Die COVID-19-Impfung ist nach wie vor die wirksamste Maßnahme, um eine COVID-Infektion zu verhindern. Dennoch bietet die Impfung keinen hundertprozentigen Schutz vor schweren Verläufen, und manche Menschen können beziehungsweise wollen sich nicht impfen lassen. Deshalb sind antivirale Medikamente, die in der Akutbehandlung von COVID-19 eingesetzt werden können, interessant. Dazu Assoz. Prof. Dr. Christoph Steininger, Virologe an der Universitätsklinik für Innere Medizin I an der MedUni Wien und Leiter des Karl Landsteiner Instituts für Mikrobiomforschung: „Antivirale Therapien sind ein wichtiger Bestandteil in der Pandemiebekämpfung. Es gilt diese so früh wie möglich − auf Basis einer guten Teststrategie − einzusetzen und zu verabreichen. Testungen sind Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz von antiviralen Therapien, da die Medikamente bestenfalls innerhalb von fünf Tagen nach der Infektion eingesetzt werden müssen.“ Die Wirkstoffe wirken dabei entweder virostatisch oder virozid. Manche Therapien wurden bereits von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zugelassen, andere können auf Grundlage einer EMA-Empfehlung und eines von der österreichischen Behörde genehmigten „Compassionate Use Programms“ eingesetzt werden.
Um für eine mögliche Verschärfung der Infektionssituation im Herbst gerüstet zu sein, hat Österreich diese antiviralen Medikamente bereits eingelagert. Laut den Expert:innen muss vor allem der niedergelassene Bereich stärker eingebunden werden, um die Medikamente an die richtigen Patient:innen zu bringen. Niedergelassene Ärzt:innen sollten sämtliche zur Verfügung stehenden antiviralen Medikamente anwenden können, um so Risikopatient:innen best- und schnellstmöglich behandeln zu können. Dr. Naghme Kamaleyan-Schmied, Obfrau der niedergelassenen Ärzt:innen der Ärztekammer für Wien: „Um die antivirale Therapie auch besser und vor allem gezielter zu den richtigen Patient:innen zu bringen wäre es sinnvoll, in der Ordination sowohl Antigen als auch PCR zu testen und dem positiven Patienten gleich in der Ordination nach Durchsicht der Kontraindikationen das Medikament zu dispensieren.“
Eine Sorge der Expert:innen ist, dass die neuen Therapien dazu beitragen könnten, die Impfbereitschaft in der Bevölkerung zu senken. Zudem sollten die neuen Therapien nicht uneingeschränkt verordnet werden. Dazu DI Martin Brunninger, MEng, MSc, Büroleiter des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger: „Eine Verteilung von antiviralen Medikamenten nach dem Gießkannenprinzip ist nicht im Sinne der Versicherten, da der Nutzen bisher nur für Hochrisikopersonen belegt ist.“ Es handelt sich bei den Medikamenten schließlich um Wirkstoffe, die nicht nebenwirkungsfrei sind und auch Arzneimittelinteraktionen verursachen können.