Ernährung spielt in Gesundheit wie in Krankheit eine Rolle, so auch bei einigen rheumatischen Erkrankungen.
Die rheumatoide Arthritis (RA) gehört, wie zum Beispiel auch Asthma bronchiale, kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus, Adipositas oder Malignome, zu jenen Erkrankungen, bei denen im Körper eine chronisch schwelende Entzündung, eine so genannte „silent inflammation“ vorliegt. Diese führt zu oxidativem Stress und weiter zu endothelialer Dysfunktion und Gewebeentzündung und wird durch Umweltfaktoren (Infektionen, Umweltverschmutzung, „westlicher Lebensstil“, psychologischer Stress und eben auch Ernährung) beeinflusst. Eine Maßnahme, um dieser chronischen Entzündung entgegenzusteuern, ist die Zufuhr mehrfach ungesättigter Fettsäuren („polyunsaturated fatty acids“, PUFA) und hier vor allem des Omega-3-Anteils. So sollte das Verhältnis von Omega 6 : Omega 3 maximal 4–5 : 1 betragen. Dadurch ließ sich in Studien eine Reduktion von Entzündungsmediatoren im Serum und eine verbesserte Barrierefunktion der Darmschleimhaut erzielen. Ein hoher Prozentsatz an ungesättigten Omega-3-Fettsäuren ist zum Beispiel in Olivenöl und in (fetten) Fischen wie Lachs oder Makrele enthalten. Das erklärt – abseits von Gemüsen und Salat – die positiven Effekte der so genannten „mediterranen Diät“, die Patienten mit einem chronisch entzündlichen Zustand empfohlen wird. In einer Metaanalyse wurde der Effekt von Fischöl nicht nur auf RA, sondern auch auf Osteoarthritis (OA = Arthrosen) und andere entzündliche Gelenkerkrankungen mit hohem Evidenzgrad untersucht: Fischöle können arthritisassoziierten Schmerz reduzieren, am stärksten bei der RA; bei OA ist dieser Effekt ebenfalls zu beobachten, allerdings nicht so ausgeprägt – außer bei begleitender entzündlicher Komponente. Nicht vernachlässigen sollte man die Reduktion des bei RA bereits durch die Grundkrankheit erhöhten kardiovaskulären Risikos durch diese diätetischen Maßnahmen. In der Literatur wird betont, dass es aber nicht nur die mediterrane Diät, sondern auch der mediterrane Lebensstil ist, der für diese positiven Effekte verantwortlich zeichnet und für den Benefit unerlässlich ist.
Ein ähnlicher Effekt wie jener der PUVA wird bei RA auch dem Nachtkerzenöl zugeschrieben.
Kaffee scheint in einem Ausmaß von bis zu drei Tassen täglich ebenfalls einen protektiven Einfluss auszuüben – ebenso wie der moderate Genuss von Alkohol. So haben etwa Alkoholabstinente ein 4-fach erhöhtes Risiko, an einer RA zu erkranken.
Nikotin ist mittlerweile ein deklarierter Risikofaktor für die Entwicklung einer RA und wird von der EULAR (Europäische Gesellschaft für Rheumatologie) als der wichtigste Risikofaktor für eine RA unter allen Umweltfaktoren bezeichnet.
Unter den Spurenelementen ist es vor allem Zink, das bei RA-Patienten oft gesenkt ist. Zink kann nicht im Körper gespeichert, sondern muss regelmäßig zugeführt werden; es hat multiple Funktionen (stabilisiert Zellmembranen, ist an Immunfunktion, Zellatmung, Proteinsynthese, Wundheilung und vielem mehr, wie zum Beispiel der Bildung von > 300 Enzymen, beteiligt). Unser Immunsystem ist hyperproliferativ und deswegen sehr anfällig für eine Zinkdefizienz, die zu chronischer Entzündung prädisponiert. Zink ist zum Beispiel in Hartkäse, verschiedenen Nüssen, Haferflocken, Linsen, Mais und Meeresfrüchten (zum Beispiel in Austern) enthalten.
Seit einigen Jahren lag ein Fokus der Ernährungsforschung auf dem Mikrobiom, das mit der Pathogenese und dem Verlauf etlicher Erkrankungen in Zusammenhang stehen soll. Für die RA wird unter anderem ein Zusammenhang mit Keimen der Mundflora, vor allem Porphyromonas gingivalis postuliert. Das Mikrobiom ist durch Medikamente (zum Beispiel Antibiotika), bestimmte Nahrungsmittel, Diäten oder Ortswechsel (zum Beispiel Urlaub) leicht beeinflussbar. Probiotika haben einen nachgewiesenen vorübergehenden Effekt auf das Mikrobiom; inwiefern auch nachhaltige Beeinflussungen des Mikrobioms möglich sind, ist Gegenstand aktueller Forschung. Eine positive Beeinflussung von Arthritiden, Osteoarthritis, Osteoporose, Sarkopenie, Frailty (Gebrechlichkeit) und anderem wird postuliert.
