Die Sozialversicherungsreform mit der Fusion der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) sowie die Zusammenlegung weiterer Kassen ist sicherlich die gewichtigste Veränderung, die das Jahr 2019 im Gesundheitswesen bringen wird. Der Hauptverband wird dabei einige Bereiche an die ÖGK abtreten und selbst zu einer schlankeren Dachorganisation werden. Die Details sollen ab April neue Überleitungsgremien festlegen. Die Regierung will durch die Fusion in den kommenden Jahren bis zu einer Milliarde Euro im System freimachen und dann in die Versorgung der Menschen investieren. Kritiker wie Gewerkschaften, Bundesländer, Opposition, aber auch der Rechnungshof sahen das zuletzt eher skeptisch.
Andere Themen des Jahres werden sicherlich neue und teilweise teure Medikamente, die zunehmende Digitalisierung im Gesundheitswesen, der steigende Kostendruck und nicht zuletzt der wachsende Personalmangel aufgrund von demografisch bedingten Pensionierungen in allen Bereichen sein. „Der Ärztemangel in Österreich verschärft sich spürbar und messbar von Jahr zu Jahr“, sagt MR Dr. Johannes Steinhart, Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK). Die Auswertung der aktuellen Altersstatistik der 18.287 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten mit Stand Dezember 2018 zeigt: Es drohen in den kommenden Jahren dramatische zahlenmäßige Einbrüche in der ärztlichen Gesundheitsversorgung. Und es ist nach Ansicht Steinharts aus heutiger Sicht aussichtslos, „diesen Bedarf auch nur annähernd zu decken, wenn nicht rasch und entschlossen gehandelt wird. Das gilt sowohl für Allgemeinmediziner als auch für Fachärzte, sowohl für Kassenärzte als auch für Wahlärzte.“
Heute gibt es die höchste Alterskonzentration bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten mit einem Lebensalter um die 56–58 Jahre. In 10 Jahren werden die meisten aus dieser Gruppe bereits in Pension sein. Konkret werden dann 48 % aller niedergelassenen Ärzte, also fast die Hälfte, das Pensionsantrittsalter erreicht haben. „Verschiebt sich die Altersverteilung in Richtung Pensionsalter, so gehen jedes Jahr Stellen verloren, die aber bei weitem nicht mit jungen Ärzten nachbesetzt werden können, weil die Entwicklung insgesamt deutlich rückläufig ist“, so Steinhart. „Die gegenwärtigen Zahlen bei den niedergelassenen Ärzten, die schon jetzt nicht mehr für alle nötigen Nachbesetzungen ausreichen, werden wir aus heutiger Sicht nie wieder erreichen.“
Die Altersverteilung der niedergelassenen Ärzteschaft habe sich zwischen 1998 und 2018 dramatisch verschoben. 1998 lag die höchste Alterskonzentration bei etwa 45 Jahren, heute bei etwa 60. „Den mittelfristigen jährlichen Nachbesetzungsbedarf haben wir mit 938 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten errechnet“, sagt Steinhart. Das ist die Anzahl zusätzlicher niedergelassener Ärzte, die zur Aufrechterhaltung des Status quo in fünf Jahren benötigt werden, um die pensionsbedingten Abgänge zu kompensieren. „Allerdings sind wir weit davon entfernt, diesen Bedarf decken zu können. 2017 gab es an den öffentlichen Universitäten 1.665 Absolventen eines Medizinstudiums, und wir wissen, dass um die 40 Prozent davon nicht in Österreich als Ärzte arbeiten werden“, sagte Steinhart. Rein rechnerisch müssten also alle in Österreich verbleibenden Absolventen niedergelassene Ärzte werden, um den Bedarf zu decken.
Verschärfend kommt zu diesen Berechnungen noch dazu, dass der Ärztebedarf in Zukunft steigen wird, weil die Bevölkerung wächst und älter und somit betreuungsintensiver wird.
Dramatisch ist die Situation bei den 7.099 Ärzten mit einem GKK-Vertrag. In zehn Jahren werden 55 % aller Ärzte mit GKK-Vertrag das Pensionsalter erreicht haben. Von den Allgemeinmedizinern mit GKK-Vertrag wird jeder Zweite in zehn Jahren das Pensionsalter erreicht haben, von den Fachärzten 60 %. Steinhart: „Besonders alarmierend ist hier das sukzessive Ausbleiben des Nachwuchses. Das steht in einem scharfen Kontrast zum mittelfristigen Nachbesetzungsbedarf von 434 GKK-Ärzten pro Jahr.“