Unter Demenz versteht man eine anhaltende Beeinträchtigung des Gedächtnisses sowie intellektueller Funktionen, die meist im fortgeschrittenen Alter auftritt. Sie kann mit seelischen Störungen aufgrund einer Schädigung oder Erkrankung des Gehirns oder anderen, primär außerhalb des Gehirns auftretenden gesundheitlichen Faktoren, die eine Schädigung des Gehirns bewirken, assoziiert sein. Ein Großteil der Patienten mit Demenzen im fortgeschrittenen Alter leidet an einer Alzheimer-Erkrankung, die sich über Vorstadien, wie subjektive Gedächtnisstörung oder leichte kognitive Störung, entwickelt.
Meist entwickelt sich eine Demenz langsam, schleichend und wird schon in der Vor- oder Frühphase als zumindest subjektiv beeinträchtigend wahrgenommen. Aus diesem Grund ist es wichtig, Vorstadien oder Frühzeichen zu erkennen (leichte kognitive Störung, subjektive kognitive Beeinträchtigung).
Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Ursachen für Demenzen (Tab.).
Für fortschreitende, meist altersassoziierten Prozesse, die zu einer Demenz führen, gibt es klare klinische Diagnosekriterien. Diese wurden in den vergangenen Jahrzehnten laufend neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst. Die Diagnose wird primär durch eine ausführliche Befragung der Patienten und von nahestehenden Personen, einer ausführlichen klinischen Untersuchung und mittels Behelfsuntersuchungen gestellt. Dazu zählen Computertomografie oder Kernspintomografie des Gehirns, eine erweiterte Laboruntersuchung (Blut), eventuell ein EEG, neuropsychologische Untersuchungen zur Erfassung von spezifischen Hirnleistungsstörungen und allfälliger seelischer Störungen oder Verhaltensstörungen, schließlich bei klinischem Bedarf auch eine Lumbalpunktion mit Nachweis von pathologischem Eiweiß im Gehirn (Amyloid-PET) beziehungsweise eines gestörten Gehirn-Zucker-Stoffwechsels (FDG-PET) oder einer gestörten Hirndurchblutung (HMPAO-SPECT). Vor allem bis zur 8.–9. Lebensdekade sind bei Personen, die ansonsten nicht schwer erkrankt oder noch nicht pflegebedürftig sind, derartig aufwendige diagnostische Maßnahmen zielführend, da sie die Basis für die weitere, oft jahrelange Therapie und Betreuung darstellen.
Je länger eine Demenz dauert, desto höher ist der Betreuungsaufwand, der sehr belastend sein kann, wobei ein wesentlicher Belastungsfaktor Persönlichkeits- und Verhaltensveränderungen und weniger das Ausmaß der intellektuellen Beeinträchtigung sind. Weltweit wird ein Großteil der Demenz-Kranken von nahestehenden Angehörigen betreut, in der Mehrzahl von Frauen. Häufig werden Unterstützungen in der Pflege erst in fortgeschrittenen Stadien in Anspruch genommen. Oft erleiden betreuende Angehörige infolge der Belastungen seelische und körperliche (gesundheitliche) Beeinträchtigungen.
Die medikamentöse Behandlung von Demenzen beruht im Wesentlichen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, die vor 30 bis 40 Jahren vor allem tierexperimentell und an Gehirnen von an Demenz Erkrankten (postmortale Untersuchungen) gewonnen wurden. Bei einem Großteil der Personen mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer- oder Parkinson-Demenz ist seit Jahren die Behandlung mit (Acetyl-)Cholinesterase-Hemmern etabliert (Donepezil, Galantamin, Rivastigmin). Diese Behandlung in Form von Tabletten/Kapseln oder Hautpflastern führt nachgewiesenermaßen bei einem wesentlichen Anteil von Erkrankten zu einer Verbesserung von Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Verhaltensstörungen. Im statistischen Mittel bewirken Medikamente dieser Substanzklassen vor allem eine Verbesserung und Stabilisierung des Verlustes intellektueller Funktionen, sodass der Krankheitsverlauf um ein halbes bis ein Jahr hinausgezögert werden kann. Eine chronische, regelmäßig eingenommene Behandlung ist Voraussetzung für einen nachhaltigen Therapieerfolg. Die Medikamente werden bei vorsichtiger Aufdosierung in der Mehrzahl gut vertragen.
Eine weitere antidementive Substanz ist Memantin. Dieses Präparat wirkt gegen die gesteigerte glutamaterge Neurotransmission (Nervenzell-Informationsübertragung durch Glutamat mit schädigender Wirkung auf Nervenzellen) und wird vor allem im fortgeschrittenen Demenz-Stadium verordnet. Memantin bewirkt eine Verzögerung der zunehmenden intellektuellen Verschlechterung, in seltenen Fällen eine Verbesserung des allgemeinen Befindens von Patienten. Alternativ oder ergänzend stehen weitere, teilweise jedoch weniger wirksame Medikamente zur Verfügung.
Seit Jahren wird mit großem wissenschaftlichem und finanziellem Aufwand an der Erforschung neuerer, stärkerer und möglicherweise auch ursächlich wirksamerer Substanzen geforscht. Sie zielen auf eine Hemmung pathologischer Eiweiß-Ablagerungen im Gehirn (Amyloid-Protein) und auf eine Verstärkung des Abbaus von bereits abgelagerten Eiweißen ab. Das bei der Alzheimer-Erkrankung pathophysiologisch entscheidende Beta-Amyloid-Protein ist ein diesbezüglicher Ansatzpunkt, der zu einer längerdauernden Verbesserung beitragen könnte. Es werden auch Medikamente entwickelt, die den zweiten pathophysiologischen Mechanismus der Alzheimer-Erkrankung, die Überphosphorylierung von Protein-Tau in Nervenzellen zum Ziel hat. Beide ursächlichen Therapieansätze befinden sich bereits im klinischem Forschungsstadium, wobei man sich erhofft, dass in kurzer Zeit (vielleicht schon in Monaten bis wenigen Jahren) ein wissenschaftlicher Durchbruch gelingt und damit Medikamente für betroffene Personen zur Verfügung stehen können.
