Neben deutlichen kardioprotektiven Effekten der SGLT2i sind auch deren nephroprotektive Wirkungen bei Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz (HFrEF) mit und ohne Diabetes bekannt. Insbesondere können sie die Abnahme der glomerulären Filtrationsrate (GFR) verzögern oder sogar stabilisieren und eine bestehende Albuminurie, die einen starken kardiovaskulären Risikofaktor darstellt, reduzieren.
Kontext CKD, Diabetes und Herzinsuffizienz: Kürzlich wurden die Subgruppen-Analysen von zwei großen SGLT2i-Studien (DAPA-HF und EMPEROR-Reduced) hinsichtlich renaler und kardiovaskulärer Endpunkte unter Berücksichtigung der Nierenfunktion vorgelegt. Beide Studien hatten einen substanziellen Anteil an Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz (CKD) von 41 % bzw. 53 % eingeschlossen. Darunter fanden sich auch Patienten mit fortgeschrittenen CKD-Stadien (eGFR bis 25 bzw. 20 ml/min). In beiden Studien waren die positiven kardiovaskulären Ergebnisse der SGLT2i signifikant, sowohl bei Patienten mit als auch ohne CKD. Darüber hinaus wurde in allen Patientengruppen (nach einem erwarteten GFR-Abfall am Therapiebeginn) eine Reduktion der GFR-Abnahme beobachtet.
Diskussion und offene Fragen: Diese Daten dürfen nicht einfach auf HFrEF-Patienten übertragen werden, weshalb weitere Studien, insbesondere Langzeitstudien mit SGLT2i in diesem Patientenkollektiv, notwendig sind. Immerhin fand sich in der EMPEROR-Reduced-Studie in der Gruppe mit dem höchsten Risiko, nämlich HFrEF-Patienten mit CKD, eine Risikoreduktion auf das Niveau von HFrEF-Patienten ohne CKD; gewissermaßen so, als hätte diese Höchstrisikogruppe gar keine CKD. Eine Kausalität dieses Effekts muss jedoch noch belegt werden.
Auch wenn dezidierte Empfehlungen zur pharmakologischen Therapie bei kardiorenalen Patienten mit einer eGFR< 30 ml/min durch die ESC weitgehend fehlen (z. B. welches Medikament in welcher Sequenz, welche Dosierungen, welche Vorgangsweise bei eGFR-Schwankungen), ist die bestehende Datenlage bei HFrEF und CKD insgesamt äußerst positiv zu bewerten. Die Fähigkeit, Hospitalisierungen wegen einer Herzinsuffizienz deutlich zu reduzieren sowie renale Ereignisse und die Nierenfunktion insgesamt günstig zu beeinflussen, sprechen für den universalen Einsatz der SGLT2i bei kardiorenalen Patienten als „disease-modifying drugs“ der ersten Wahl. Betrachtet man ihren Stellenwert bei Patienten mit weit fortgeschrittener Niereninsuffizienz (CKD-Stadium > G3b) genauer, so könnte ein möglicher Algorithmus vorgeschlagen werden. Weder bei Herz- noch bei Niereninsuffizienz-Studien mit SGLT2i wurden prospektive Vergleiche der Wirksamkeit gegenüber RAS-Hemmern durchgeführt, da diese ja bislang Standardtherapie bei diesen Erkrankungen waren und deshalb SGLT2i on top verabreicht wurden.
Welches Medikament sollte nun am Beginn der Therapie eines (hypothetischen) medikamentennaiven Herzinsuffizienz-Patienten stehen, und wie sind weitere Pharmaka zu staffeln? Hierbei können zumindest zwei Faktoren berücksichtigt werden:
Erstens müssen RAS-Hemmer über mehrere Wochen hochtitriert werden. Dies ist gerade bei Patienten mit einer eGFR < 30 ml/min im klinischen Alltag nicht leicht, weil allfällige Erhöhungen des Serum-Kreatinins und/oder des Serum-Kaliums weitere Kontrollen sowie Medikamentenanpassungen nötig machen. Mit dem initialen Start einer RAS-(Renin-Angiotensin-System-)Hemmer-Therapie verliert man daher sehr wahrscheinlich wertvolle Zeit – was die aktualisierten ESC-Guidelines mit der Empfehlung einer raschen Einnahme aller vier Präparate aber gerade zu verhindern versuchen. In diesem Zusammenhang weiß man auch, dass oft die weitere (und notwendige) Hochtitration der RAS-Hemmer nicht adäquat vorangetrieben wird („clinical inertia“). Hier ist die einfache Dosierung der SGLT2i von praktischem Vorteil.
Zweitens ist die Wirkung der SGLT2i auf kardiorenale Endpunkte vermutlich stärker als jene der RAS-Blockade – bei gleichzeitig höherer Sicherheit. So treten im Gegensatz zu RAS-Hemmern z. B. signifikant weniger akute Nierenversagen auf. Auch scheinen günstige Einflüsse auf das Auftreten einer Hyperkaliämie zu bestehen, was gerade bei kardiorenalen Patienten (Hyperkaliämie-Risikopatienten!) für die weitere Implementierung z. B. einer Aldosteron-Blockade günstig ist – während RAS-Hemmer dieses Risiko jedoch weiter erhöhen.
Aus all diesen Gründen erscheint in diesem Szenario eine initiale Therapie mit einem SGLT2i neben einem Betablocker gerade bei kardiorenalen Patienten sinnvoll und effektiv zu sein.
Der nächste entscheidende Erfolg der SGLT2i offenbarte sich in der EMPEROR-Preserved-Studie, bei welcher erstmalig eine signifikante Beeinflussung eines kardiovaskulären Endpunktes bei diastolischer Herzinsuffizienz (HFpEF) durch eine pharmakologische Intervention gelang – der zusammengesetzte Endpunkt aus Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz und kardiovaskulärem Tod wurde um 21 % signifikant reduziert. Aus nephrologischer Sicht war diese Studie bedeutsam, da CKD-Patienten mit Fortschreiten ihrer Niereninsuffizienz zunehmend Charakteristika einer HFpEF entwickeln (z. B. diastolische Dysfunktion, postkapilläre Hypertension, deutlich erhöhte Inzidenz an Vorhofflimmern). Auch in dieser Studie zeigten sich die nephroprotektiven Effekte der SGLT2-Hemmung mit einer Gesamtreduktion des Unterschieds des eGFR-Abfalls. Ein SGLT2i konnte, unabhängig vom CKD-Status, Risikoreduktionen für Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz, Abnahme der eGFR, Auftreten von akutem Nierenversagen sowie Progression einer Albuminurie zeigen; am Ende der Studie war – ebenso unabhängig vom CKD-Status – in allen Patientengruppen die Nierenfunktion bei den mit SGLT2i behandelten Patienten besser. Wie auch in der EMPEROR-Reduced-Studie ist der anfängliche eGFR-Abfall durch die SGLT2-Hemmung nicht kontraproduktiv für die beobachteten klinischen Benefits.
Interessanterweise profitieren Patienten mit Herzinsuffizienz gerade von Pharmaka, die prinzipiell an der Niere angreifen und in der Regel (auch) die Nierenfunktion günstig beeinflussen.