Dermatologie: Lyme-Borreliose

Erythema migrans

Es handelt sich um die charakteristische kutane Frühmanifestation der Lyme-Borreliose an einer Zeckenstichstelle. Die durchschnittliche Inkubationszeit beträgt 2 Wochen. Das klinische Bild ist durch rund-ovale, (hell-)rote, scharf begrenzte, homogene Flecken oder Kreise (Abb.) mit einem Mindestdurchmesser von 5 cm charakterisiert. Im Verlauf kommt es zu einer zentrifugalen Vergrößerung. Bei circa 15 % der Patienten findet man multiple Läsionen. Extrakutane Symptome wie Temperaturerhöhung, Lymphknotenschwellung, Arthralgien, Myalgien und Krankheitsgefühl kommen bei 40 % der Patienten vor.

 

Abb.: Anuläres Erythema migrans, 45-jährige Patientin, © Thomas Haidn | Felicitas Matern

Diagnose klinisch. Das Erythema migrans wird in aller Regel klinisch diagnostiziert. Weitere Untersuchungen sind bei typischer Ausprägung vor Einleitung der Therapie nicht notwendig. Das serologische Ergebnis ist häufig falsch negativ (noch keine Serokonversion). Andererseits sind falsch positive Ergebnisse keine Seltenheit (hohe Seroprävalenz, Kreuzreaktionen bei Virusinfektionen und Autoimmunerkrankungen). Die Borrelien-Antikörper-Bestimmung ist daher nicht zielführend. Histopathologie oder direkter Erregernachweis (Kultur, PCR) aus der Haut sind nur bei unsicherem klinischem Bild nötig. Die wichtigsten klinischen Differenzialdiagnosen sind gesteigerte Arthropodenreaktion, Tinea, Granuloma anulare, fixes Arzneiexanthem, Morphea und Urtikaria. Bei diagnostischen Unsicherheiten muss auf jeden Fall zum Facharzt überwiesen werden, die ungezielte Untersuchung von Borrelienantikörpern ist unbedingt zu unterlassen.

Borrelien-Lymphozytom

Dieses B-Zell-Pseudolymphom stellt die charakteristische subakute kutane Manifestation der Lyme-Borreliose dar. Mit 5 % aller Fälle ist es die seltenste Dermatoborreliose. Es entwickelt sich über Wochen bis Monate nach dem kausativen Zeckenstich direkt an der Stichstelle oder distant dazu. Klinisch imponiert ein weicher, indolenter, livid-roter 1–4 cm großer Knoten bis Plaque. Kinder sind häufiger betroffen als Erwachsene. Bei Ersteren ist die Prädilektionsstelle das Ohrläppchen, bei Erwachsenen die Brust. Extrakutane Symptome treten sehr selten auf.
Im Unterschied zum Erythema migrans ist eine serologische Bestätigung der Diagnose angezeigt. Der IgG- oder IgM-Antikörper-Titer ist in mindestens 90 % der Fälle positiv. Histologie, Immunhistochemie und molekulare Untersuchungen sind bei inkongruenter Klinik und Serologie nötig. Wichtige Differenzialdiagnosen umfassen kutanes Lymphom, Sarkoidose, Keloid, Lupus tumidus und epidermale Zysten.

Acrodermatitis chronica atrophicans

Sie kommt bevorzugt bei älteren Personen und Frauen vor und ist durch eine langfristige Persistenz von Borrelia burgdorferi in der Haut bedingt. Der Krankheitsverlauf ist chronisch, die Hautveränderungen entwickeln sich langsam und gehen mit persistierenden Strukturschädigungen (Atrophien) einher.
Im entzündlichen Stadium besteht eine teigige, unscharf begrenzte, livid-rote, nicht eindrückbare Schwellung, meist an der Streckseite der distalen Extremitäten inklusive Hände und Füße. In einem schleichenden Progress von mehreren Monaten wird das atrophe Stadium erreicht, welches durch Verdünnung von Epidermis und Dermis (Schwund von elastischen und kollagenen Fasern, vermehrtes Durchscheinen subkutaner Venen, fleckige Pigmentverschiebungen) gekennzeichnet ist. Die Erytheme sind im Sinne eines Irisblenden-Phänomens ausdrückbar. Für gewöhnlich sind 1–2 Extremitäten befallen, die Ausbreitung auf alle 4 Extremitäten ist möglich. Häufig besteht eine begleitende Allodynie. Halbkugelige juxtaartikuläre Knoten oder bandförmige Pseudosklerodermie kommen vor. Im Verlauf der Erkrankung kommt es bei bis zu zwei Drittel der Patienten im Ausbreitungsgebiet der Hautveränderungen zu einer (sensomotorischen) Neuropathie und Gelenkbeteiligung.
Das klinische Bild der Acrodermatitis ist wenig charakteristisch, in vielen Fällen kommt es zur Verwechslung mit chronisch venöser Insuffizienz. Ein positiver Anti-Borrelia-IgG-Antikörper-Titer ist eine Conditio sine qua non. Darüber hinaus soll die Diagnose histopathologisch verifiziert werden.
Die Diagnose einer Acrodermatitis (und des Borrelien-Lymphozytoms) bedarf in der Regel dermatologischen Spezialwissens – die Überweisung bei entsprechendem Verdacht zum Facharzt ist sinnvoll.

Therapie der Dermatoborreliosen

Doxycyclin, Amoxicillin und Cefuroxim-Axetil sind hervorragend gegen alle 3 Dermatoborreliosen wirksam. Eine orale Therapie ist in allen Fällen ausreichend (gegebenenfalls Ausnahmen bei extrakutanen Manifestationen). Die Behandlungsdauer beim Erythema migrans beträgt 2 Wochen, beim Borrelien-Lymphozytom 3 Wochen und bei der Acrodermatitis 4 Wochen. Aufgrund seiner Liquorgängigkeit (Cave: potenzielle Borrelien-Dissemination ins zentrale Nervensystem) und der zusätzlichen Wirksamkeit gegen Anaplasmen (mögliche Koinfektion) ist Doxycyclin zu bevorzugen. Das phototoxische Potenzial ist zu berücksichtigen. Bei Schwangeren und bis zum 8. Lebensjahr ist Doxycyclin kontraindiziert. Das Erythema migrans heilt nahezu ausnahmslos rasch und komplett ab. Beim Borrelien-Lymphozytom dauert dies Wochen bis Monate. Bei der Acrodermatitis bleiben residuale Schädigungen (Atrophien) zurück, wenn nicht sofort im akuten Stadium behandelt wird. Begleitende neuropathische Beschwerden können monatelang bestehen bleiben.

 

FACT BOX LYME-BORRELIOSE

  • Antikörperbestimmungen beim Erythema migrans sind weder vor Therapie noch zur Kontrolle der Effektivität derselben angezeigt.
  • Die Möglichkeit einer Acrodermatitis chronica atrophicans sollte bei livid-roten Veränderungen an den Extremitäten mit oder ohne Schwellung oder Atrophie in Erwägung gezogen werden.
  • Orales Doxycyclin ist die Therapie der Wahl für alle drei Formen der Dermatoborrelio

 

 

 

Literatur beim Verfasser