Neben medikamentöser Therapie ist von Bedeutung, Begleiterkrankungen, die zu einer Beeinträchtigung von Hirnleistung führen können, rechtzeitig zu erkennen und richtig zu behandeln, wie zum Beispiel Bluthochdruck, Funktionsstörungen der Niere, des Zuckerstoffwechsels, des Herz-Kreislauf-Systems (zum Beispiel Herzschwäche, Vorhofflimmern) oder episodische Atempausen während des Schlafes. Demenz-Kranke leiden häufig an psychischen Störungen, wie Depression, Angst, Antriebsschwäche, Reizbarkeit, Bewegungsunruhe und wahnhaften Vorstellungen sowie Halluzinationen, für deren Behandlung Medikamente verwendet werden, die schon seit einigen Jahren ihre gute Wirksamkeit bewiesen haben. Schließlich ist es wichtig, Patienten ein bestmögliches soziales und auch familiäres Umfeld zu schaffen, sie zu integrieren, anstatt abzusondern, und sie zu sportlichen Betätigungen zu animieren (Ausdauersport). Gezieltes intellektuelles Training zur allgemeinen Stimulation und zur Verbesserung spezifischer, vor allem alltagsrelevanter Funktionen, spielt eine wichtige Rolle. Davon profitieren Patienten sowie Angehörige, wobei Überforderung und falsch verstandene Ambitionen vermieden werden sollen.
Während für die Zukunft weitere diagnostische Verfeinerungen erwartet werden können, zum Beispiel in der MR-Diagnostik, Diagnostik von Abbauprodukten der Neurodegeneration des Gehirns in peripherem Blut, Verbesserung nuklearmedizinischer Untersuchungen (sogenannte „Biomarker“), gibt es laufend neue Erkenntnisse über die genetischen Ursachen von demenziellen Erkrankungen und auch Entwicklungen bei der besseren Behandelbarkeit der Krankheitssymptome. In der Fachwelt wird mit einem Durchbruch bei der Entwicklung neuartiger Medikamente in nächster Zukunft gerechnet. Es handelt sich dabei in der Mehrzahl um Substanzen, die molekulare Strukturen des Gehirns ansteuern, welche in der Entwicklung von Demenz eine entscheidende Rolle spielen. Weiterhin werden Beta-Amyloid und das Tau-Protein und deren genetischen Ursachen Behandlungsziele sein.
Personen, die schon frühzeitig, also vor der siebten bis achten Lebensdekade, Demenzanzeichen entwickeln und bei denen eine familiäre Häufung nachgewiesen wurde, leiden wahrscheinlich an einer monogenetisch bedingten Demenz (Demenz durch Vererbung). Gegen die Manifestation einer derartigen Demenzform lässt sich mit Ausnahme einer Verzögerung des Demenz-Eintritts kaum Weiteres prophylaktisch unternehmen. Schwere Gehirnverletzungen oder wiederholte leichtere Gehirnverletzungen (-Erschütterungen und Prellungen), wie sie zum Beispiel bei Kontaktsportarten, auch bestimmten Hochgeschwindigkeits- und Ballsportarten mit Verletzungsrisiko, auftreten können, wurden als signifikante Risikofaktoren für Demenz in späteren Lebensjahren identifiziert. Schließlich spielen alle bekannten Gefäß-Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Blutzuckerkrankheit, Fettstoffwechselstörung, übermäßiger Alkohol- und Nikotingenuss und Bewegungsmangel eine Rolle und begünstigen deren Auftreten.
Verantwortlich gemacht werden auch ein „sitzender“ Lebensstil, Mangel an intellektuellen und sozialen Aktivitäten und schließlich über Jahre bis Jahrzehnte vorbestehende Störungen des Antriebs, der Stimmung (Depressionen). Durch entsprechende Prophylaxe und Therapien können Demenzen verzögert oder unter Umständen sogar verhindert werden.
Während die Versorgung von Personen mit fortgeschrittenen Demenzen derzeit noch angemessen erfolgen kann, wird sich in den nächsten Jahren ein deutlicher Mangel an Betreuungspersonen bemerkbar machen. Ansatzweise musste man das in der laufenden COVID-19-Pandemie feststellen, als vor allem ausländische Pflegekräfte nicht ausreichend zur Verfügung standen. Private Pflegeeinrichtungen leisten neben öffentlichen Pflege-Institutionen in der Betreuung Großartiges, dennoch müssen die Versorgungseinrichtungen sowohl personell als auch strukturell wesentlich ausgebaut werden. Der zu erwartende Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal ist auch aktuell ein wichtiges politisches Thema. Sowohl im öffentlichen Bereich als auch in Spitälern und Pflegeinrichtungen muss mehr als bisher auf Demenz-Patienten Rücksicht genommen werden. Abläufe und Räumlichkeiten sind so zu gestalten, dass sie von Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen leichter als bisher bewältigt werden können.
Im Bereich medikamentöser Therapien neurodegenerativer Erkrankungen gab es in den vergangenen Jahren nur leichte therapeutische Fortschritte. Sowohl national als auch international müssen daher verstärkte gemeinschaftliche öffentliche Anstrengungen unternommen werden, die Forschung zur Entwicklung wirksamer Medikamente voranzutreiben.