In einer Pressekonferenz anlässlich des 6. Wiener Augentages sprachen Prof. Dr. Udo Janßen, MBA, Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbundes, Prim. Univ.-Prof. Dr. Susanne Binder, Vorständin der Augenabteilung, KA Rudolfstiftung, und Univ.-Prof. Dr. Herbert Reitsamer, Leiter der Glaukomambulanz und der Experimentellen Ophthalmologie, PMU, über die neuesten Entwicklungen in der Augenheilkunde.
„Die Augenheilkunde ist jenes Fachgebiet der Medizin, in dem mit den stärksten Anstiegen der Patientenzahl in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu rechnen ist. Dies trifft vor allem für jene Erkrankungen des Auges zu, die im fortgeschrittenen Alter mit zunehmender Häufigkeit auftreten. So wird z.B. die Anzahl der Patienten mit Glaukom bis 2030 um 42% ansteigen!“, berichtet Reitsamer. „Aufgrund dieser Entwicklungen war es uns ein wichtiges Anliegen, Informationen über die Erkrankungen und die Therapiemöglichkeiten zu verbreiten. Hierzu dient der Wiener Augentag, im Zuge dessen ein Fachsymposium für Ärzte abgehalten wird. Gleichzeitig findet auch eine Informationsveranstaltung für interessierte Besucher statt“, so Binder.
Die Ophthalmologie ist ein Bereich der Medizin, in dem derzeit vieles in Bewegung geraten ist. Ursprünglich war die Augenheilkunde ein stationäres Fach. Mittlerweile können aber bereits bis zu 95% aller Eingriffe tagesambulant abgewickelt werden. Um dieser Entwicklung folgen zu können, seien Strukturanpassungen notwendig – vor allem, was das Verhältnis zwischen den vorhandenen stationären bzw. tagesambulanten Kapazitäten betreffe.
„Um die Versorgung sowohl zu Gunsten der Patienten als auch des Systems zu adaptieren, wird an der Rudolfstiftung ein Augenzentrum mit drei Primariaten entstehen“, so Janßen. Dies entspreche dem Wiener Spitalkonzept 2030 mit der Schwerpunktsetzung der Spitäler und dem Medizinischen Masterplan, mit denen auch auf eine bessere Mischung der Fallzahlen abgezielt werde.
Dass bereits jetzt große Expertise an der Augenabteilung besteht, beweise auch die erfolgreiche Karriere von Binder, die im Sommer das erste bionische Auge in Österreich implantiert hat. Frau Monschein, die Patientin, die aufgrund einer Retinitis pigmentosa vor 30 Jahren erblindete, kann bereits jetzt, zwei Monate nach der Implantation, über Erfolge berichten. „Man muss sich aber auch darüber im Klaren sein, dass das bionische Auge nur für Patienten infrage kommt, die bereit sind, im Anschluss an die Operation täglich ihr neugewonnenes funktionales Sehen zu trainieren“, betont Binder.
Die Erfolge, die an der Klinik für Augenheilkunde an der PMU erzielt werden, sind ebenfalls Zeugnis für die Weiterentwicklung des Faches in den letzten Jahren. „Der Schaden durch ein Glaukom ist irreversibel. Daher gehen die Bemühungen in Richtung einer frühzeitigen Versorgung, um Schäden zu vermeiden. Dazu muss aber auch die Chirurgie, mit der der Augendruck gesenkt werden kann, nach vor verlagert und nicht als Ultima Ratio angesehen werden“, erklärt Reitsamer. In diesem Sinne konnte gemeinsam mit der US-amerikanischen Startup Firma Aque- Sys Inc® in den vergangenen acht Jahren ein neues Implantat (XEN45) zur Behandlung des Glaukoms in den klinischen Alltag eingeführt werden. Die Erfolge dieser Anstrengungen konnten in zahlreichen Studien gezeigt werden, und das Implantat wurde mittlerweile über 600 Mal in Patienten angewendet. Dabei wird ein Collagenschlauch wie ein Stent in das Auge implantiert, der die überschüssige Flüssigkeit aus dem Auge ableitet und dadurch den Druck senkt. Mit diesen Implantaten werden auch Medikamente freigesetzt, die bisher in Form von Augentropfen verabreicht werden mussten. Die Dringlichkeit dieser Möglichkeit belegt eine Befragung von 70-jährigen Patienten, die ergab, dass sie zwei Jahre ihres Lebens gegeben würden, wenn sie keine Augentropfen mehr verwenden müssten.
Quelle: Pressegespräch „Auge im Brennpunkt, 23. 9. 2015, Wien