(EbM-Guidelines, Artikel reviewt am 13. 1. 2012)
Es existieren im Wesentlichen zwei Dialyseformen: die Peritonealdialyse und die Hämodialyse. In der Grundversorgung wird man meist dann mit den Problemen von Dialysepatienten konfrontiert, wenn Infektionen auftreten. Die ersten Anzeichen einer Peritonitis bei einem Peritonealdialysepatienten sind in der Regel Bauchschmerzen oder ein trübes Dialysat. Bei Peritonitisverdacht ist der Patient sofort an eine nephrologische Abteilung zu überweisen. Wenn Sie den Verdacht haben, dass ein Problem entweder mit dem Peritonealdialysekatheter besteht, etwa durch eine Infektion an der Austrittstelle, oder mit dem Hämodialysezugang, sollten Sie unverzüglich einen Nephrologen konsultieren.
Zu den häufigsten Erkrankungen, die in eine Dialysepflichtigkeit münden, zählen die diabetische Nephropathie, die chronische Glomerulonephritis, zystische Nierenerkrankungen und die Nephrosklerose.
• Selbstdialyse: Heimperitonealdialyse und Heimhämodialyse
• Dialyse in einer Gesundheitseinrichtung: Hämodialyse in einem Krankenhaus oder an einer Dialysestation
Die Verschlechterung der Nierenfunktion bis zur Dialysepflichtigkeit geht im Allgemeinen schrittweise vor sich. Nephrologische Abteilungen verfügen über Prädialyseambulanzen, wo die geeignete Dialyseform ausgewählt und der Patient auf die bevorstehende Dialysebehandlung vorbereitet wird. Dies ist der Zeitpunkt, zu dem festgestellt werden sollte, ob eine Nierentransplantation durchführbar ist und ob eine Spenderniere zur Verfügung steht. Bei einigen Patienten entwickelt sich die Niereninsuffizienz jedoch so rasch, dass es schnell zur Notwendigkeit einer regelmäßigen Dialyse kommt.
Normalerweise dreimal pro Woche über vier bis fünf Stunden Die Therapie findet gewöhnlich in einer Einrichtung statt, die der Patient ambulant aufsucht. Patienten in Langzeitbetreuungseinrichtungen werden nur selten dialysiert. Manche Patienten werden mit Hämodiafiltration behandelt. Dies ist eine intensivierte Form der gewöhnlichen Hämodialyse. Einige Patienten lassen sich zu Hause eine Dialysemaschine mit allen notwendigen Anschlüssen aufstellen und führen die Dialyse selbst durch. Da die Blutwäsche intermittierend erfolgt, müssen urämische Toxine und überschüssige Flüssigkeit, die sich zwischen den Sitzungen ansammeln, in kurzen Intervallen entfernt werden. Wenn die ausgeschiedene Urinmenge gering ist, ist es notwendig, die Trinkmenge einzuschränken. Dadurch können das Ableiten großer Flüssigkeitsmengen und die damit verbundenen hämodynamischen Veränderungen vermieden werden. Bei der Hämodialyse ist es notwendig, einen Zugang zum Blutkreislauf herzustellen, da während der Behandlung ein Blutaustausch im Ausmaß von 200–300 ml/Min. stattfindet. In den meisten Fällen legt ein Gefäßchirurg im Bereich des Handgelenks oder des Unterarms einen AV-Shunt an. Der Arm mit dem Shunt bedarf spezieller Aufmerksamkeit; er darf nicht für Blutdruckmessungen, für die Einführung einer Kanüle oder zur Entnahme von Blutproben herangezogen werden. Wenn kein AV-Shunt angelegt werden kann, dann kann ein Gefäßchirurg einen Kunststoffshunt in den Arm einsetzen. In vielen Fällen erfolgt die Hämodialyse mittels eines in eine zentrale Vene eingesetzten Katheters. Bei einer langfristigen Behandlung sollte zur Verringerung des Infektions- und Venenverschlussrisikos ein weicher getunnelter Katheter eingesetzt werden.
