Der Wert der hausärztlichen Leistung sinkt kontinuierlich

Österreichs Hausärzte klagen schon seit vielen Jahren über einen ständigen Rückgang ihres Einkommens, was für immer mehr vor allem kleinere Vertreter ihrer Art langsam zum Existenzproblem wird. Die MEDTAX-Steuerberatergruppe hat daher im Jahr 2009 300 repräsentative Allgemeinpraxen mit Kassenvertrag in allen Bundesländern in Bezug auf ärztliche Leistungen, Honorare, Betriebskosten und Unternehmensgewinn in den Jahren 1998 und 2008 verglichen. Als repräsentativ wurden Arztpraxen für Allgemeinmedizin befunden, die 1998 bereits mindestens fünf Jahre bestanden haben und seither von keinen neuen Kassenstellen im unmittelbaren Umfeld flankiert worden sind. Eventuell vorhandene Hausapotheken wurden aus der Berechnung herausgenommen.

 

Großer betriebsbedingter Mehraufwand

Das Ergebnis dieser Analyse war laut MEDTAX eindeutig. Es konnte durchschnittlich zwar eine deutliche Steigerung des Honorarvolumens festgestellt werden, welche aber nur geringfügig durch die über die Jahre unzureichende Inflationsanpassung der Honorare argumentiert werden kann. Der Hauptgrund für die Steigerung des Honorarvolumens war im Beobachtungszeitraum die erfolgte Leistungsausweitung.

Die Betriebskosten sind jedoch in größerem Ausmaß gestiegen. Einerseits durch die hier voll durchschlagende Inflation. Doch nicht nur das: In vielen Ordinationen ist zusätzlich ein betriebsbedingter Mehraufwand, etwa beim Personal erkennbar. In den beobachteten Jahren schlagen verstärkt zusätzliche, von der Sozialversicherung nicht abgegoltene Kosten, vor allem im Bereich Investitionsgüter und EDV rund um die E-card-Infrastruktur zu Buche. Anmerkung: Der VPI stieg im Beobachtungszeitraum immerhin um 20%. Eine zuvor durchgeführte MEDTAX-Analyse der Betriebskostensteigerung in Arztordinationen 2008 hat einen höheren Wert als den VPI ergeben. Das war in den vergangenen zehn Jahren genauso. Die Kostensteigerung alleine durch Inflation liegt also deutlich über dem VPI.

Hausärztliche Versorgung steht auf der Kippe

Die steuerlichen Gewinne sind im Schnitt zwar nominell angestiegen, jedoch nur etwa um die Hälfte der Größenordnung des VPI. Das bedeutet einen kräftigen Verlust an Realeinkommen, dies aber bei erhöhtem Volumen an erbrachter ärztlicher Leistung. In Summe konnten die Steuerberater der MEDTAX-Gruppe errechnen, dass die hausärztliche medizinische Leistung im Kassenbereich in Bezug auf das Nettoeinkommen 2008 um etwa 25% (oder ein Viertel) weniger wert war als im Jahr 1998. Einer Fortführung dieser Entwicklung in den kommenden Jahren sah man bei der MEDTAX-Gruppe bereits 2009 mit großer Sorge entgegen. Wenn nicht gegengesteuert wird, lässt sich die hausärztliche Versorgung in Österreich nicht mehr unbegrenzt gewährleisten. Dies wäre vor allem in strukturschwachen Gebieten ein großes Problem. Wer das System der hausärztlichen Versorgung mittelfristig aufrechterhalten will, sollte sich daher aus Sicht der MEDTAX-Steuerberatergruppe dafür stark machen, dass auch niedergelassene Ärzte im Kassenbereich wie andere Berufsgruppen voll- oder halbautomatisch einen jährlichen Inflationsausgleich in realistischer Größenordnung bekommen.

Auslaufmodell Hausarzt?

Als größtes Hindernis bei der Berufsausübung sahen die MEDTAX-Experten das Fehlen von geeigneten „schlanken“ ärztlichen Kooperationsformen unter akzeptablen wirtschaftlichen Bedingungen. Weitere verpflichtende Verwaltungs-, Fortbildungs- und Qualitätsvorschriften dürften ohne gleichzeitige Abgeltung des Mehraufwands in den Ordinationen aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht mehr eingeführt werden. Dies könnte aus heutiger Sicht auch die Einführung von ELGA betreffen, deren Finanzierung vor allem im Hinblick auf den erhöhten Zeitbedarf in den Ordinationen noch nicht geklärt ist.

Aus Sicht der MEDTAX-Steuerberater war 2009 bereits klar: „Die bestehenden hausärztlichen Strukturen stehen kurz vor dem Punkt, an dem sich manche Jungärzte überlegen werden, ob die finanzielle Perspektive einer Kassenstelle etwa auf dem Land in Einklang mit Ausbildung, Arbeitseinsatz und Verantwortung steht. Der typische Hausarzt könnte daher schon bald ein Auslaufmodell sein.“ 2012 können wir bereits beobachten, wie sich manche Kassenstellen nur noch mit großer Mühe sowie nach mehrfachen Ausschreibungen besetzen lassen.

Weitere Informationen:www.medtax.at