Die Nutrition ist der größte deutschsprachige Kongress für ernährungsmedizinische/ ernährungstherapeutische Fragestellungen und wird gemeinsam mit der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für klinische Ernährung (AKE), der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) und der Gesellschaft für klinische Ernährung der Schweiz (GESKES SSNC) veranstaltet.
Knapp 800 Teilnehmer:innen waren dieses Jahr in Vorarlberg dabei. „Die teilnehmenden Gesund-heitsexpert:innen kamen aus verschiedenen Bereichen: Ärzt:innen, Diätolog:innen, Phar-mazeut:innen, Pflegekräfte etc. – sozusagen alle, die mit dem Thema klinische Ernährung, also Ernährungstherapie im medizinischen Kontext, zu tun haben“, so Fasching. Zu dem vielseitigen Programm gehören auch Fortbildungskurse, die sich an Mediziner:innen richten und für die Fortbildungspunkte erworben werden können.
Bei der Kongresseröffnung betonte Johannes Rauch, österreichischer Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, in seinem Grußwort die wichtige Rolle von Ernährung für Prävention und Therapie und sprach der AKE seinen Dank für ihren diesbezüglichen Einsatz aus. Martina Rüscher, Landesrätin für Gesundheit, Sport und Inklusion in Vorarlberg, betonte in ihrer Eröffnungsrede, dass die in Vorarlberg lebenden Menschen die höchste Lebenserwartung von allen Österreicher:innen haben, und führte dies auf die gesunden Lebensumstände, u. a. auch auf die gesunde Ernährung und die damit einhergehende geringere Quote an übergewichtigen Personen, zurück.
Anschließend an die Eröffnung referierte Prof. Dr. Dr. h. c. Michael Roden von der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf über die Fettlebererkrankung. „Derzeit unterscheidet man bei den Begrifflichkeiten zwischen NASH (nichtalkoholische Steatohepatitis) und MASH (metabolisch assoziierte Steatohepatitis). Zukünftig soll hier die Bezeichnung MASH favorisiert werden“, fasst Fasching zusammen. Zudem betonte Roden in seinem Vortrag, dass die Ernährung bei der Behandlung von MASH eine wesentliche Rolle spielt. „Zudem können SGLT2-Hemmer und vielmehr GLP-1-Rezeptoragonisten (z. B. Semaglutide) oder duale Agonisten (z. B. Tirzepatide), also Medikamente, die eigentlich aus der Diabetologie kommen, laut aktuellen Studien bei MASH eine relevante Gewichtsreduktion auslösen und dadurch direkt und indirekt die Fettleber verbessern“, so Fasching.
Ein fixer Bestandteil des Nutrition-Kongresses sind immer auch Themen, die gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften präsentiert werden. „Diesmal haben wir uns u. a. mit der Österreichischen Diabetes Gesellschaft den neuen Kohlenhydrattabellen, welche die österreichischen Diätolog:innen entwickelt haben, gewidmet“, berichtet Fasching. Dagmar Plazek, MAS, vom Verband der Österreichischen Diätolog:innen präsentierte ein Update zu dieser Kohlenhydrat-Austauschtabelle, bei der eine Anpassung der Kohlenhydratberechnung von den inzwischen historischen BE an das international übliche System der Kohlenhydrateinheit (KE) durchgeführt wurde, wobei 1 KE 10 g Kohlenhydrate entspricht. „Diese neue Tabelle, zu der ein Manual und ein Plakat erstellt wurde, liefert eine sehr gute Orientierung“, betont Fasching.
Zum Thema Ernährung und Migration referierte Dr.in Kadriye Aydınkoç-Tuzcu, Klinik Ottakring, Wien. Sie berichtete über Gesundheitsstörungen bei Migrant:innen und widmete sich besonders dem Thema Diabetes und Migration. „Auch Fasten und Religion wurden von der Kollegin thematisiert, und es wurde darauf hingewiesen, dass gerade bei Menschen mit Diabetes Fasten, z. B. im Zuge des Ramadans, besondere Achtsamkeit, auch von Seiten der betreuenden Ärzt:innen, erfordert“, so Fasching.
Ein Überthema des Kongresses war eine überwiegend pflanzenbasierte Ernährung. „Diese dürfte in vielen Bereichen positive gesundheitliche Effekte erzeugen. Wobei es nicht gleich eine vegane oder vegetarische Ernährung sein muss, sondern man dabei von einem pflanzenbasierten Anteil von ca. 70–80 % ausgeht. Warum eine überwiegend pflanzenbasierte Ernährung gesundheitsfördernder ist als eine überwiegend tierisch basierte, ist derzeit wissenschaftlich noch unklar“, berichtet Fasching.
Ein großer Block des Kongresses befasste sich mit dem Thema „Future Food“. Prof.in Dr.in Hannelore Daniel, Technische Universität München, berichtete über neue Technologien und Produkte und führte zu Beginn aus, dass der Nahrungsbedarf einer wachsenden Weltbevölkerung nicht mit herkömmlichen Lebensmitteln erfüllt werden könne. „Es gibt auch bereits Ansätze, pflanzliches und tierisches Eiweiß in Tanks im Labor herzustellen. Zudem werden wir alternative tierische Eiweißlieferanten wie Insekten und Würmer in entsprechender Verarbeitung wohl in unserer Ernährung zukünftig brauchen. Es gibt auch bereits die Möglichkeit, tierisches Eiweiß ohne Tier herzustellen“, so Fasching. Dabei sollte man seiner Meinung nach aber nicht von Fleischersatzprodukten sprechen, sondern solche Produkte als eigene Lebensmittelkategorie sehen, die dazu beitragen kann, gesund zu essen. Technologisch sind viele dieser Ansätze bereits umsetzbar und kommen auch bereits auf den Markt.
Über weitere Megatrends in der Lebensmittelherstellung sprach Ao. Univ.-Prof. i. R. Dipl.-Ing. Dr. Emmerich Berghofer, Universität für Bodenkultur, Wien. „Er betonte, dass es gerade im urbanen Raum weiterhin einen Trend zu Convenience Food gibt und wir uns daher damit auseinandersetzen sollten, wie man Fertiggerichte nach gesundheitsspezifischen Aspekten verbessern kann“, so Fasching. Generell sei eines in Bezug auf gesunde Ernährung noch immer gleich: „Wer sich gesund ernähren will, fährt mit der mediterranen Ernährung noch immer am besten, denn zu dieser gibt es die größte wissenschaftliche Evidenz.“
Ernährung im klinischen Setting wird laut Fasching in der Ärzteausbildung viel zu wenig behandelt. „Dabei sind Ärzt:innen für das Thema Ernährung und Gesundheit wesentliche Ansprechpartner:innen! Schließlich ist Ernährung ein wichtiger Präventionsfaktor für unsere Gesundheit“, betont Fasching. Er kritisiert weiters: „Zudem werden diätologische Leistungen in Österreich nicht refundiert, sondern müssen von den Patient:innen selbst bezahlt werden. Die Kosten sollten – ähnlich wie bei Physiotherapie – von der Sozialversicherung übernommen werden! Es gibt auch viel zu wenig interdisziplinäre Ernährungsteams bestehend aus Ärzt:innen, Diabetolog:innen und Pharmazeut:innen in den österreichischen Krankenhäusern. Auch das ist ein Problem, das angegangen werden sollte, denn solche Ernährungsteams wären ein wichtiges Qualitätskriterium für ein Krankenhaus!“