Das Kongressprogramm war auch heuer wieder sehr vielfältig: Mit einem sehr motivierenden Festvortrag von Dr. Anton Wankhammer unter dem treffenden Titel „Chance Allgemeinmedizin“ wurde der heurige „Junge Allgemeinmedizin Kongress“ (JAM22) eröffnet. Auch viele andere Vorträge und Workshops schafften es, an diesem Wochenende unseren Blick neben den Herausforderungen des alltäglichen Arbeitens vor allem auf die vielen Chancen, die die Allgemeinmedizin als Fachbereich bietet, zu lenken. Neben den beliebten Klassikern wie „Sonographie in der Allgemeinmedizin“ und der „Harnsediment-Mikroskopie“ wurde auch Wert auf aktuelle Themen gelegt, wie beispielsweise „Long COVID“, „Klimawandel in der Primärversorgung“, „Assistierter Suizid“ und eine Podiumsdiskussion zum Thema „Psychische Folgen einer Krise“.
Großes Thema am Kongress war natürlich die wenige Tage zuvor beschlossene Einführung des „Facharztes für Allgemein- und Familienmedizin“. Bereits in den Eröffnungsworten wurde deutlich, welch wichtiger Schritt diese Novelle in der Allgemeinmedizin-Ausbildung, der viele Gespräche über mehrere Jahrzehnte vorausgingen, für die Allgemeinmedizin ist: Einerseits geht damit eine deutliche Verbesserung der Ausbildung einher, insbesondere durch eine deutlich längere Zeit in der Lehrpraxis. Andererseits erhält die Allgemein- und Familienmedizin damit die wirklich verdiente Anerkennung als eigenes Fachgebiet mit ihren eigenen Aufgaben und Kompetenzen.
Großen Anklang fand in diesem Zusammenhang auch der Workshop „Allgemeinmedizin gestalten“, bei dem unter der Leitung von JAMÖ-Obmann Dr. Richard Brodnig eifrig Ideen gesammelt wurden, welche die Ausbildung angehender Allgemeinmediziner:innen verbessern könnten. Genannte Punkte sind unter anderem eine fixe Ansprechperson für die angehenden Allgemeinmediziner:innen im Krankenhaus (z. B. durch einen allgemeinmedizinischen Ausbildungsverantwortlichen), verpflichtende Tätigkeit in Ambulanzen, Entlastung der betroffenen Ärztinnen und Ärzte von nichtärztlichen, oft bürokratischen Routinetätigkeiten sowie ein einfacherer Ausbildungswechsel zwischen den einzelnen Bundesländern. Vor allem die Ein-bindung angehender Allgemeinmedizin-er:innen in das Team der jeweiligen Abteilung ist für Brodnig essenziell, um einen rascheren Lernerfolg erzielen zu können.
In den Rückmeldungen nach dem Kongress wurde dem Team der JAMÖ vor Augen geführt, wie wichtig Austausch, Information und Vernetzung sind. „Es freut uns sehr, dass wir Feedback von Studierenden und Ärztinnen und Ärzten erhalten haben, die durch unseren Kongress neue Aspekte der Allgemein- und Familienmedizin kennengelernt haben und sich jetzt deutlich besser vorstellen können, in Zukunft Allgemeinmedi-ziner:innen zu werden. Zudem haben sich einige Interessierte gemeldet, die sich in weiterer Folge in unserem Verein engagieren und die Allgemeinmedizin somit mitgestalten wollen“, so Kongresspräsidentin Dr.in Madeleine Leustik.
Während einige noch immer den Weg der „klassischen Hausärztinnen und Hausärzte“,also eine Einzelpraxis mit kleinem Team und informeller Vernetzung mit anderen Berufen und Fachärztinnen und Fachärzten sehen, wenn das Thema hausärztliche Primärversorgung fällt, sind die Möglichkeiten, in der Primärversorgung tätig zu werden, mittlerweile doch deutlich vielfältiger. Neben der traditionellen Einzelordination werden immer mehr Gruppenpraxen und Primärversorgungszentren eröffnet. Außerdem besteht die Möglichkeit, im Angestelltenverhältnis bei einem anderen Arzt:einer anderen Ärztin zu arbeiten. Vor allem für junge Ärztinnen und Ärzte ist der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen während der Arbeit sehr wichtig, sodass diese neuen Arbeitsformen für sie besonders interessant sind. Zur Förderung des Teamspirits durften auch Social Events im Rahmen des Kongresses nicht fehlen. Als großes Highlight wurde heuer – neben einer Einheit „Line Dance“ am Samstagmorgen und dem stets beliebten Speed Friending am Kongress-Eröffnungstag – am Samstagabend eine Schifffahrt am Wörthersee organisiert, wo sich die Teilnehmer:innen in entspannter Atmosphäre und bei guter Kulinarik kennenlernen und eine gesellige Zeit miteinander verbringen konnten.
Vollgetankt mit viel Motivation und neuen Ideen konnten die Teilnehmer:innen nach einem erfolgreichen JAM22-Kongresswochenende schließlich an ihre Arbeitsplätze zurückkehren und können sich nun der vielen Chancen erfreuen, die als Allgemein-mediziner:innen auf sie warten. Wir als Kongressteam können unseren nächsten JAM-Kongress mit seiner Planungsphase kaum noch erwarten, denn es wartet ja die nächste Herausforderung: das internationale Forum der europäischen jungen Allgemeinmedizin 2023 in Wien.