Die Aufforderung an ein:e Patient:in „Treiben Sie doch Sport“, ist zu wenig. Es geht darum, den Patient:innen ein „Bewegungsrezept“ mitzugeben, das genau festhält: Was? Wie lange? Wie oft? In welcher Intensität?
Dies wird in der medizinischen Trainingstherapie (MTT) verwirklicht, die einerseits individuell dosiert und krankheitsbezogen bestimmte Trainingsformen anwendet oder aber auch Gesunde auf ein qualitätsvolles „happy aging“ vorbereitet. Die Proband:innen bekommen genauso wie Leistungssportler:innen einen Trainingsplan, der sie dort abholt, wo sie stehen und wo man gemeinsam mit dem/der Sportärzt:in die persönlichen Ziele formuliert. Dies kann eine Verbesserung der diabetischen Stoffwechsellage sein oder auch eine Einsparung von Medikamenten bedeuten – in jedem Fall jedoch auch eine Verbesserung der physischen und mentalen Leistungsfähigkeit. Die Proband:innen sollen dabei nicht alleingelassen werden, sondern während des Trainings durch Trainer:innen angeleitet und ärztlich langfristig überwacht ans Ziel kommen. Die wesentlichen motorischen Grundeigenschaften, die trainiert werden, sind das Ausdauertraining, die Kraft, die Koordination (Balancegefühl) und die Beweglichkeit (Bewegungsumfang der Gelenke).
Folgende chronische Erkrankungen sind durch MTT positiv beeinflussbar: Typ-2-Diabetes mellitus, Hypertonie, KHK, PAVK, Sarkopenie u. a. Eine gute Leistungsfähigkeit ist der wichtigste Parameter zur Senkung der kardialen Mortalität und sorgt für eine lang anhaltende gute Lebensqualität. Das Vermeiden der frühen Hilfsbedürftigkeit ist eine wesentliche gesundheitspolitische und volkswirtschaftliche Forderung – hier kann die MTT, wenn sie flächendeckend angeboten werden kann, sehr viel leisten.
Besonders die neuen Organisationsformen der Praxis der Allgemeinmedizin, wie die PVE, bieten für Patient:innen eine Riesenchance, sich wohnortnah in die MTT einzubinden, wenn Leiter:innen und verschiedene Mitarbeiter:innen (Trainer:innen, Sportwissenschafter:innen, Physiotherapeut:innen), wie im folgenden Artikel durch den Sportmediziner Dr. Ronald Ecker beschrieben, sich zusammentun und ein sportmedizinisch überwachtes Training für Patient:innen und Senior:innen verwirklichen. Die ÖGSMP (www.sportmedizingesellschaft.at) bietet mit dem ÖÄK-Diplom „Sportmedizin“ und Zertifikatskursen im Bereich der MTT (www.sportmedizingesellschaft.at/aus-und-fortbildung/termine/229-zertifikatskurs-medizinische-trainingslehre) Ärzt:innen eine entsprechende Ausbildung an und gibt ihnen damit die Möglichkeit, das „Bewegungsrezept“ in PVE umzusetzen.
Die Lebenserwartung für Frauen lag im Jahr 2023 bei ca. 84 Jahren und für Männer bei 79 Jahren, die gesunden Lebensjahre liegen jedoch in Österreich bei nur 63 Jahren für Männer und 64 Jahren für Frauen, was auch mit der zunehmenden Bewegungsarmut und anderen Risikofaktoren zusammenhängt. Nicht nur dem Leben mehr und mehr Jahre, sondern den Jahren mehr Gesundheit und Lebensqualität zu geben wäre eine wichtige allgemeinmedizinische Aufgabe.