Die Coronapandemie hat im niedergelassenen Bereich einen kräftigen Schub in Richtung Digitalisierung gebracht. E-Health-Lösungen wurden massiv ausgebaut oder werden in den kommenden Monaten kommen – wie das e-Rezept. „2021 erfolgt der Startschuss für das e-Rezept. Die digitalisierte Version des Papierrezepts vereinfacht die Abwicklung zwischen Arzt, Apotheke, Patient und Sozialversicherung. Der gesamte Prozess vom Erstellen über die Abgabe und die Abrechnung wird damit voll digitalisiert“, zeigte sich Peter Lehner, Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger, zu Jahresbeginn begeistert. „Die Coronapandemie zeigt, wie wichtig eine papierlose und sichere Rezeptübermittlung ist.“ Ein Pilotbetrieb läuft derzeit in Kärnten.
Bereits umgesetzt ist der e-Impfpass, der nun deutlich schneller kam als ursprünglich geplant. Zwar gab es noch ein paar Umstellungshürden bei einigen Herstellern von Ordinationssoftware – das soll aber inzwischen weitgehend behoben sein, berichten Ärztevertreter und Softwarehersteller. Bis Ende März soll ein Großteil der Arztordinationen an den e-Impfpass angeschlossen sein. Damit werden Impfungen im e-Impfpass sichtbar, jeder Österreicher kann über das ELGA-Portal seine Impfungen abrufen. Das Ziel aus Sicht der Ärzte: „Mittelfristig sollen sämtliche Impfungen in einer elektronischen Dokumentation für Ärztinnen und Ärzte und Patienten gleichermaßen sichtbar sein“, sagte zuletzt der Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, MR Dr. Johannes Steinhart. Auf das System könnten Ärzte dann Recallsysteme für Auffrischungsimpfungen aufsetzen. Für Ärzte, die das e-card-System nicht verwenden, beispielsweise Wahlärzte, Arbeitsmediziner oder auch Schulärzte, wird es eine Tabletlösung geben, mit deren Hilfe ebenfalls alle Daten in den e-Impfpass eingespielt werden. Fix sind wie berichtet auch Zuschüsse für die Softwareimplementierung und die laufenden Kosten.
„Ja, wir werden uns darauf einstellen müssen, dass es künftig neue digitale Möglichkeiten gibt.“ – Das sagen immerhin 82,1 % der niedergelassenen Ärzte in einer aktuellen Umfrage der Ärzte Krone zusammen mit der Onlineplattform RELATUS MED. So wirklich interessiert an den Themen sind aber nur 17,1 %. Wichtiger sind wenig überraschend Neuigkeiten zu Therapien, Fortbildung und aus der Forschung. Ein Grund für die Skepsis sind die befürchteten Risiken, welche die Digitalisierung mit sich bringen könnte. An erster Stelle steht dabei die Sorge um den Datenmissbrauch (64,1 %). Dass der Schutz auf Privatsphäre abnimmt, glauben immerhin 57,5 %, dass die Versicherungen Patienten stärker kontrollieren, denken 53,7 %. Überraschend dabei: Dass Ärzte durch die Digitalisierung kontrolliert werden könnten, denken nur 22,6 %.
Vorteile sehen niedergelassene Ärzte darin, dass etwa ein Monitoring die Versorgung verbessern könnte (55,6 %). 52,5 % – Mehrfachnennungen waren möglich – erwarten, dass E-Health-Angebote die Versorgung von Patienten zu Hause erleichtert, 42,4 % sehen mehr Präventionsmöglichkeiten, und 41,5 % denken, dass die Nutzung von Daten bessere Therapien ermöglicht (siehe Grafiken). Sorgen um Dr. Google macht sich hingegen nur noch ein Drittel der Ärzte.
„Das deckt sich mit Umfrageergebnissen, die wir in der Österreichischen Ärztekammer auch in einer Studie mit der Donau-universität Krems als Folge des ersten Lockdowns abgefragt haben“, sagt der Vizepräsident der steirischen Ärztekammer und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Telemedizin, Prof. Dr. Dietmar Bayer. „Die Sorgen um Datenschutz sind die großen Punkte, die bei uns als Nachteile rausgekommen sind. Hier brauchen wir auf Systempartnerebene klare Spielregeln und Sicherheit“, sagt er im Interview mit der Ärzte Krone. Gerade im Hinblick auf Disease-Management-Programme biete die Digitalisierung aber tolle Möglichkeiten, ist Bayer überzeugt. Die BVAEB-Versicherung habe etwa ein Monitoringprojekt, wo Patienten Diabeteswerte digitalisieren und dem Arzt übermitteln. Dieser erhalte für die Nutzung und Auswertung auch ein Honorar. „Das ist eine tolle Sache und ausrollungsbedürftig“, sagt Bayer. Auch das Projekt „Herzmobil“, das in Tirol und der Steiermark laufe und wo Patienten Daten übermitteln und so betreut werden können, sei ein wichtiger Schritt. Bayer: „Das Ziel ist, dass ein Patient frühzeitig mit einem Arzt Kontakt aufnehmen kann und das so spitalsentlastend wirken kann.“
Das Problem: diese Daten sind begehrt – und das wecke auch „kriminelle Geister“. „Deshalb braucht es gute Datenschutzkonzepte. Die gibt es aber auch schon. Bei ELGA haben wir das auch schon alles unter gesetzlichen Rahmenbedingungen geregelt.“ Dass Ärzte durch die Angebote, die im Internet kursieren, unter Druck kommen, glaubt Bayer nicht. Dr. Google sei keine große Gefahr mehr, bestätigt er die Ärzte Krone– und RELATUS MED-Umfrage. „Patienten, die bei Dr. Google etwas suchen, kommen zu oft immer gleich zur Diagnose Krebs. Da scheint es bei den Menschen zunehmend Plausibilitätsüberlegungen zu geben, die unbewusst ablaufen und sagen, dass das eben oft nicht zutreffen kann.“ Was aber schon passiere, sei, dass sich Patienten nach dem Arztbesuch informieren. Bayer: „Die Diagnose wird nachgegoogelt.“ Das helfe dann aber im Hinblick auf die Gesundheitskompetenz der Menschen. „Große Angst vor dem übergoogelten Patienten brauchen wir als Ärzte aber nicht haben.“