Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind nach wie vor die beiden wichtigsten CED, deren Prävalenz zunimmt.
In Nordeuropa und Amerika sind derzeit 3,5 Millionen Menschen an CED erkrankt. Seit der Einführung der TNF-α-Blocker vor über 20 Jahren mit Infliximab als deren wichtigstem Vertreter in der CED-Therapie kam 2014 mit Vedolizumab eine neue Substanz der Integrin-Antagonisten auf den Markt, gefolgt vom Januskinasen-(JAK-)Inhibitor Tofacitinib und vom Interleukin-12/23-Antikörper Ustekinumab. Aufgrund eines unzureichenden Ansprechens oder Therapieversagens im Verlauf der Erkrankung läuft die Forschung nach neuen Wirkstoffen und selektiven Biomarkern für CED auf Hochtouren. Hier ein Überblick, welche Substanzen kurz vor der Zulassung stehen.
Derzeit ist mit Ustekinumab ein Interleukin-Antagonist am Markt, der fixer Bestandteil in der Therapie und Remissionserhaltung bei MC und CU ist. Ustekinumab blockiert die proinflammatorischen Interleukine 12 und 23, verhindert die Überproliferation und Differenzierung von T-Helfer-Zellen und reduziert somit die Ausschüttung von Zytokinen. Es ist allerdings noch nicht geklärt, ob Ustekinumab seine Wirkung durch die Blockade von IL-12 oder IL-23 oder durch die kombinierte Hemmung beider Interleukine erzielt. Durch die selektive Blockade von IL-23 wäre eine verminderte Anfälligkeit für Infektionen durch eine intakte IL-12-vermittelte Immunantwort sowie ein geringeres Malignitätsrisiko denkbar. Mit Risankizumab, Brazikumab, Mirikizumab und Guselkumab befinden sich derzeit mehrere selektive IL-23-Antikörper in klinischer Erprobung für CED.
Bei den JAK-Inhibitoren gibt es mit Tofacitinib einen relativ unspezifischen Januskinase-Inhibitor für Colitis ulcerosa. Tofacitinib inhibiert JAK-1 und JAK-3, die an der Signalweiterleitung von Zytokinen beteiligt sind. Jedoch besteht ein erhöhtes Risiko für Infektionen, Herpes Zoster sowie für thromboembolische Ereignisse. Letztere wurden allerdings hauptsächlich in Studien für rheumatoide Arthritis detektiert. Eine kürzlich erschienene Metaanalyse konnte dies für CED nicht zeigen. Eine Weiterentwicklung mit einer spezifischeren Wirkung und selektiver JAK-1-Inhibition ist Filgotinib und Upadacitinib, die kürzlich für CU zugelassen wurden.
Einen ähnlichen Wirkmechanismus wie JAK-Inhibitoren, aber noch nicht so weit fortgeschritten in den klinischen Studien, weisen die TYK2-Inhibitoren auf. TYK2-Inhibitoren haben eine spezifischere Wirkweise als JAK-1–3-Inhibitoren, und man erhofft sich davon ein geringeres Nebenwirkungsprofil. Genauere Studienergebnisse sind aber noch abzuwarten.
Eine weitere neue – bislang nur bei der multiplen Sklerose eingesetzte – Klasse sind die Sphingosine-1-Phosphate-Rezeptor-(S1PR-)Agonisten. Diese verhindern den Übertritt von Lymphozyten auf den Lymphknoten ins Blut. Eine Substanz ist Ozanimod, die seit 2021 zur Behandlung von mittelschweren und schweren Verläufen bei Colitis ulcerosa zugelassen ist (Studie TRUE NORTH). Für die Zulassung bei M. Crohn gibt es aktuell verschiedene Phase-II-Studien. In klinischer Erprobung ist auch Etrasimod; derzeit werden die Ergebnisse der OSASIS-Studie für Colitis ulcerosa und der CULTIVATE-Studie für M. Crohn abgewartet.
Derzeit wird an einer Vielzahl von neuen Substanzen geforscht, die bessere Behandlungsmöglichkeiten für CED ermöglichen sollen. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Bemühungen besteht in der Identifikation von spezifischen Biomarkern, die bereits in der allgemeinmedizinischen Praxis bestimmt werden könnten, was den Zeitraum zwischen der Diagnose und dem Finden der individuell richtigen Therapie erheblich verkürzen würde. Seit kurzem steht auch die topische Applikation von 5-Aminosalicylsäure (5-ASA, Mesalazin) als Rektalschaum zur Verfügung. Eingesetzt wird er bei leichter bis mittelschwerer Colitis ulcerosa, die auf das Rektum und das Colon beschränkt ist.