„Eine Impfung gilt nur dann als gegeben, wenn eine schriftliche Dokumentation vorliegt. Prinzipiell sollte jede empfohlene Impfung bei Versäumnis ehestmöglich nachgeholt werden“, heißt es im Impfplan Österreich 2023. Diese Aussage gewinnt zunehmend an Relevanz. In den letzten Jahren wurde intensiv für die Coronaimpfung geworben, saisonal zusätzlich für die Grippeimpfung – mit dem Erfolg, dass es Ende 2020 weltweit zu einer erhöhten Nachfrage kam und Grippeimpfstoffe ausverkauft waren. Auf andere Impfungen wurde hingegen oft vergessen. Der Anstieg an FSME-Infektionen in Österreich in den letzten drei Jahren könnte beispielsweise zum Teil auch darauf zurückzuführen sein, dass es mehr Personen gibt als früher, die nicht über einen ausreichenden Impfschutz verfügen.
Laut Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation soll „jeder ärztliche Kontakt genutzt werden, um zu prüfen, ob empfohlene Impfungen durchgeführt worden sind“, und – wo notwendig – sollten fehlende Impfungen nachgeholt werden.
So dürfen wir zum Beispiel nicht mehr automatisch annehmen, dass Jugendliche, die sich verletzt haben, sowieso ausreichenden Tetanusimpfschutz haben. Vor allem im Schulalter, in dem einige Impfungen über Schulärztinnen und Schulärzte verabreicht werden, kam es pandemiebedingt (Online-Unterricht) zu Impflücken. Unabhängig von der Pandemie sind Schulärztinnen und Schulärzte, die auch impfen, nicht (mehr) selbstverständlich – sei es, weil es mittlerweile zu wenige Schulärztinnen und -ärzte gibt, sei es, dass diese aus organisatorischen Gründen oder aufgrund rechtlicher Bedenken Impfungen seltener durchführen.
Jüngere Kinder werden über den Mutter-Kind-Pass gut erreicht – auch während der Pandemie wurden in Österreich Untersuchungen und Impfungen im Säuglings- und Kleinkindalter gut eingehalten oder fristgerecht nachgeholt. Bei erwachsenen Personen, insbesondere bei denen, die aus (Bürgerkriegs-)Ländern eingewandert sind, sollten wir daran denken und die Gelegenheit beim Arztkontakt dazu nutzen, automatisch nach dem Impfstatus zu fragen.
Impfempfehlungen können sich laufend ändern, und neben der Fachinformation des Herstellers sind auch die Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums zu beachten – das haben wir zuletzt bei den Corona-Impfungen in einem zum Teil atemberaubenden Tempo mitverfolgen müssen. Auch der Begriff „off-label“ wurde gleichsam in die Alltagssprache übernommen: Das sind Vorgangsweisen, die von den Herstellerempfehlungen abweichen. Wird eine spezielle „off-label“-Empfehlung vom Nationalen Impfgremium abgegeben, ist sie gleichermaßen gültig und daher auch rechtlich gedeckt – vorausgesetzt, die Patient:innen werden gesondert darüber von den Ärztinnen und Ärzten in Kenntnis gesetzt und ausreichend informiert.
Wesentliche Bedeutung hat die Impfung von Schwangeren: Speziell im 3. Trimenon empfohlen sind die neuerliche Auffrischung gegen Keuchhusten als „Nestschutz“, die COVID-19-Impfung und saisonal auch die Grippeimpfung. Frauen mit Kinderwunsch sollte man vor einer geplanten Schwangerschaft bezüglich des Schutzes gegen die Kinderkrankheiten Mumps-Masern-Röteln und Varizellen beraten und gegebenenfalls impfen. Eine Schwangerschaft soll bei Impfung ausgeschlossen und für mindestens ein Monat danach vermieden werden. Eine versehentliche Rötelnimpfung bei einer Schwangeren stellt aber keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch dar.
„Eine Impfung gilt nur dann als gegeben, wenn eine schriftliche Dokumentation vorliegt!“ – mit der Einführung des e-Impfpasses wird sukzessive auch diese Dokumentation verbessert. Gemäß (§ 4 Abs. 1 eHealthV) ist zurzeit vorerst nur das Eintragen von Impfungen gegen Affenpocken, COVID-19 und Influenza verpflichtend. Für alle anderen Impfungen ist das Eintragen bisher nicht verpflichtend, wird aber empfohlen.