Eckpunkte für ein integratives Schmerzmanagement

Schmerzen nach Operationen wirken sich – wenn sie unbehandelt bleiben – negativ auf die postoperative Erholung, das Operationsergebnis und die Langzeit-Rehabilitation aus. Die postoperative Schmerztherapie wird deshalb zunehmend als Bestandteil eines Gesamtkonzeptes zur Förderung der perioperativen Erholung und der Prophylaxe von Komplikationen gesehen. Die aktuelle S3-Leitlinie „Behandlung akuter perioperativer posttraumatischer Schmerzen“ wurde in Kooperation mehrerer deutscher Fachgesellschaften erstellt.

Schmerzanamnese

Die Schmerzanamnese bildet die Basis eines adäquaten Schmerzmanagements und muss integraler Bestandteil einer allgemeinen klinischen Anamnese sein. Dabei sollen Patient:innen beim Erstkontakt nach aktuellen Schmerzen (Intensität, Beginn, Lokalisation, auslösende/verstärkende Faktoren etc.) sowie nach einem aktuellen oder früheren Gebrauch von Schmerzmedikamenten (inklusive deren Wirksamkeit und Verträglichkeit, Missbrauch etc.) gefragt werden. Die Schmerzerfassung sollte mit einem zielgruppenspezifischen und möglichst validierten Instrument erfolgen, das auch bei der Verlaufserfassung von Schmerz wieder verwendet wird.
Die Häufigkeit der Schmerzerfassung wird u. a. auf die Schmerzintensität abgestimmt und soll innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Operation engmaschig (etwa alle 2 Stunden nach einem größeren chirurgischen Eingriff) erfolgen.
Die Einschätzung der Schmerzintensität soll bei Erwachsenen durch die Patient:innen selbst erfolgen und sowohl Ruhe- als auch Belastungsschmerz berücksichtigen. Zusätzlich kann das Ausmaß der Schmerzlinderung erfasst werden, um die Effekte einzelner Interventionen beurteilen und vergleichen zu können. Auch Kinder sollen ihre Schmerzen nach Möglichkeit selbst einschätzen. Ist dies nicht möglich, sollen Verhaltensmerkmale (Gesichtsausdruck, Weinen, Körperhaltung etc.) als Indikatoren für Schmerz berücksichtigt werden.

Ziel der Schmerztherapie

Ziel der postoperativen Schmerztherapie ist nicht Schmerzfreiheit, sondern eine möglichst geringe Beeinträchtigung relevanter postoperativer Funktionen (Atmung, Schlaf etc.) sowie die subjektive Erträglichkeit der Schmerzen. Dies soll einerseits der physiologischen Warnfunktion akuter Schmerzen gerecht werden, andererseits einer Überversorgung vorbeugen.
Handlungsbedarf besteht, wenn Patient:innen eine Verbesserung der Schmerztherapie wünschen und/oder wenn relevante postoperative Funktionen schmerzbedingt beeinträchtigt sind.

Patient:innen aktiv einbeziehen

Das Wissen über den postoperativen Schmerzverlauf und die Möglichkeiten seiner Beeinflussung erhöht die Toleranz für die Schmerzen; individuell angepasste präoperative Informationen und Schulungen verbessern das Patient:innenwissen über die Behandlungsoptionen möglicher postoperativer Schmerzen. Deshalb sollen alle Patient:innen bereits präoperativ adäquate Informationen und Handlungsanleitungen erhalten und aktiv in das perioperative Schmerzmanagement eingebunden werden. Dabei soll neben den kognitiven Fähigkeiten auch der psychische Zustand berücksichtigt werden. Auch vor der anstehenden Entlassung soll nochmals ausreichend über den weiteren Heilungsverlauf sowie zur Einnahme von Schmerzmitteln oder andere infrage kommende Maßnahmen informiert werden.