Schlafstörungen sind neben Kopfschmerzen, Schwindel und Rückenschmerzen eines der häufigsten Symptome in der Allgemeinbevölkerung. Aktuelle Zahlen einer repräsentativen österreichischen Umfrage unter Menschen zwischen 18 und 67 Jahren zeigen, dass ca. 9 % aller Befragten unter einer chronischen Insomnie, d. h. einer Schlafstörung im klinischen Sinne, leiden. Es ist in diesem Zusammenhang besorgniserregend, dass nur jede/jeder Zweite der Studienteilnehmer:innen bereits professionelle Hilfe für diese Schlafstörung in Anspruch genommen hat.
Die chronische Insomnie ist laut der aktuellen Fassung der Internationalen Klassifikation der Schlafstörungen (ICSD, 3rd Edition) als Ein- und/oder Durchschlafstörung bzw. frühmorgendliches Aufwachen mit Beeinträchtigung der Tagesbefindlichkeit an zumindest drei Tagen pro Woche und für zumindest drei Monate definiert. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang weiters, dass es grundsätzlich eine adäquate Schlafumgebung und ausreichend Zeit für den Schlaf gibt.
Besonders die beiden letzten Punkte spielen eine große Rolle, da unser Gehirn gerne mit abnehmender Intensität und Zunahme der Rottöne des Umgebungslichts auf den Schlaf vorbereitet wird. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass die meisten Erwachsenen zwischen sieben und acht Stunden Schlaf pro Nacht für eine anhaltende körperliche Gesundheit benötigen.
Schlafstörungen wie die Insomnie werden von den Betroffenen häufig zuerst selbst, z. B. in Rücksprache mit der/dem Apothek-er:in, mit rezeptfreien Substanzen wie Baldrian, Melisse, Hopfen oder Melatonin in variablen Kombinationen behandelt. Im Idealfall erfolgt bei der/dem Hausärzt:in jedoch frühzeitig eine erste explorative Schlafanamnese, die Fragen zur Dauer bis zum Einschlafen, Wachphasen während der Nacht, Tagschlafphasen, regelmäßigen Medikation und zu aktuellen körperlichen und seelischen Belastungsfaktoren beinhalten sollte. Mit einer Prävalenz von 5–10 % in der Allgemeinbevölkerung sollte die übermäßige Tagesschläfrigkeit mit ungewolltem Einschlafen (am Steuer oder während eines Meetings) einerseits von der Tagesmüdigkeit/Fatigue abgegrenzt und andererseits mit Fragebögen wie der Epworth-Schläfrigkeitsskala quantifiziert werden.
Grundsätzlich sollte einer Chronifizierung der Schlafstörung mit einer rechtzeitigen Überweisung an ein Zentrum für Schlafmedizin vorgebeugt werden, da sowohl die Insomnie als auch andere Störungen wie Schlaf-wach-Rhythmus-Störungen oder das Restless-Legs-Syndrom negative Auswirkungen auf das allgemeine Wohlbefinden haben und sich eine Therapieresistenz einstellen kann. Im Schlaflabor selbst werden mithilfe entsprechender Messung der Körperfunktionen (EEG, EKG, Atmung, Muskelaktivität im Schlaf) und Video-Überwachung des Verhaltens im Schlaf Erkrankungen wie die Schlafapnoe ausgeschlossen oder bestätigt und die Schlafdauer und -tiefe objektiv dargestellt. Letzteres trägt gerade im Falle der paradoxen Insomnie („Schlaffehlwahrnehmung“) zur Entkatastrophisierung bei.
Die positive und klinisch relevante Wirksamkeit macht die kognitive Verhaltenstherapie bei Insomnie zur Behandlungsmethode der ersten Wahl. In der Praxis ist die Adhärenz häufig durch die Anforderungen des Alltags (berufliche und private Termine, Sorge um Nebenwirkungen, langsamer Wirkungseintritt und daraus resultierende Frustration …) limitiert. Entscheidend für einen anhaltenden Therapieerfolg sind eine ausführliche Patientenedukation zum Thema Schlaf-wach-Regulation, eine engmaschige Kommunikation während der Phase der Schlafrestriktion und Feedback zum Gelingen der neuen Coping-Strategien wie Stimuluskontrolle und Entspannungsübungen (z. B. Biofeedback-Training und progressive Muskelrelaxation nach Jacobson).Trotz aller gemeinsamen Anstrengungen ist eine Dropout-Rate von mehr als 50 % aller Insomniepatient:innen nicht ungewöhnlich und legt gerade bei Patient:innen mit komorbiden psychiatrischen Erkrankungen eine psychosomatische Schlaf-Rehabilitation im stationären Setting nahe. Erfahrungen zeigen, dass hierdurch eine anhaltende Änderung des Lebensstils mit Verbesserung der Schlafqualität und Befindlichkeit tagsüber erreicht werden kann.
Die hohe Prävalenz von Schlafstörungen, allen voran der Insomnie, und des gut dokumentierten Bedarfs nach adäquater Betreuung von Betroffenen erfordern ein umfassendes Konzept mit Einbindung der Allgemeinmediziner:innen.