Als Schwellenwerte zur Einleitung einer antihypertensiven Therapie wird bei Erwachsenen bis 79 Jahre ein Office-Blutdruck > 140/90 mmHg (bzw. entsprechende Out-of-Office-Werte) empfohlen, bei Menschen ab dem 80. Lebensjahr ein systolischer Blutdruck > 160 mmHg (bei biologisch Jüngeren gelten die niedrigeren Werte). Bei Patient:innen mit kardiovaskulären Erkrankungen, besonders einer koronaren Herzerkrankung, soll eine antihypertensive Therapie schon ab 130/80 mmHg begonnen werden. Für gebrechliche Patient:innen gibt es keine allgemeine Empfehlung. Das (Office-)Blutdruckziel liegt bei Menschen bis zum 64. Lebensjahr bei < 130/80 mmHg, ebenso bei biologisch jüngeren Menschen im Alter von 65 bis 79 Jahren (ansonsten bei < 140/80 mmHg), gute Verträglichkeit vorausgesetzt. Da bisher keine Therapiestudie primär auf Out-of-Office-Blutdruck-Werte fokussiert hat, muss man bezüglich der Out-of-Office-Blutdruck-Zielwerte extrapolieren. Der Zielwert < 130/80 mmHg Office-Blutdruck ist bei der Blutdruck-Selbstmessung einige wenige mmHg niedriger, ebenso im 24-Stunden-Blutdruck-Monitoring, wo er bei < 125/75 mmHg (24 Stunden Durchschnitt) liegt. Hypertoniker:innen ab dem 80. Lebensjahr haben ein Blutdruckziel von 140 bis 150 mmHg systolisch. Patient:innen mit isolierter systolischer Hypertonie ab dem 65. Lebensjahr haben ein systolisches Blutdruckziel von 140 bis 150 mmHg, bei guter Verträglichkeit 130 bis 139 mmHg. Wenn der diastolische Blutdruck schon initial < 70 mmHg liegt, soll das Blutdruckziel vorsichtig angestrebt werden. Ein Blutdruckwert < 120/70 mmHg soll nicht aktiv angestrebt werden. Eine Reduktion der Antihypertensiva ist bei Patient:innen ab dem 80. Lebensjahr und systolischem Blutdruck < 120 mmHg oder bei ausgeprägter orthostatischer Hypotension oder bei ausgeprägter Gebrechlichkeit empfehlenswert.
Menschen mit einem gesunden Lebensstil haben einen circa 4–5 mmHg niedrigeren Blutdruck im Vergleich zu Menschen mit einem ungesunden Lebensstil – unabhängig vom zugrunde liegenden genetischen Risiko. Zusätzlich führt ein gesunder Lebensstil zu einer verstärkten Wirkung des blutdrucksenkenden Effektes der medikamentösen Therapie, was eine Tablettenreduktion ermöglichen kann. Eine der am besten untersuchten Interventionen ist die Gewichtsreduktion, was in Zukunft aufgrund der neuen medikamentösen Möglichkeiten große Bedeutung haben könnte. Weiters relevant sind DASH-Diät, Salzreduktion, verstärkte Kaliumaufnahme, körperliche Aktivität und moderater Konsum von Alkohol. Andere Interventionen wie die Zufuhr von Polyphenolen, Kaffee und Tee bzw. Stressreduktion haben möglicherweise ebenfalls einen blutdrucksenkenden Effekt.
Aufgrund der Studienlage (Blutdrucksenkung und gesicherte Reduktion von Morbidität und Mortalität) empfehlen auch die aktuellen Guidelines als Standardtherapie ACE-Hemmer (ACEi), Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB), Kalziumkanalblocker (CCB), Thiazide/thiazidähnliche Diuretika (DIU) und Betablocker (BB, Tab.).
Reserveantihypertensiva sind steroidale Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten (MRA), Alpha-Blocker, zentral wirksame Antihypertensiva, Schleifendiuretika und Vasodilatatoren. Spezielle Indikationen gibt es für SGLT2-Inhibitoren, nichtsteroidale MRA und ARNI, die zum Teil ebenfalls deutlich antihypertensiv wirksam sind. Bei Verfehlen der Blutdruckzielwerte unter einer 3-fach-Kombinationstherapie soll eine resistente Hypertonie abgeklärt werden (24-Stunden-Blutdruckmonitoring durchgeführt?, Adhärenz?, sekundäre Hypertonie?) und der 3-fach-Kombination je nach Nierenfunktion Spironolakton/anderer MRA oder andere Reserveantihypertensiva hinzugefügt werden. Bei einer stark eingeschränkten Nierenfunktion (eGFR < 30 ml/min) soll Chlortalidon statt Hydrochlorothiazid als thiazidartiges Diuretikum zum Einsatz kommen, eventuell auch ein Schleifendiuretikum. Nebenwirkungen nehmen Einfluss auf die Adhärenz, daher ist eine patientenindividuelle Auswahl der Medikation in Hinblick auf Begleiterkrankungen sowie (relativen) Kontraindikationen wichtig.
Ein wichtiger pathophysiologischer Mechanismus für Hypertonie ist eine erhöhte Sympathikusaktivität. Diese kann durch katheterbasierte minimalinvasive Interventionen reduziert werden. Gut untersucht wurde in den letzten Jahren eine Sympathikusdenervierung in den Nierenarterien mittels Radiofrequenz- oder Ultraschallenergie (renale Denervierung [RDN]). Es konnte sowohl bei unbehandelten als auch bei behandelten Patient:innen eine relevante Blutdrucksenkung belegt werden. Mit Ausnahme von lokalen Komplikationen an der Punktionsstelle sind keine relevanten akuten Nebenwirkungen aufgetreten, auch Langzeitkomplikationen (Nierenarterienstenosen) treten sehr selten auf. Die Blutdrucksenkung dürfte dauerhaft sein, zumindest für 3 Jahre gibt es gute Daten. Aufgrund der Studienlage wird die RDN in den Guidelines als Behandlungsmöglichkeit empfohlen, wenn
Der Entscheidung zur RDN sollte eine ausführliche und objektive Information der Patient:innen vorausgehen. Eine RDN sollte nur in erfahrenen Zentren (Hochdruckdiplom ÖGH, European Hypertension Specialist ESH, Excellence Centre ESH) erfolgen, wodurch eine angemessene Voruntersuchung und Auswahl der Patient:innen und eine komplette Durchführung des Eingriffs gewährleistet sind.