Für die Peritonealdialyse wird laparoskopisch ein Dialysekatheter fest in die Bauchhöhle eingenäht. Der Patient schließt dann in einem sterilen Prozess die Beutel mit der Dialyseflüssigkeit an den Katheter an. Zu Hause infundiert der Patient zwei bis drei Liter Flüssigkeit vom Beutel in die Bauchhöhle. Die Flüssigkeit verweilt einige Stunden in situ. Das Dialysat wird dann aus dem Bauchraum ausgeleitet und durch neue Dialyseflüssigkeit ersetzt. Die Dialyseflüssigkeit enthält Salze, Zucker und sowohl Laktat als auch Bicarbonat als Puffer. Der Flüssigkeitsentzug geschieht osmotisch, d.h. ein hyperosmolares Dialysat mit einem hohen kolloidosmotischen Druck zieht Wasser aus dem Körperkreislauf in die Bauchhöhle. Harnpflichtige Substanzen treten über das Peritoneum in die Dialyseflüssigkeit über, bis ein Gleichgewicht zwischen Körper und Dialsat erreicht ist. Da das Dialysat fast den ganzen Tag in der Bauchhöhle verweilt, stellt die Peritonealdialyse eine kontinuierlichere und konstantere Behandlungsform als die Hämodialyse dar.
• Bei der CAPD (kontinuierliche ambulante PD) wechselt der Patient in regelmäßigen Abständen die Flüssigkeit aus, in der Regel viermal innerhalb von 24 Stunden.
• Bei der APD (automatische PD) schließt sich der Patient beim Zubettgehen an einen automatischen Cycler an, der während der Nacht vier bis sechs Flüssigkeitswechsel durchführt. Am Morgen füllt der Cycler dann frische Flüssigkeit für den Tag in die Bauchhöhle.
Tritt üblicherweise bei exzessiver Flüssigkeitsausleitung und Dehydrierung auf.
Zu den Symptomen zählen unter anderem Ödeme, Dyspnoe und Stauungszeichen im Thoraxröntgen oder aber nur Hypertonie. Das Management einer Flüssigkeitsüberlastung erfolgt durch Dialyse; insbesondere bei Hämodialysepatienten kann auch eine Flüssigkeitsrestriktion indiziert sein. (z.B. 800 ml Flüssigkeit + Harnmenge). Bei Patienten mit Restdiurese können hohe Furosemid-Dosen unter Umständen wirksam sein (Ausscheidung von Flüssigkeit und Salz).
Treten häufig gegen Ende einer Hämodialysebehandlung auf und werden durch exzessive Flüssigkeitsüberlastung verschlimmert.
Es muss daran gedacht werden, dass bei Dialysepatienten der Dialysezugang einen zusätzlichen Infektionsweg darstellt. Bei Hämodialysepatienten kann sich der Dialyse-Shunt oder der Dialysekatheter infizieren. Bei Peritonealdialysepatienten kann der Dialysekatheter eine Peritonitis hervorrufen oder es kann eine Infektion an der Katheteraustrittsstelle entstehen.
Alle Dialysepatienten werden durch eine nephrologische Abteilung kontinuierlich betreut. Patienten, die ihre Hämodialyse im Krankenhaus erhalten, müssen in den meisten Fällen dreimal pro Woche die Dialysestation aufsuchen, wo alle auftretenden Probleme angesprochen werden können. Bei Patienten, die ihre Dialyse selbst durchführen, finden dieKontrollen weniger häufig statt, in der Regel nur alle vier bis acht Wochen.
Wenn spezielle Probleme auftauchen, sollte der Patient an eine Abteilung mit nephrologischer Kompetenz überwiesen werden.
Bei einem fiebernden Patienten sollte immer primär an eine Sepsis gedacht werden. Bei Verdacht auf Peritonitis bei einem Peritonealdialysepatienten ist der Patient sofort an eine Nephrologie zu überweisen. Die ersten Peritonitiszeichen sind im Allgemeinen Bauchschmerzen und ein trübes Dialysat.
Bei Verdacht auf ein Problem entweder mit dem Peritonealdialysekatheter (etwa eine Infektion an der Austrittstelle oder die Entwicklung einer Bauchhernie) oder mit dem Hämodialysezugang (zum Beispiel eine Infektion am Dialyse-Shunt oder am Dialysekatheter) ist sofort ein Nephrologe zu konsultieren.
