreckt sich über einen Zeitraum von 6 Wochen und kann sowohl stationär als auch ambulant absolviert werden. Die Phase-3-Rehabilitation erfolgt nach einer Phase-2-Rehabilitation und wird ambulant angeboten. Dabei werden in einem Zeitraum von bis zu 12 Monaten einmal in der Woche in einer Rehabilitationseinrichtung verschiedene Therapien in Anspruch genommen. Die Phase 3 wird von Rehabilitanden gerne genutzt, um die tatsächliche Wiedereingliederung in die Arbeit zu begleiten.
Ein Unterschied der ambulanten psychiatrischen Rehabilitation gegenüber einer stationären Rehabilitation liegt in der Wohnort- und Arbeitsplatznähe. Naheliegend ist eine ambulante psychiatrische Rehabilitation vor allem dann, wenn der Rehabilitand Versorgungspflichten gegenüber Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen hat. Es gibt auch individuellere Gründe für ein ambulantes Reha-Setting wie z. B das Bedürfnis, das eigene Haustier weiterbetreuen zu können oder auch Bedenken gegen eine lange Trennung von der gewohnten Umgebung. Die Nähe der Rehabilitationseinrichtung zu den weiterbetreuenden Institutionen, wie dem psychosozialen Dienst, Hausärztinnen und Hausärzten, Fachärztinnen und Fachärzten, Psychotherapeut:innen und Beratungszentren ist ebenfalls eine Besonderheit. Das persönliche Umfeld des Rehabilitanden kann bei Bedarf bei einer ambulanten Rehabilitation leichter in die Rehabilitation miteinbezogen werden. Klärende Beratungsgesprächen mit Angehörigen entlasten Betroffene und sichern oft eine adäquate Nachbetreuung.
Die tägliche Anreise zur ambulanten Rehabilitationseinrichtung wiederum muss sowohl physisch als auch psychisch bewältigt werden können. Liegen mehr als 50 km zwischen Wohnort und ambulanter Rehabilitationseinrichtung, so ist eine ambulante Rehabilitation nicht sinnvoll. Die psychiatrische Rehabilitation kann dann stationär erfolgen.
In der stationären Rehabilitation erfolgt die Versorgung des Rehabilitanden in einer bettenführenden Krankenanstalt. Das kann im Alltag in manchen Fällen deutlich entlasten, sodass ein Einlassen auf die vorgegebenen Therapien begünstigt wird. Ebenfalls können Krisen im Rahmen der Rehabilitation rund um die Uhr von der Dienstmannschaft der Ärztinnen und Ärzte und Pflege aufgefangen werden. Dies ist bei psychischen und somatischen Notfällen relevant.
In der Rehabilitationseinrichtung arbeiten neben Fachärztinnen und Fachärzten für Psychiatrie Allgemeinmediziner:innen, Internistinnen und Internisten und andere Fachrichtungen zusammen. Sollte es von Seiten des Rehabilitanden den Bedarf geben, während einer ambulanten Rehabilitation der Phase 2 oder Phase 3 die niedergelassenen Fachärztinnen oder Fachärzte für Psychiatrie aufzusuchen, dann ist dies möglich.
Nach der Therapiezeit bzw. an Wochenenden und Feiertagen sind bei akuter Krise des Rehabilitanden die jeweils zuständigen niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzte oder akuten Versorgungsspitäler aufzusuchen. Möglicherweise muss der Rehabilitationsaufenthalt dann abgebrochen werden.Nach dem Rehabilitationsaufenthalt erfolgt die weitere Betreuung wieder im niedergelassenen Bereich, z. B. bei Fachärztinnen und Fachärzten für Psychiatrie oder bei den psychosozialen Diensten.
Die Behandlung in der psychiatrischen Rehabilitation an sich erfolgt nach einem multimodalen Behandlungskonzept und umfasst psychotherapeutische und psychologische Interventionen im Einzel- und Gruppensetting, körperorientierte Therapien, welche aktivierend und regenerationsfördernd sind sowie Schulungen verschiedener Gesundheitsberufe zu gesundheitsrelevanten Themen. Außerdem dürfen Ärztinnen und Ärzte mit PSY-3-Diplom auch Psychotherapie vor dem Hintergrund ihres ärztlichen Fachwissens durchführen. Der Settingsschwerpunkt in der psychiatrischen Rehabilitation liegt auf Gruppentherapien.
In Österreich wird ein beachtlicher Teil aller Rehabilitationsanträge für psychiatrische Rehabilitation von Hausärztinnen und Hausärzten gestellt. Dieser Berufsgruppe kommt inzwischen generell eine besondere Rolle in der Betreuung von psychisch Kranken zu. Der Fachärztinnen- und Facharztmangel im ambulanten Bereich bedingt lange Wartezeiten auf einen Behandlungstermin bei den Fachärztinnen und Fachärzten für Psychiatrie. Allgemeinmediziner:innen betreuen daher im niedergelassenen Bereich alleine aus Kapazitätsgründen viele Patient:innen mit psychischen Problemen und psychiatrischen Diagnosen.
Zunächst wird die Indikation zur psychiatrischen Rehabilitation abgeklärt. Es kann gemeinsam überlegt werden, ob eine stationäre oder eine ambulante Rehabilitation zu empfehlen ist. In unklaren Fällen sollte die Meinung des Facharztes/der Fachärztin für Psychiatrie zusätzlich eingeholt werden.
Die Wartezeit auf den Beginn einer psychiatrischen Rehabilitation beträgt einige Wochen bis Monate. Daher ist eine frühzeitige Motivation zur Teilnahme an einer psychiatrischen Rehabilitation wegweisend für Patient:innen. Die psychiatrische Rehabilitation ist wie ein Hilfsangebot zu verstehen, das Teil eines Behandlungsplanes ist, an dem sich Patient:innen orientieren können.