Praktisch alle Erkrankungen, deren Impfprävention im Österreichischen Impfplan empfohlen wird, kommen weltweit vor (Ausnahme: FSME). Somit stellen diese Impfungen die Basis jeder reisemedizinischen Impfempfehlung dar. Leider denken viele Menschen nur bei besonderen Anlässen an eventuell nötige Auffrischungen und sehen sich dann bei Reiseplänen mit einer Unzahl an empfohlenen Impfungen konfrontiert. Dies sollte – neben der eindeutigen Empfehlung im Impfplan – ein weiterer Grund sein, jeden Arztkontakt zur Komplettierung der Standardimpfungen zu nutzen.
Die Notwendigkeit einer Reiseimpfung ergibt sich in erster Linie aus der Verbreitung und Häufigkeit der Erkrankung im Reiseland. Hohe Inzidenz, besonderer Schweregrad der Erkrankung, aber auch die Frage einer eventuellen Behandelbarkeit sind weitere Entscheidungskriterien.
Kommt eine Erkrankung nur in einigen Teilen des Reiselandes vor – wie dies zum Beispiel bei Gelbfieber der Fall ist – muss die Reiseroute genau geprüft und auch die Möglichkeit von spontanen Änderungen der Reisepläne bedacht werden. Je länger die Reisedauer, je spontaner und ungeplanter der Reiseverlauf, je enger der mögliche Kontakt zur einheimischen Bevölkerung ist, desto mehr spielen auch seltene Infektionserkrankungen eine Rolle.
Die Hepatitis A ist nach wie vor die häufigste impfpräventable Infektion im Bereich der Reisemedizin. Die Impfung ist für fast alle außereuropäischen Reisen (mit Ausnahme der Industrienationen wie Australien, Japan, USA etc.) zu empfehlen. Vom Österreichischen Impfplan wird die Impfung zudem grundsätzlich für alle Personen nach dem vollendeten 1. Lebensjahr empfohlen. Die Grundimmunisierung besteht aus zwei Impfungen im Abstand von sechs bis zwölf Monaten, die Schutzwirkung ist bereits wenige Tage nach der ersten Impfung vorhanden. Auffrischungsimpfungen sind laut aktuellen Daten nicht mehr nötig. Auch 30 bis 40 Jahre nach der Grundimmunisierung sind noch spezifische Antikörper nachweisbar. Lediglich 2 bis 3% aller geimpften Personen haben zehn Jahre nach der Grundimmunisierung keinen Schutz mehr.
Solange man sich in Niedrigendemiegebieten wie Europa oder Nordamerika aufhält, ist diese geringe Zahl vernachlässigbar. Für die Reisemedizin darf man allerdings nicht vergessen, dass in vielen Entwicklungsländern die Durchseuchung der Bevölkerung mit Hepatitis A 100% beträgt. Für solche Reisen sollte die Immunität des einzelnen Reisenden bei länger zurückliegender Impfung überprüft werden. Es stehen dafür verlässliche quantitative Antikörpertests zur Verfügung.
Die Impfung gegen Gelbfieber ist – neben ihrer Funktion als individuelle Schutzimpfung – im Rahmen der Internationalen Gesundheitsbestimmungen (International Health Regulations) geregelt, da eine gültige Impfung Voraussetzung für die Einreise in einige Staaten darstellt. Hier gibt es seit 2016 eine wesentliche Vereinfachung, da die Gültigkeitsperiode einer Gelbfieberimpfung von zehn Jahren auf lebenslang geändert wurde. Noch haben nicht alle betroffenen Länder diese Änderung akzeptiert, sodass die aktuelle Situation im geplanten Reiseland derzeit noch eruiert werden muss. Auf den Internetseiten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder des Centers for Disease Control (CDC) stehen relativ aktuelle Informationen zur den Bestimmungen der einzelnen Länder zur Verfügung.
Die Verbreitung der Erkrankung im tropischen Afrika und Südamerika kann man ebenfalls den entsprechenden Karten der WHO oder des CDC entnehmen. Die Impfung muss spätestens zehn Tage vor Reiseantritt verabreicht werden. Zum einen dauert der Wirkungseintritt etwa so lange, zum anderen können auch die gelegentlichen Nebenwirkungen des Lebendimpfstoffs etwas verzögert, drei bis zehn Tage nach der Impfung auftreten. Die Impfung muss durch eine autorisierte Gelbfieber-Impfstelle durchgeführt und bescheinigt werden, damit sie international anerkannt wird.
