Die medikamentöse Therapie von COVID-19 basiert in vielen Fällen auf Arzneimitteln, die sich entweder bereits in der Entwicklung für andere Arzneimittel befunden haben oder schon in anderen Anwendungsgebieten zugelassen sind. Die Arzneimittelzulassung erfolgte in der Regel in einem so genannten „zentralen Verfahren“, da damit nach der Begutachtung durch die EMA und der Freigabe der Europäischen Kommission die Zulassung in allen EU-Mitgliedsländern gilt.
Mit der Kombination aus den beiden monoklonalen Antikörpern Tixagevimab und Cilgavimab steht eine Option sowohl zur Therapie als auch zur Prävention von COVID-19 zur Verfügung. Tixagevimab und Cilgavimab wurden so konzipiert, dass sie an zwei verschiedenen Stellen des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 binden und so ein Eindringen des Virus in die Zellen, und damit auch die Vermehrung des Virus, verhindern. Die Therapie ist zugelassen zur Prävention einer COVID-19-Infektion bei Erwachsenen und Jugendlichen sowie zur Therapie von COVID-19 bei Erwachsenen und Jugendlichen, bei denen keine O2-Pflichtigkeit besteht und die ein Risiko für einen schweren Verlauf aufweisen.
Anakinra ist ein humaner Interleukin-1-Rezeptorantagonist (r-medHuL-1ra), der auch zur Therapie der rheumatoiden Arthritis, des CAPS-Syndroms, Morbus Still sowie des familiären Mittelmeerfiebers zugelassen ist. In der Therapie von COVID-19 ist Anakinra zugelassen zur Therapie von Erwachsenen mit einer O2-pflichtigen Pneumonie, bei denen die Gefahr eines respiratorischen Versagens besteht.
Die Kombination aus den beiden Wirkstoffen Nirmatrelvir und Ritonavir ist das einzige zugelassene oral einzunehmende Anti-COVID-19-Therapeutikum. Der Wirkstoff Nirmatrelvir (NTV) ist ein SARS-CoV-2-3CL-Proteaseinhibitor und wird über CYP3A4 metabolisiert. Damit ausreichend hohe Plasmaspiegel erreicht werden, ist es mit Ritonavir (RTV) als Booster kombiniert. RTV hemmt CYP3A4, 2D6 und p-GP, es induziert CYP1A2, 2C9, 2C19 und UGT. Aufgrund dessen gibt es potenzielle Interaktionen mit einer Vielzahl von Medikamenten, und ein Interaktionscheck vor Verschreibung ist obligat. Hierfür existieren allerdings bereits zahlreiche Tools (siehe COVID-19-Interaktionschecker).
Der Wirkstoff Regdanvimab ist ebenfalls ein monoklonaler Antikörper. Er bindet an die rezeptorbindende Domäne (Receptor-binding Domain, RBD) des Spike-Proteins von SARS-CoV-2. Dadurch wird der Eintritt in die Zelle und somit eine Infektion mit dem Virus verhindert. Regdanvimab ist zur Therapie einer COVID-19-Erkrankung bei Erwachsenen zugelassen, bei denen keine O2-Pflichtigkeit besteht und die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf aufweisen.
Ebenfalls ein monoklonaler Antikörper, allerdings gegen den humanen Interleukin-6-(IL-6-)Rezeptor, ist Tocilizumab. Der Wirkstoff wird auch zur Therapie anderer Erkrankungen wie z. B. der rheumatoiden Arthritis, Riesenzellarteriitis oder dem Zytokin-Freisetzungssyndrom eingesetzt. In der Therapie von COVID-19 ist Tocilizumab zugelassen zur Therapie von Erwachsenen mit COVID-19, die mit Kortikosteroiden behandelt werden und bei denen eine O2-Pflichtigkeit besteht.
Die beiden monoklonalen Antikörper Casirivimab und Imdevimab binden an nichtüberlappende Epitope der Spike-Protein-Rezeptor-Bindungsdomäne (RBD) von SARS-CoV-2, was ein Eindringen des Virus in die Zellen und damit eine Infektion verhindert. Das deutsche Paul-Ehrlich-Institut und das Robert Koch-Institut empfehlen es aufgrund der fehlenden Wirksamkeit nicht zur Therapie der Omikron-Variante.
Remdesivir (RDV) ist ein Adenosin-Analogon und führt durch Hemmung der RNA-abhängigen-RNA-Polymerase zum Kettenabbruch. Angewendet wird RDV zur Therapie von COVID-19 bei Erwachsenen und pädiatrischen Patient:innen (im Alter von mindestens 4 Wochen und mit einem Körpergewicht von mind. 3 kg) mit einer Pneumonie mit O2-Pflichtigkeit sowie bei Erwachsenen und pädiatrischen Patient:innen (mit einem Körpergewicht von mind. 40 kg), bei denen keine O2-Pflichtigkeit besteht, die aber ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren Verlauf zu entwickeln. Zur besseren Löslichkeit ist RDV an Cyclodextrin gekoppelt und ist deshalb laut Fachinformation bei einer GFR < 30 ml/min kontraindiziert, ebenso bei Transaminasenerhöhung über das 5-Fache der Norm.
Der Wirkstoff Sotrovimab ist ein monoklonaler Antikörper der Immunglobulin-G1-Klasse, der an ein Epitop auf dem Spike-Glykoprotein von SARS-CoV-2 bindet. Es wird eingesetzt zur Therapie von Erwachsenen und Jugendlichen mit einer COVID-19-Infektion ohne O2-Pflichtigkeit, aber mit einem Risiko für einen schweren Verlauf.