Zu den größten Neuerungen für den Alltag im Bereich Diagnostik zählt das neue Blutdruckziel < 130/80 mmHg, was sehr viele Patient:innen betrifft. Außerdem wird die Out-of-Office-Blutdruckmessung (Selbstmessung, 24-Stunden-Blutdruckmonitoring) nun grundsätzlich immer als Ergänzung zur Office-Messung empfohlen.
Bluthochdruck ist eine über weite Strecken asymptomatische Erkrankung, daher ist für die Diagnose der arteriellen Hypertonie eine valide, exakt durchgeführte, standardisierte Blutdruckmessung unumgänglich (Kasten). Man unterteilt die Hypertonie in verschiedene Schweregrade (Tab.).
Da der Blutdruck von Schlag zu Schlag, zwischen Tag und Nacht und auch jahreszeitlich schwankt, sind auf jeden Fall mehrere Messungen zur Diagnosestellung erforderlich. Nach dem Verbot der quecksilberbasierten Manometer stellen automatisierte oberarmmanschettenbasierte Geräte den Standard dar. Wichtig ist, dass eine dem Armumfang angepasste Oberarmmanschette verwendet wird und dass das Messgerät mit einem standardisierten Protokoll validiert ist (eine Liste der validierten Geräte findet sich unter: www.stridebp.org). Die in der letzten Zeit „trendige“ Blutdruckmessung mittels manschettenloser Devices (Wearables) ist für Patient:innen sicher angenehmer, aber noch nicht ausreichend überprüft, und kann (noch?) nicht für Diagnose und Therapiesteuerung herangezogen werden.
Die Blutdruckselbstmessung (Heim-Blutdruckmessung) ermöglicht die Aufzeichnung zahlreicher Blutdruckwerte im gewohnten Umfeld. Aufgrund des Fehlens eines „Weißkitteleffekts“ ist der Grenzwert zur Hypertonie niedriger als bei der Office-Messung (135/85 vs. 140/90 mmHg). Wichtig ist eine Einschulung, damit die Messungen standardisiert durchgeführt und schriftlich oder elektronisch dokumentiert werden. Die Heim-Blutdruckmessung soll über 7 Tage mit zweifacher Morgen- und Abendmessung (im Abstand von 1 Minute) vor einem Ordinationsbesuch durchgeführt werden. Der durchschnittliche Blutdruck wird unter Weglassen des ersten Tages errechnet.
Das ambulante 24-Stunden-Blutdruckmonitoring ermöglicht die Erhebung zahlreicher Messwerte tagsüber und während der Schlafenszeit in der gewohnten Umgebung eines Menschen. Besondere prognostische Aussagen lassen sich aufgrund der Höhe des nächtlichen Blutdrucks treffen, dieser ist normalerweise niedriger als am Tag (Grenzwert: Nacht 120/70 vs. Tag 135/85 mmHg; Durchschnitt: 130/80 mmHg). Ambulantes Blutdruckmonitoring soll auf jeden Fall genutzt werden, wenn der Verdacht auf eine resistente Hypertonie besteht.
Von Weißkittelhochdruck spricht man bei unbehandelten Personen, wenn der Blutdruck bei der Office-Messung erhöht, bei der Out-of-Office-Messung aber normal ist. Der Blutdruckunterschied wird als „Weißkitteleffekt“ bezeichnet und ist eine Alarmreaktion auf Ärzt:innen oder in einem geringeren Ausmaß auf das Pflegepersonal. Weißkittelhochdruck und Weißkitteleffekt (bei behandelten Patient:innen) ist häufig anzutreffen, besonders in höherem Alter und bei Frauen. Personen mit Weißkittelhochdruck weisen mehr kardiovaskuläre Risikofaktoren, häufiger hypertensive Endorganschäden und auch eine schlechtere Langzeitprognose als echte Normotoniker:innen auf, es kommt auch häufiger zur Progression zur echten Hypertonie und zum Diabetes. Therapeutisch sind Lebensstilmaßnahmen erforderlich. Eine medikamentöse antihypertensive Therapie kann beim Vorliegen von hypertensiven Organschäden und bei hohem kardiovaskulärem Risiko überlegt werden.
Von maskierter Hypertonie spricht man bei unbehandelten Personen, wenn der Blutdruck bei der Office-Messung normal, bei der Out-of-Office-Messung aber erhöht ist. Bei behandelten Personen nennt man die entsprechende Situation „maskierte unkontrollierte Hypertonie“. Maskierte Hypertonie findet man bei etwa 15 % der Personen mit normalem Office-Blutdruck, häufiger bei jüngeren Personen, Männern, Raucher:innen, jenen mit höherem Ausmaß an körperlicher Aktivität, Stress im Beruf und Alkoholkonsum. Häufig ist besonders der nächtliche Blutdruck erhöht. Maskierte Hypertonie ist mit hypertensiven Organschäden sowie einer schlechteren Prognose als normaler Blutdruck assoziiert. Das kardiovaskuläre Risiko liegt im Bereich der echten Hypertonie. Therapeutisch sind Lebensstilmaßnahmen erforderlich. Eine medikamentöse antihypertensive Therapie kann beim Vorliegen von hypertensiven Organschäden und bei hohem kardiovaskulärem Risiko überlegt werden.
Hypertonie ist häufig mit anderen kardiovaskulären Risikofaktoren assoziiert, insbesondere Dyslipidämie, eingeschränkter Glukosetoleranz und Diabetes mellitus. Spezielle Risikosituationen bei Frauen sind hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft und deren Folgen sowie das frühe Einsetzen der Menopause. Bei Vorliegen von hypertensiven Organschäden (an Herz, Nieren, Gefäßen, Augenhintergrund und Zentralnervensystem) und insbesondere bei schon manifester kardiovaskulärer oder renaler Erkrankung ist das kardiovaskuläre Risiko hoch oder sehr hoch. Diabetes mellitus ist ein besonders wichtiger additiver Risikofaktor, der fast immer mit hohem oder sehr hohem kardiovaskulärem Risiko einhergeht.