Der Winter mit Doppel- und Tripleinfektionen von SARS-CoV-2, Influenza und RSV liegt bereits hinter uns; alles, was jetzt kommt, kann ja nicht mehr so arg sein. Vielerorts schlossen die großen Impfstraßen, das Impfen wurde Routine, die Nachfrage sinkt. Auf ORF.at finden sich erste Berichte über PCR-Tests in Apotheken als Ladenhüter, trotz nach wie vor bestehender Meldepflicht – es kümmert einfach wenig, seit die Quarantäne „eh“ in eine Verkehrsbeschränkung umgewandelt wurde. Millionen Impfdosen in Österreich laufen irgendwann zwischen jetzt und Juni ab, und ganz gebannt warteten alle Menschen und die Medien auf die endgültige Meldung „Maske ab“, lustigerweise, um zwischendurch gleich noch medial zu diskutieren, ob „Maske oben“ wieder ein Verstoß gegen das Vermummungsgesetz sei – ein weiterer Beitrag zur medialen Inkongruenz und damit zur Verunsicherung der Bevölkerung.
Im Hintergrund lehnt die EMA die Zulassung von Molnupiravir mangels ausreichend guter Wirksamkeitsdaten ab, der eine oder andere Impfstoff wird für Booster-Impfungen zugelassen oder aber die Lagerungsfähigkeit diverser Impfstoffe verlängert. Auf der Seite des ECDC stehen 4 Omikron-Varianten als „variants of concern“ einer Liste von 54 „deescalated variants“ gegenüber (Liste vom 23. März 2023). Klar gibt es nach drei Jahren Pandemie auch in Österreich systemische „lessons learned“ (or not) und eine Awareness für diverse Berufsgruppen und ihre Probleme im Gesundheitssystem hat sich entwickelt (vom Mangel in der 24-h-Betreuung über den Mangel diverser Gesundheitsberufe bis hin zu den Problemen in der Allgemeinmedizin). Schlagwörter wie „Sicherung der Bevölkerungsversorgung“ oder „Stärkung der Primärversorgung“ sind nicht mehr nur leise Äußerungen gegenüber der Politik, sondern wurden zu lautstarken Postulaten derselben.
Als ÖGAM interessieren uns diese Entwicklungen – aus systemischer wie eigenberuflicher Sicht. Doch wie sehr interessieren sich unsere Kolleg:innen in der Niederlassung dafür? Wie sehr können sie sich dafür interessieren? Für viele von uns wurde aus der Pandemie bereits ein „Ende-nie“. Jede:r von uns erträgt das auf eigene Weise. Der Mangel an Pflegekräften und Personal (auch im Bereich der hausärztlichen PV) lässt viele glauben, dass wir ungebremst auf eine Wand zufahren und, wenn wir bremsen, erst dahinter zu stehen kommen. Zuviel Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, bietet aber der arbeitsreiche Alltag auch nicht. Ein bisschen Hoffnung wurde geweckt, als Anfang März eine Pressekonferenz mit maßgeblichen Neuigkeiten für die Primärversorgung angekündigt wurde. Die Aufstockung der Primärversorgungseinheiten auf das Dreifache und dafür das Budget von € 100 Mio. hat positiven Klang. Geht man jedoch davon aus, dass diese Erhöhung an PVE grob überschlagen dann in etwa 12–15 % der Gesamtbevölkerung versorgen könnte und im restlichen System, wenn es so bleibt, wie es ist, die Probleme trotzdem dieselben bleiben, erscheint diese Meldung leider als wenig „revolutionär“ – selbst wenn ein paar Ideen der Novelle zum Primärversorgungsgesetz durchaus Potenzial bieten. Sie könnten die Attraktivität für junge Allgemeinmediziner:innen steigern und auch die Gründung von PVE tatsächlich erleichtern. Die Diskussionen und Konzeptentwicklungen zur Rettung der Gesamtsituation werden so aber „Ende-nie“ weiterlaufen müssen.
Bei der Klausurtagung in St. Gilgen Anfang März hat die ÖGAM sich daher intensiv Gedanken dazu gemacht, wie man eine sanfte Systemänderung erreichen könnte, um letzten Endes eine „Primärversorgung für alle“ im solidarischen System zu erreichen – die endgültige Lösung zu dieser „Ende-nie“-Diskussion haben wir nicht gefunden, jedoch konstruktiv Ideen dazu entwickelt. Denn zumindest nach den letzten drei Jahren und mit einer sich rasch zuspitzenden Verschlechterung der Versorgung im Gesundheitssystem braucht es hier bald einen Wechsel von „Ende-nie“ auf „Ende-doch“. Wir hoffen, bald auch konkret davon berichten zu können.