Osteoporose reduziert nicht nur die Lebensqualität der betroffenen Patienten, sie erhöht auch die Mortalität: 2010 wurden EU-weit 43.000 Todesfälle aufgrund von Frakturen gezählt, etwa 50 % aufgrund von hüftgelenknahen und 28 % aufgrund vertebraler Frakturen. Risikofaktoren sind neben der Knochenmineraldichte Alter, weibliches Geschlecht, die Genetik, einige chronische Krankheiten und Medikamente. Als osteoporotische Hauptfrakturen („major osteoporotic fracture“, MOF) gelten Wirbel-, Rippen-, Hüft-, proximale Humerus- und distale Unterarmfrakturen. Die erste osteoporotische Hauptfraktur oder sogenannte Sentinel- oder Indexfraktur bedingt ein hohes Risiko für weitere Frakturen. Ein sehr hohes Frakturrisiko besteht in den ersten 12 Monaten nach einer Sentinelfraktur sowie nach mehrfachen Frakturen, bei Frakturen unter antiresorptiver Osteoporosetherapie oder unter einer Langzeit-Glukokortikoid-Therapie.
Zur Osteoporoseprävention und als Basis einer Osteoporosetherapie zählen Lebensstilfaktoren wie körperliches Training, die Ernährung, der Verzicht auf Nikotin und übermäßigen Alkoholgenuss.
Trainingsformen mit Gewichtsbelastung wie Gehen, Laufen, Springen und Krafttraining für alle großen Muskelgruppen haben einen positiven Effekt auf die Knochenmineraldichte. Ein multimodales Programm mit den Zielen Beweglichkeit, Koordination, Kraft und Körperbalance reduziert das Sturz- und Frakturrisiko. Die Sturz- und Sarkopenieprävention ist vor allem für das ältere Patientenklientel von großer Bedeutung.
Die Ernährung sollte basische Kost bevorzugen und den täglichen Protein- und Kalziumbedarf decken. Sowohl ein BMI („body mass index“) von weniger als 20 kg/m2 als auch ein BMI von über 30 kg/m2 erhöhen das Frakturrisiko. Der tägliche Proteinbedarf beträgt etwa 1 g pro Kilogramm Körpergewicht.
Basis jeglicher Therapie muss die Optimierung des Kalzium- und des Vitamin-D-Status sein. Die tägliche Kalziumzufuhr von 500 mg soll nicht unterschritten werden. Für Osteoporosepatienten soll eine tägliche Kalziumaufnahme von 1.000 bis 1.200 mg durch die Ernährung oder durch eine Supplementation gewährleistet sein. Da Vitamin D für die Resorption von Kalzium aus dem Darm essenziell ist und meist nicht ausreichend durch die Haut synthetisiert oder mit der Nahrung auf-genommen wird, muss es in Abhängigkeit des Serum-25-Hydroxyvitamin-D-Spiegels supplementiert werden, in der Regel 800 bis maximal 2.000 IE pro Tag.
Zur Therapie der Osteoporose stehen ausreichend Medikamente zur Verfügung. Zu den antiresorptiven Therapeutika zählen die Bisphosphonate, die sowohl oral als auch intravenös verabreicht werden können, Denosumab, ein SERM (selektiver Östrogenrezeptor-Modulator) und die MHT (menopausale Hormontherapie).
Zu den anabolen Therapeutika, den knochenaufbauenden Medikamenten, zählen Teriparatid und Romosozumab.
Die Tatsache, dass das durchschnittliche Lebenszeitrisiko, eine osteoporotische Hauptfraktur zu erleiden, für eine 50-jährige Frau bei 50 % und das entsprechende Risiko für einen Mann bei 22 % liegt, erfordert ein Umdenken im Management der Osteoporose. Ein T-Score von ≤ –2,5 in der Lendenwirbelsäule oder dem proximalen Femur trägt zu einem erhöhten Frakturrisiko bei. Jedoch treten erste Fragilitätsfrakturen mehrheitlich bei höheren T-Score-Werten auf und erhöhen das Risiko für weitere Frakturen. Im ersten bis zweiten Jahr nach einer sogenannten Index- oder Sentinelfraktur steigt das Risiko für Folgefrakturen akut und bleibt danach erhöht. Dieses hohe Frakturrisiko gemeinsam mit der Gefahr, nach mehreren Folgefrakturen körperliche Einschränkungen zu erleiden, muss adäquat und frühzeitig behandelt werden.
Eine medikamentöse Osteoporosetherapie muss nach Abwägung aller Risikofaktoren so früh wie möglich eingeleitet werden. Ein sofortiger Therapiebeginn mit einem Anabolikum kann ein erhöhtes Frakturrisiko im Vergleich zu einer antiresorptiven Therapie wesentlich effizienter reduzieren und somit viel Leid und Kosten ersparen.
Nach derzeitigem Wissensstand sollte sich die medikamentöse Therapie der Osteoporose nach dem Schweregrad beziehungsweise der Höhe des Frakturrisikos richten. Die Tabelle zeigt einen möglichen Algorithmus zur Osteoporosetherapie bei geringem, hohem oder sehr hohem Frakturrisiko.
Für die Erhebung des Frakturrisikos sind die Frakturanamnese beziehungsweise bei Wirbelfrakturen das BWS- und LWS-Röntgen sowie ein Risikoscore wie beispielweise FRAX mit und ohne Knochenmineraldichte ausschlaggebend. Mit Sicherheit kann angenommen werden, dass eine postmenopausale Frau nach mehreren MOF in kurzer Vergangenheit, insbesondere wenn Wirbel- oder proximale Femurfrakturen eingeschlossen sind, ein T-Score von ≤ –2,5 vorliegt und das Zehnjahresrisiko für MOF deutlich über 20 % beträgt, ein immanentes Risiko für weitere Frakturen und damit für eine permanente Beeinträchtigung im Alltag hat. Diese Patientin muss frühzeitig eine medikamentöse – im Idealfall anabole – Osteoporosetherapie erhalten.