Durchbruch in der Therapie

Adipositas ist eine chronische Erkrankung, die mit einer Vielzahl an Begleiterkrankungen und einer erhöhten Mortalität einhergeht.
Die Ziele der Adipositastherapie sind neben der Gewichtsreduktion die Steigerung des Wohlbefindens und der Lebensqualität, die Reduktion assoziierter Begleiterkrankungen sowie die Verminderung der vorzeitigen Arbeitsunfähigkeit, um schlussendlich auch die mit der Erkrankung einhergehenden Kosten zu senken.
Leider wird die Gewichtsreduktion durch physiologische Gegenregulationen erschwert, die darauf abzielen, das Ausgangsgewicht beizubehalten, sodass trotz größter Anstrengung die notwendige Gewichtsreduktion oft nicht erreicht oder das erreichte Gewicht langfristig nicht gehalten werden kann. Dabei kommt es unter anderem zu einer Reduktion der Sättigungshormone, einem Anstieg der Hungerhormone, einem verstärkten Verlangen nach Essen, insbesondere nach hochkalorischen Nahrungsmitteln, und einer Reduktion des Grundumsatzes.

Dauerhaftes Management erforderlich

Als chronische Erkrankung benötigt Adipositas ein dauerhaftes Management. Die Basistherapie stellt die Lebensstilmodifikation mit Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie dar. Ab einem BMI ≥ 30 kg/m2 bzw. einem BMI ≥ 27 kg/m2 mit mindestens einer gewichtsassoziierten Begleiterkrankung kann der Einsatz einer Pharmakotherapie evaluiert werden. Zur Therapie der Adipositas sind neben Orlistat und Bupropion/Naltrexon aus der Gruppe der Inkretinmimetika aktuell die GLP-1-Rezeptoragonisten (RA) Liraglutid und Semaglutid sowie der duale GIP/GLP-1-RA Tirzepatid zugelassen. Nach 12 Wochen sollte der Therapieerfolg evaluiert werden, wobei eine Gewichtsreduktion von > 5 % des Ausgangsgewichtes als erfolgreiches Ansprechen gewertet wird. Barrieren in der Pharmakotherapie der Adipositas sind unter anderem die fehlende Erstattung durch die Krankenkassen und die damit anfallenden hohen Therapiekosten für die Patient:innen sowie aktuelle Lieferengpässe.

Inkretinmimetika bei Adipositas

Die Inkretinmimetika stellen aktuell die vielversprechendste Therapieoption bei Adipositas dar. Zu den Inkretinhormonen zählen GLP-1 und GIP, die eine Vielzahl an günstigen metabolischen Effekten vermitteln (Abb.).

Abb.: Effekte von GLP-1 und GIP

Während beide Hormone die Insulinsekretion stimulieren, wird die Glukagonsekretion durch GIP stimuliert und durch GLP-1 gehemmt. GLP-1 und GIP führen zentral zu einer Verringerung des Appetites und der Nahrungsaufnahme. GLP-1 verzögert die Magenentleerung, was zu einem vorzeitigen Sättigungseintritt beiträgt. GIP hingegen wirkt günstig auf den Lipidstoffwechsel, führt zur Reduktion der Triglyzeride und der ektopen Lipideinlagerung in Leber, Skelettmuskel, Herz und Pankreas.

Inkretinmimetika führen damit nicht nur zur Gewichtsreduktion und Blutzuckeroptimierung, sondern ermöglichen nebenbei eine günstige Beeinflussung assoziierter Begleiterkrankungen, wie beispielsweise Fettlebererkrankungen, Herzinsuffizienz oder obstruktives Schlafapnoesyndrom. Semaglutid konnte bereits eine Reduktion des kardiovaskulären Risikos bei Patient:innen mit Adipositas und kardiovaskulärem Ereignis in der Anamnese zeigen.

Liraglutid. Liraglutid muss einmal täglich subkutan appliziert werden. Die Startdosis beträgt 0,6 mg. Die Dosissteigerung erfolgt wöchentlich um 0,6 mg auf eine Zieldosis von 3,0 mg täglich. Im SCALE Obesity and Prediabetes Trial konnte bei Menschen mit Übergewicht und Adipositas ein signifikanter Gewichtsverlust von 8 % erreicht werden.

Semaglutid. Semaglutid wird aufgrund der längeren Halbwertszeit nur einmal wöchentlich subkutan verabreicht. Die Startdosis beträgt 0,25 mg einmal wöchentlich. Die Dosissteigerung erfolgt monatlich auf eine Zieldosis von 2,4 mg. Im Rahmen der STEP-1-Studie konnte ein signifikanter Gewichtsverlust von 14,9 % erreicht werden.

Tirzepatid. Tirzepatid muss ebenfalls nur einmal wöchentlich subkutan verabreicht werden. Die Startdosis beträgt 2,5 mg. Die Dosissteigerung erfolgt monatlich auf eine Erhaltungsdosis von 5 mg, 10 mg oder 15 mg. In der SURMOUNT-1-Studie konnte eine Gewichtsreduktion von 20,9 % erreicht werden.Inkretinmimetika weisen ein günstiges Nebenwirkungs- und Sicherheitsprofil auf. Am häufigsten sind gastrointestinale Nebenwirkungen, vor allem Übelkeit, die zumeist nur transient innerhalb der ersten Wochen nach Therapiebeginn auftreten. Leider konnte auch gezeigt werden, dass es nach Absetzen der Inkretinmimetika sehr rasch wieder zur Gewichtszunahme sowie zum Rückgang der kardiometabolischen Risikofaktoren auf den Ausgangswert kommt. Dies zeigt einmal mehr, dass Adipositas eine chronische Erkrankung ist, die eine kontinuierliche Therapie erforderlich macht.

Fazit und Ausblick

Inkretinmimetika sind hochwirksame Therapien, die neben einer ausgeprägten Gewichtsreduktion viele weitere günstige kardiometabolische Effekte mit sich bringen. Damit einhergehend können assoziierte Komorbiditäten mitbehandelt werden. In Zukunft werden wir über weitere, noch potentere duale und Triple-Agonisten verfügen, welche die Therapie wie auch die Prävention kardiometabolischer Erkrankungen weiter revolutionieren werden.