Dialysepatienten haben auch alle Arten von gewöhnlichen Erkrankungen, die vom Hausarzt gut behandelt werden können. Beispielsweise gelten bei Erkrankungen des Bewegungsapparats und leichten Infektionen des oberen Respirationstrakts normalerweise die gleichen Therapieprinzipien wie für andere Patienten im niedergelassenen Bereich. Sorgfältige Mund- und Zahnhygiene und -behandlung sind wichtig. Vor Zahnsteinentfernung oder anderen größeren Behandlungen sollte eine Antibiotikaprophlaxe gegeben werden (z.B. 2 g Amoxicillin zwei Stunden vor der Intervention).
Bei der Verschreibung von Medikamenten ist zu beachten, dass die Dosierung sowohl von der Niereninsuffizienz als auch von der sonstigen Medikation beeinflusst wird.
Wählen Sie immer die für den ungünstigsten Fall einer Niereninsuffizienz angegebene Dosierung, weil der Serumkreatininwert eines Dialysepatienten nicht den tatsächlichen Zustand der Nierenfunktion widerspiegelt.
Bestimmte Medikamente sollten vermieden werden, z.B. Metformin und Nitrofurantoin. Wenn eine Rehydrierung indiziert ist, beachten Sie, dass beim Patienten aufgrund der mangelhaften oder gänzlich fehlenden Diurese das Risiko einer Überwässerung bestehen könnte. Wenn Probleme mit Elektrolythaushalt oder Flüssigkeitsbilanz zu erwarten sind, sollten Patienten großzügig an eine nephrologische Abteilung überwiesen werden. Ein Patient mit Überwässerung zeigt möglicherweise nur eine schwache oder gar keine Reaktion auf ein Diuretikum.
Unter normalen Umständen beträgt der Flüssigkeitsbedarf eines Hämodialysepatienten durchschnittlich 800 ml zusätzlich zu der 24-Stunden-Harnmenge. Bei einem Patienten mit Peritonealdialyse wird der Flüssigkeitshaushalt durch ein Zusammenspiel von Flüssigkeitsabgang über die Peritonealdialyseflüssigkeit und die Diurese kontrolliert. Viele Peritonealdialysepatienten können daher mit Flüssigkeit etwas freier umgehen als Hämodialysepatienten.
Der Flüssigkeitshaushalt eines Dialysepatienten kann beispielsweise durch Blutdruck, Veränderungen des Körpergewichts verglichen zum Grundzustand, klinische Zeichen der Dehydratation, mögliche Ödeme, Dyspnoe und Thoraxröntgen kontrolliert werden. Bei einer parenteralen Flüssigkeitsgabe sollten Kalium enthaltende Flüssigkeiten vermieden werden, weil es – insbesondere bei Hämodialysepatienten – häufig zu einer Hyperkaliämie kommt. Es wird zum Beispiel, wenn nötig, eine physiologische Kochsalzlösung mit 5% Glukose verwendet. Die effektivste Therapie bei Hyperkaliämie ist die Dialyse, aber meist ist auch eine Kaliumrestriktion ebenso indiziert wie Gaben von kaliumbindendem Resonium®-Pulver.
Zur Alltagskompetenz des Dialysepatienten: Eine Dialysetherapie stellt an sich noch keinen Grund dar, das Lenken von Kraftfahrzeugen zu untersagen; das entscheidende Kriterium sollte hier der Allgemeinzustand des Patienten sein.
Viele Beschäftigungsformen können grundsätzlich auch von Dialysepatienten ausgeübt werden, aber dialyseinduzierte Probleme, wie etwa die zu bestimmten Zeitpunkten durchzuführenden Dialysen und die beschränkte Fähigkeit des Patienten, Lasten zu heben, können dazu führen, dass er aus dem Arbeitsleben ausscheiden muss. Etwa 25% der Dialysepatienten können auf eine Nierentransplantation hoffen, nach der ihre Arbeitsfähigkeit dann erneut zu beurteilen ist.
Risto Tertti
Review: Barbara Degn
Artikel ID: ebd00959 (010.023)
© 2012 Duodecim Medical Publications Ltd