In Österreich litt vor Ausbruch der Pandemie etwa ein Viertel aller Menschen an Schlafstörungen. Mittlerweile dürfte sich die Anzahl der Betroffenen drastisch erhöht haben, beeinflusst die Coronakrise doch nachweislich die Schlafqualität. Eine finnische Studie, die in der Fachzeitschrift Frontiers in Psychology veröffentlich wurde, belegt, dass die Pandemie zum einen den Schlafrhythmus und zum anderen den Trauminhalt beeinflussen kann. Frauen schliefen zwar länger, hatten allerdings auch mehr Albträume. Insgesamt war mehr als ein Viertel der Probanden von häufigen Albträumen betroffen, während ein Drittel häufiger aufwachte.1 Auch eine Untersuchung der Universität Basel ergab, dass länger und regelmäßiger geschlafen wurde, sich die Qualität des Schlafes aber verschlechterte.2
Schlafstörungen gelten oftmals als Indiz für tiefergehende Probleme und psychische Not sowie als zentraler Teil psychiatrischer Erkrankungen. Vorwiegend treten sie bei Patienten mit Depressionen, mit manischer oder bipolarer Störung, aber auch bei von Schizophrenie Betroffenen auf. Des Weiteren gehen sie bei Alzheimer-Patienten mit Zerstörung des Schlaf-wach-Rhythmus einher, ebenso bei Angstpatienten und bei Menschen mit ADHS/ADHD. Mit Beginn der Coronakrise und im Rahmen der ersten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie nahmen vor allem bei Risikopatienten Ängste und damit Schlafstörungen zu. Eine im Fachmagazin Sleep Medicine veröffentlichte deutsche Unter-suchung ergab, dass sich bei über 13 % der Befragten eine „deutlich schlechtere Schlafqualität“ manifestierte und über 7 % von Ängsten gequält wurden.3
Im Anamnesegespräch sollte deshalb nach ungewöhnlichen Ereignissen oder besonderen Belastungen gefragt werden, falls ein Patient von einem gestörten Schlaf betroffen ist. Des Weiteren ist es wichtig, Patienten auf möglicherweise vorliegende Schlafstörungen anzusprechen. Eine chronische Schlafstörung kann neben dem Risiko für neurologische Erkrankungen auch jenes für eine Reihe von internistischen Pathologien wie arterielle Hypertension, Myokardinfarkt, Diabetes und Adipositas erhöhen. Des Weiteren erhöht ein gestörter Schlaf das Infektionsrisiko.
Wer unter Schlafapnoe leidet, ist oftmals mit Risikofaktoren für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Infektion assoziiert. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafmedizin hat zur „Diagnostik und Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie“ ein Positionspapier herausgebracht, aus dem hervorgeht, dass die Schlafapnoe selbst das Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion wahrscheinlich nicht erhöht, dass Schlafapnoe-Patienten aber oft durch Begleiterkrankungen in eine höhere Risikogruppe für einen schweren COVID-19-Verlauf einzustufen sind. Des Weiteren sei eine Verschlechterung der Erkrankung zum Beispiel durch chronische proinflammatorische Prozesse bei obstruktiver Schlafapnoe (OSA) denkbar, insbesondere bei gleichzeitig bestehender Adipositas.4
Derzeit sind weitere Untersuchungen indiziert, um zu klären, ob die Coronaerkrankungen in dieser Patientengruppe vor allem auf die Begleiterkrankungen und das vielfach höhere Alter oder auf den daraus resultierenden Schlafmangel zurückzuführen sind.