Eigentlich sollte das, was nun verhandelt wurde zwischen Regierung, Ländern, Gemeinden, Krankenversicherungen und Ärztekammer, eine gute Lösung sein – doch alle jammern irgendwie.
Nach anfänglichen Streitereien hielt sich die Ärztekammer zuletzt öffentlich mit Kritik und Äußerungen zurück. Das dürfte sich nun doch teilweise ausgezahlt haben. Kurz vor dem Ende der Verhandlungen wurden doch noch Abstriche zugunsten der Ärztekammer gemacht. So soll die zuletzt auch von Patientenvertreter:innen kritisierte Wirkstoffverschreibung doch nicht kommen. Auch die geplanten Einschränkungen bei der Gesamtvertragshoheit der Ärzte fallen weg.
Dafür sollen sich Ärztevertreter:innen nicht mehr gegen Stellenpläne und die Schaffung neuer Ambulatorien sperren können. Auch das führte zu heftigen Protesten der Kammervertreter:innen. Änderungen gibt es zudem noch beim Bewertungsboard für teure neue Medikamente in Spitälern. Hier wurde die personelle Besetzung verändert. Es sollen mehr Expert:innen als ursprünglich geplant vertreten sein. Ein entsprechendes Gremium dafür soll ähnlich dem Obersten Sanitätsrat im Ministerium angesiedelt und vom Minister bestellt werden. „Das Bewertungsboard bewertet keine individuellen Krankheitsfälle, sondern evaluiert nach sachlichen und wissenschaftlichen Kriterien den Einsatz eines neuen Medikaments“, erklärt Gesundheitsminister Johannes Rauch. Es hat auch nur empfehlenden Charakter. Eine forcierte Digitalisierung und Neuerungen in den Bereichen Gesundheitsförderung, Impfen, Medikamentenversorgung und nicht zuletzt in der Pflege gehören ebenfalls dazu.
„Ab dem Zeitpunkt, an dem wir eingebunden wurden, fanden die Gespräche mit der Politik in konstruktiver und zielorientierter Atmosphäre statt“, fasst MR Dr. Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, den Verhandlungsmarathon zusammen. Mit dem Ergebnis könne man weitgehend zufrieden sein, alle Beteiligten hätten gemeinsam ein Paket zustande gebracht, das die gröbsten Fehlentwicklungen verhindern wird. „Dieser Kompromiss ist aus unserer Sicht völlig zurecht und im Sinne der Versorgung unserer Patientinnen und Patienten zustande gekommen“, lautet das Urteil von Dr. Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzt:innen. Aufgrund des Verhandlungsergebnisses sei eine Beendigung des Gesamtvertrages vom Tisch, unterstrich Wutscher. Bei den ärztlichen Stellenplänen und vor allem bei den Ambulatorien gebe es aber noch Gesprächsbedarf, hier sei die Bedrohung vor allem für Großstädte noch lange nicht vom Tisch. „Wir warnen weiterhin vor Entwicklungen wie in Deutschland, wo internationale gewinnorientierte Konzerne durch die Gründung von medizinischen Einrichtungen die Existenz der unabhängigen, freien Ärzt:innen, die zum Wohle der Bürger:innen tätig sind, massiv in Frage stellen“, erklärte Steinhart.
Zufrieden gibt sich auch ÖGK-Obmann Andreas Huss: „In den Zielsteuerungsgremien wird festgelegt, wie und wie viele Krankenhäuser, Ambulanzen, Kassenärzt:innen, andere Gesundheitsberufe und Primärversorgungseinheiten, Ambulatorien und eigene Einrichtungen der Sozialversicherung auf das jeweilige Bundesland verteilt werden sollen. Diese Festlegungen werden im regionalen Strukturplan verordnet und veröffentlicht und sind verbindlich, ohne Einspruchsmöglichkeiten der Ärztekammern, umzusetzen.“ Der Stellenplan der Ärztekammer verliert dadurch an Bedeutung. Darüber hinaus müssten Wahlärzt:innen in Zukunft das eCard-System, das e-Rezept und ELGA nutzen.