Zu Beginn des Gesprächs lieferte Mag.a Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller (ÖVIH), einen Überblick über den Status quo der globalen COVID-19-Impfstoffproduktion. Seit September 2021 werden mehr Impfstoffe produziert als verimpft, und die bisherige globale Impfstoffproduktion umfasst derzeit mehr als 12 Mrd. Impfstoffe. Detailinformationen zur COVID-19-Impfstofflandschaft lieferte anschließend Dr. Otfried Kistner, ein unabhängiger internationaler Impfstoffexperte. Derzeit befinden sich 344 Impfstoffkandidaten in Entwicklung, davon 48 in Phase I, 44 in Phase I/II, 47 in Phase II/III und 10 in Phase IV.1 Die verfügbaren Technologien umfassen neben Vektor- und mRNA-Impfstoffen auch inaktivierte Ganzvirus-, Nanopartikel-, Proteinsubunit-, Lebend- und DNA-Impfstoffe sowie Bakteriophagen. Dabei unterschieden sich die kommenden Protein- und Ganzvirusimpfstoffe von den bereits zugelassenen Technologien darin, dass sie eine zusätzliche Aktivierung des Immunsystems erforderten, erklärte der Experte.
Entwicklung: Über den Ganzvirusimpfstoffkandidaten VLA2001 berichtete Dr. Christoph Jandl, Head of Medical Affairs, Valneva Österreich. Ganzvirusimpfstoffe beinhalten vollständig abgetötete Viruspartikel und ermöglichen dadurch eine breite Immunantwort gegen viele unterschiedliche Epitope. Die Herstellung solcher Impfstoffe ist aufgrund der Sicherheitsvorkehrungen komplex und zeitintensiv. Bei VLA2001 wurde das Virus zunächst aus einer chinesischen Patientin isoliert, in Zellkulturen angezüchtet und durch nachfolgende Upscaling-Prozesse vermehrt. Nach einer Aufreinigung wurden die Viruspartikel inaktiviert, und abschließend erfolgte die Endformulierung mit Zugabe zweier Adjuvanzien.
Wirksamkeit: Der Impfstoff zeigte in einer Phase-III-Studie im Vergleich mit einem zugelassenen Impfstoff seine Überlegenheit unter einem gleichzeitig günstigeren Verträglichkeitsprofil, wobei eine Immunantwort nicht auf das S-Protein beschränkt war.2 VLA2001 kann dabei als homologe Auffrischungsimpfung verwendet werden, die Auffrischung nach einer Grundimmunisierung mit anderen Impfstoffen wird derzeit geprüft.3 Laborstudien zeigen, dass die Antikörper, die im Rahmen der durch VLA2001 vermittelten Immunantwort produziert werden, sowohl Delta- als auch Omikronvarianten neutralisieren können.4
Vulnerable Gruppen, die aufgrund von Immunsuppression, Allergien oder der altersbedingten verringerten Immunantwort keinen ausreichenden Impfschutz aufbauen könnten, profitierten von zusätzlichen Prophylaxeoptionen wie der intramuskulären Gabe von Antikörpern, berichtete Dr. Botond Ponner, Medical Director AstraZeneca Österreich. Die Antikörper werden in einem aufwendigen Selektionsprozess aus rekonvaleszenten Patienten identifiziert, die effektivsten Antikörper werden selektiert und für eine längere Halbwertszeit modifiziert. Der vermittelte Schutz wirkt dabei sehr schnell und stellt für Vulnerable eine wichtige Ergänzung zur Impfung dar.