Von allen Leitlinien wird eine PSA-Bestimmung im Sinne der Prostatakarzinom-Früherkennung jenseits des 70.–75. Lebensjahres sehr kritisch gesehen und nicht empfohlen. Der Hintergrund für diese Empfehlung ist die hohe Prävalenz des Prostatakarzinoms in diesem Lebensalter mit der Gefahr einer Überdiagnose und nachfolgender Übertherapie im Falle einer breit eingesetzten Früherkennung. Eine PSA-Bestimmung in dieser Altersgruppe ist aber sehr wohl angezeigt, wenn klinische Symptome auf ein lokal fortgeschrittenes (zum Beispiel Hämaturie, Retention, Restharnbildung, Hydronephrose) oder metastasiertes (Müdigkeit, Schwäche, Anämie, Knochenschmerzen) Tumorstadium hinweisen können.
Diese Frage muss mit JA beantwortet werden. Eine Vielzahl von Studien konnte zeigen, dass etwa zwei Drittel der geriatrischen Patienten nach einer Intervention an der Prostata – zumindest mittelfristig – vom Dauerkatheter befreit werden können. Kritisch muss die Indikation bei kognitiv stark beeinträchtigten Patienten beziehungsweise bei denen mit einer sehr langen (> 1 Jahr) Katheterliegedauer (Möglichkeit einer Schrumpfblase) gesehen werden.
Ist der Patient narkosetauglich, sollte eine transurethrale Elektroresektion (oder ein anderes ablatives Verfahren) angestrebt werden. Ist der Patient nicht narkosetauglich, dann ist zum Beispiel eine Wasserdampfablation oder Prostataembolisation als alternatives Verfahren denkbar. Die Rolle einer urodynamischen Untersuchung vor einer Intervention an der Prostata bei geriatrischen Patienten wird kontroversiell diskutiert.
Hier gibt es keine absoluten Grenzwert. Man weiß allerdings, dass ab einem Restharnvolumen > 100 ml die damit assoziierten Komplikationen wie Harnwegsinfekte, Hämaturien und Blasensteine gehäuft auftreten. Treten keine restharnassoziierten Komplikationen auf und ist der Patient subjektiv weitgehend beschwerdefrei (keine Überlaufinkontinenz), so sind auch Restharnmengen jenseits der 100 ml akzeptabel. In diesem Fall sind engmaschige sonografische Restharnkontrollen angezeigt. Entwickelt der Patient jedoch eine (in der Regel asymptomatische) Hydronephrose oder eine Nierenfunktionsbeeinträchtigung, dann ist eine Intervention auf jeden Fall notwendig.
Diese Frage muss klar mit NEIN beantwortet werden. Nahezu jeder Harnblasenurin ist bei einem liegenden Dauerkatheter infiziert/kontaminiert, wobei es irrelevant ist, ob dieser transurethral oder suprapubisch liegt. Eine antibiotische (und Antibiogramm gerechte) Therapie ist nur bei einem symptomatischen Harnwegsinfekt (Schmerzen, Hämaturie, Fieber) angezeigt. 2–3 Tage nach dem Beginn der konkordanten antibiotischen Therapie sollte der Dauerkatheter gewechselt werden, um den kontaminierten Biofilm am Katheter zu entfernen. Ein Dauerkatheter sollte – unabhängig vom Vorliegen eines Harnwegsinfektes – alle 4–6 Wochen gewechselt werden.
Die wichtigste prophylaktische Maßnahme gegen wiederkehrende katheterassoziierte Infekte ist eine ausreichende Diurese; weitere mögliche prophylaktische Maßnahmen sind die Ansäuerung des Urins, Blasenspülungen, Impfungen und eine niederdosierte Infektprophylaxe.
Die überaktive Harnblase, welche durch häufigen Harndrang und eine erhöhte Miktionsfrequenz tagsüber sowie nachts charakterisiert ist (in 30 % der Fälle besteht zusätzlich eine Harndranginkontinenz), stellt eine der häufigsten urologischen Erkrankungen im Alter dar. Jenseits des 70. Lebensjahres ist ⅓ der Menschen – unabhängig vom Geschlecht – betroffen.
Die medikamentöse Standardtherapie sind Antimuskarinika und bei der Frau zusätzlich eine topische Östrogentherapie. Die nur moderate therapeutische Effizienz gepaart mit der relevanten Nebenwirkungsrate führt zu einer sehr hohen Therapieabbruchrate. Wegen der möglichen ZNS-Nebenwirkungen von Antimuskarinika sollten jene mit hoher ZNS-Gängigkeit (vor allem Oxybutynin) vermieden werden.
Als Alternative bietet sich Mirabegron an, welches β3-Adrenorezeptoren in der Harnblase stimuliert und damit die Relaxation des Detrusors fördert. Diese Präparate weisen eine vergleichbare (moderate) Effizienz wie Antimuskarinika auf – mit dem Vorteil des Vermeidens der typischen antimuskarinen Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Obstipation, Akkommodationsstörungen und ZNS-Nebenwirkungen. Starke Inhibitoren von CYP3A wie Itraconazol, Ketoconazol, Ritonavir oder Clarithromycin erhöhen die Konzentration von Mirabegron. Bei der Einnahme von CYP3A-Inhibitoren muss bei leichter Leber- oder Niereninsuffizienz die Dosierung von Mirabegron auf 25 mg reduziert werden; bei mäßiger oder schwerer Nieren- oder Leberinsuffizienz ist die Einnahme in Kombination mit CYP3A-Inhibitoren nicht empfohlen. Eine Kontraindikation besteht bei schlecht eingestelltem Hypertonus.
Unter Umständen kann auch eine Kombination aus Antimuskarinikum und Mirabegron versucht werden. Als Alternative bietet sich die nichtinvasive Neuromodulation mittels einer Nervus-tibialis-posterior-Stimulation an. In prospektiv randomisierten Studien zeigte sich eine vergleichbare Effizienz von einem Antimuskarinikum und der Nervus-tibialis-posterior-Stimulation.
Auch diese Frage muss mit NEIN beantwortet werden. Vor allem kleine Nierentumoren (< 3–4 cm) können ohne relevante Gefahr für den geriatrischen Patienten beobachtet werden (Konzept des Watchful Waiting). Unter Umständen sollte auch eine Biopsie der Raumforderung in Betracht gezogen werden. Zeigt sich im weiteren Verlauf ein deutliches Größenwachstum der Raumforderung, so ist eine Intervention (Nephrektomie, Nierenteilresektion, minimalinvasives Verfahren) angezeigt. Besteht ein symptomatisches Tumorstadium (Schmerzen, Makrohämaturie), so ist in der Regel eine sofortige Intervention (Nephrektomie, gegebenenfalls auch Embolisation der Arteria renalis) erforderlich.
Zunehmend wird die Bedeutung eines standardisierten geriatrischen Assessments vor allem vor größeren urologischen Eingriffen erkannt, wobei derzeit kein Fragebogen im urologischen Bereich generell akzeptiert ist. Urologische Leitlinien für geriatrische Patienten fehlen weitgehend.
Wissenswertes für die Praxis