Etwa 70 % der Prostatatumoren werden in einem potenziell kurativen Stadium entdeckt. Bei Verdacht auf das Vorliegen eines Prostatatumors (suspekter Tastbefund, steigende PSA-Werte) wird eine Bildgebung durchgeführt. Die multiparametrische Magnetresonanztomografie als Bildgebung zur Orientierung vor jeder Prostatabiopsie ist bereits seit einigen Jahren Standard. Durch die Bewertung des Kontrastmittelverhaltens in der Prostata können suspekte Areale detektiert und nach der PI-RADS-(Prostate-Imaging-Reporting-and-Data-System-)Klassifikation eingestuft werden. Neuerdings kann zur Darstellung tumorverdächtiger Areale ein spezielles Hochfrequenzultraschallgerät angewandt werden, das im Gegensatz zur MRT eine dynamische Darstellung der Prostata in Echtzeit ermöglicht. Die Tumordetektionsraten können dadurch gesteigert werden, vor allem wenn MRT und Hochfrequenzultraschall kombiniert werden.
In der Rezidivdiagnostik nach vorheriger kurativ intendierter Prostatektomie oder Strahlentherapie ist die PSMA-PET-CT ein wesentlicher Bestandteil geworden. Bei erneutem PSA-Anstieg (nach Prostatektomie: > 0,2 ng/ml; nach Bestrahlung: zwei aufeinander folgende Werte > 2 ng/ml über dem niedrigsten Wert nach der Therapie) wird ein Tracer verabreicht, der spezifisch an PSMA (prostataspezifisches Membranantigen; Oberflächenmolekül, das auf Prostatakarzinomzellen exprimiert wird) bindet und so bereits bei sehr niedrigen PSA-Werten Metastasen oder Lokalrezidive anzeigen kann.
Während die Behandlung der meisten Tumoren in kurativen Stadien weiterhin mittels Operation oder Bestrahlung erfolgt, baut die Therapie bei metastasierten Patienten vorwiegend auf diversen Strategien des Testosteronentzugs auf. Vor allem in den vergangenen zehn Jahren konnte hier das Armamentarium an Arzneimitteln deutlich erweitert werden. Innerhalb eines Jahrzehnts wurden Therapiestandards mehrfach geändert. Die Basis jeder Therapie stellt aber weiterhin der Hormonentzug dar. 30 % der Patienten mit einem Prostatakarzinom haben zum Zeitpunkt der Diagnose bereits eine Metastasierung. Fernmetastasen können jedoch auch bei Patienten nach einer erfolgreichen Primärtherapie (Lokaltherapie) auftreten. Da diese Patienten keine Hormonentzugstherapie erhielten, wird dieses Stadium als „hormonsensitives metastasiertes Stadium“ bezeichnet. 2014 veröffentlichte die CHAARTED-Studie einen Paradigmenwechsel in der Behandlung von hormonnaiven Patienten. Während die ADT-Monotherapie bis dahin die einzige Therapie bei neu metastasierten Patienten war, zeigte die CHAARTED-Studie, dass eine zusätzliche Chemotherapie mit Docetaxel das Gesamtüberleben, vor allem bei Patienten mit hoher Tumorlast, im Median um ca. zehn Monate verlängerte. In den vergangenen Jahren kamen durch die ENZAMET-Studie (Enzalutamid), TITAN-Studie (Apalutamid) sowie LATITUDE-Studie (Abirateron) neue hormonelle Stoffe (NHA) als duale Kombinationstherapie auf den Markt, die ebenfalls ein verlängertes Gesamtüberleben für hormonnaive Patienten zeigen konnten und zur Standardtherapie wurden. Mit der PEACE-1-Studie 2021 und der ARASENS-Studie (Darolutamid) 2022 findet jedoch aktuell erneut ein Paradigmenwechsel statt. War die duale Kombinationstherapie mit ADT und NHA oder Docetaxel der „standard of care“, scheint nun eine Triple-Therapie (ADT + Docetaxel + Darolutamid/Abirateron bzw. ADT + Abirateron + Strahlentherapie) in nahezu allen Subgruppen Überlebensvorteile zu bringen und die duale Kombinationstherapie abzulösen.
Die genetische Testung gewinnt auch beim Prostatakarzinom zunehmend an Bedeutung: Bei ungefähr der Hälfte der Patienten in metastasierten Stadien lassen sich genetische Aberrationen nachweisen. Die häufigste Mutation ist hierbei die BRCA1/BRCA2-Mutation – Gene der DNA-Reparaturmechanismen (DDR). Bei positiver Familienanamnese (Verwandte 1. Grades) ist damit das Tumorentstehungsrisiko verdoppelt. In der Behandlung zugelassen ist bereits der Wirkstoff Olaparib, der die Wirkung von als humane Poly-(ADP-Ribose-)Polymerase (PARP) bezeichneten Enzymen, die im Rahmen der Zellteilung an der Reparatur beschädigter DNA in Krebszellen beteiligt sind, hemmt. Vielversprechend sind auch die neuesten Daten zu MMR-Genen („mismatch-repair“). Die erhöhten Ansprechraten auf Immuntherapien wie Checkpoint-Inhibitoren bei solch einer Mikrosatelliteninstabilität (MSI) unterstützen den Einsatz von PD-1-Rezeptor-Inhibitoren (Pembrolizumab). Eine Zulassung besteht aktuell jedoch nur durch die FDA.
Praxismemo