Übergewicht per se hat einen negativen Einfluss auf Osteoarthritis (OA = Arthrosen), vor allem an den Gelenken der unteren Extremität aufgrund der übermäßigen unphysiologischen Belastung. In Studien konnte gezeigt werden, dass Gewichtsverlust durch Diät und/oder Training zu einer Abnahme proinflammatorischer Zytokine (CRP; TNFα, IL-6) und der Makrophagenanzahl führt, ein Effekt, der durch bariatrische Chirurgie imitierbar ist. Auch Fingerpolyarthrosen treten zum Beispiel häufiger bei Über- als bei Normalgewichtigen auf. Antioxidanzien wie zum Beispiel Curcumin, Avocado-Soja-Unverseifbare und Boswellia (Weihrauch) sollen sich positiv auf OA auswirken; Studien dazu sind allerdings rar – ebenso wie für Nahrungsergänzungsmittel wie Katzenkralle (Uncaria tomentosa), Präparate aus der Dreiflügelfrucht (Tripterygium wilfordii Hook) und Hopfen (Humulus lupulus) unter anderen.
Beim Fibromyalgiesyndrom (FMS) kann ebenfalls zu Gewichtskontrolle geraten werden, weil sich Übergewicht negativ auf Schmerz, Fatigue (krankheitsbedingte Müdigkeit), Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen auswirkt. Ebenso sollten FMS-Patienten bestimmte Nahrungsmittel wie zum Beispiel Excitotoxine (enthalten zum Beispiel in Glutamat, Aspartam, Cystein et cetera) meiden; aufgrund der erhöhten Rate an Gluten- und Non-Zöliakie-Gluten-Sensitivität bei diesen Patienten spricht einiges für eine glutenfreie Kost. Vegetarismus per se ist aufgrund der erhöhten Zufuhr von Antioxidanzien prinzipiell eine zu befürwortende Kostform, aber gerade auch FMS-Patientien zu empfehlen. Nicht zuletzt leiden gerade diese oft zurückgezogen lebenden Patienten häufig an einem Vitamin-D-Mangel, der substituiert werden sollte.
Patienten mit Psoriasisarthritis sollte zum Erreichen und Halten von Normalgewicht geraten werden, weil man mittlerweile weiß, dass gerade bei dieser Patientengruppe Übergewicht das Therapieansprechen negativ beeinflusst. Gewichtsabnahme wird bei Psoriasisarthritis in den Therapieempfehlungen der Fachgesellschaften mit dem hohen Evidenzgrad Ib empfohlen. Vitamin-D-Supplemente sind auch hier ein Muss.
Bei Osteoporose und Osteopenie ist besonders auf die ausreichende Substitution von 25-OH-Vitamin-D (800–1.000 I. E. täglich) und auf ausreichende Kalziumzufuhr (1.000 mg täglich, Kinder je nach Alter bis zu 1.200 mg täglich) zu achten. Kalzium ist in tierischen Nahrungsmitteln, wie zum Beispiel Milch und Milchprodukten (unabhängig vom Fettgehalt), besser verfügbar als in pflanzlichen Quellen. Alternative zu Kalzium in der Nahrung oder in Tablettenform ist die Zufuhr über kalziumreiche Mineralwässer. Ein ausreichend substituierter Kalzium- und Vitamin-D-Spiegel ist auch die Voraussetzung vor einer Medikation mit Bisphosphonaten oder Parathormon.
Die Kombination von Vitamin D3 mit Vitamin K2 hat sich in den letzten Jahren als positiv erwiesen, weil Vitamin K2 die positiven Effekte von Vitamin D unterstützt, indem es von Vitamin D aktivierte Proteine besser verfügbar macht.
Gicht und Hyperurikämie
Gicht- und Hyperurikämie-Patienten profitieren definitiv von einer Diätoptimierung und können dadurch eine Senkung des Harnsäure-(HS-)Spiegels von bis zu 1,2 mg/dl beziehungsweise circa 18 % erreichen. Gewichtszunahme führt zu einem Anstieg, Gewichtsabnahme zu einem Abfall des HS-Spiegels. Der Arbeitskreis für Osteoarthritis und Kristallarthropathien der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation (ÖGR) hat 2014 Ernährungsempfehlungen – unter Angabe von Literatur und Evidenz – für Ärzte und Patienten verfasst. Diese sind mittlerweile in 11 Sprachen übersetzt und sowohl als Hard Copy in Form eines Abrissblocks kostenfrei erhältlich als auch über die ÖGR-Website downloadbar. Generell sollte Normalgewicht (langsam, das heißt maximal 1–2 kg/Monat) angestrebt und gehalten werden; ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist essenziell. Tierische purinreiche Nahrungsmittel (vor allem rotes Fleisch, Meeresfrüchte und Krustentiere) sind zu meiden, ebenso wie fruktosereiches Obst und Fruchtsäfte und Alkohol, an erster Stelle Bier, gefolgt von Spirituosen und Wein. Forciert werden sollten alle Arten von Gemüse und nicht zu süße Obstsorten (wenig Fruktose) sowie bis zu drei Tassen Kaffee täglich und Vitamin C.
Mittlerweile ist gesichert, dass kardiovaskuläres Risiko, Morbidität und Mortalität von Gichtpatienten erhöht ist; auch unter diesem Aspekt profitieren diese Patienten von einer Diätoptimierung und Körpergewichtsnormalisierung.