Typhus wird, wie auch Hepatitis A, hauptsächlich durch kontaminierte Nahrungsmittel oder Wasser und Schmierinfektionen akquiriert. Die Erkrankung durch Salmonella typhi oder paratyphi wäre zwar prinzipiell antibiotisch behandelbar, die Symptomatik ist allerdings äußerst variabel und unspezifisch und die erforderlichen diagnostischen Methoden üblicherweise nicht verfügbar, so dass eine Impfung bei bestehendem Risiko empfohlen werden sollte. Die Erkrankungswahrscheinlichkeit korreliert stark mit den hygienischen Verhältnissen, daher muss die Art der Reise mitbedacht werden (organisierte Gruppenreise vs. Rucksacktourismus, Luxushotel vs. Homestay). Manche Reiseziele sind aber auf jeden Fall Hochrisikodestinationen. Für diese Regionen macht eine Typhusimpfung in jedem Fall Sinn: z.B. Südasien, große Teile Afrikas sowie manche Andenstaaten Südamerikas. In Österreich sind zwei parenterale und ein oraler Impfstoff, sowie ein Kombinationsimpfstoff gegen Typhus und Hepatitis A erhältlich. Da die Schutzwirkung und Schutzdauer des oralen Produktes geringer ist und es sich zudem um einen Lebensimpfstoff handelt, werden bevorzugt die parenteralen Totimpfstoffe verwendet. Eine einmalige parenterale Impfung schützt für etwa drei Jahre.
Die virale, durch Mücken übertragene Enzephalitis betrifft große Teile Süd-, Südost- und Ostasiens. Viele Infektionen verlaufen oligo- bis asymptomatisch, schwere Erkrankungen enden zu 30% letal, bei weiteren 30% bleiben neurologische Folgeschäden zurück. In Asien sind mehrere, qualitativ zum Teil sehr unterschiedliche Impfstoffe in Verwendung. Die Impfung mit dem in Europa zugelassenen Impfstoff besteht aus zwei Teilimpfungen im Abstand von circa 4 Wochen. Ein Kurzschema, bei dem die beiden Impfungen im Abstand von nur einer Woche verabreicht werden, ist für Erwachsene zugelassen. Nach einer Auffrischungsimpfung, ein bis zwei Jahre danach, hält die Schutzwirkung für etwa 10 Jahre an.
Die weltweit verbreitete Erkrankung spielt vor allem in Subsahara-Afrika eine dominante Rolle. Vor allem in der Trockenzeit ereignen sich dort in fünf bis zehn Jahreszyklen große Epidemien. Besonders betroffen sind Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Demokratische Republik Kongo, Elfenbeinküste, Ghana, Kamerun, Mali, Niger, Nigeria, Sudan, Togo, Tschad und die Zentralafrikanische Republik. Zwar hat die Größenordnung der Epidemien in den vergangenen Jahren durch die lokale Verfügbarkeit eines Impfstoffs gegen den dominanten Serotyp A abgenommen, die derzeit äußerst instabile Lage vieler westafrikanischer Länder lässt aber zweifeln, ob die Erfolge zu halten sein werden.
Aufgrund der weltweit unterschiedlichen Verteilung der Serogruppen kommen für Reisende insbesondere nach Afrika, aber auch nach Asien nur tetravalente Impfstoffe in Frage (diese enthalten die Serogruppen A, C, W135, Y). In Österreich sind hierfür zwei Impfstoffe verfügbar. Das Impfschema besteht aus einer Impfdosis, eventuell nötige Auffrischungsimpfungen – vor allem bei sehr jungen Kindern – sowie die Schutzdauer sind derzeit noch unklar. Bei wiederholten Reisen in Risikogebiete macht eine Auffrischung nach fünf Jahren Sinn. Die Impfung wird im Rahmen des Kinderimpfprogramms im Alter von 10-12 Jahren kostenfrei angeboten. Der erst seit wenigen Jahren verfügbare Impfstoff gegen Meningokokken der Gruppe B findet sich derzeit nicht in den Empfehlungen für den internationalen Reiseverkehr, wird allerdings laut Österreichischem Impfplan für alle Kinder und Jugendliche ab dem zweiten Lebensmonat empfohlen
Trotz der Seltenheit der Erkrankung muss Tollwut aufgrund des praktisch immer letalen Verlaufs fixer Bestandteil einer Impfberatung sein. Die Entscheidung fällt zwischen der relativ aufwändigen und teuren präexpositionellen Impfung oder der postexpositionellen Impfung nach einem verdächtigen Biss. Da die Medikamente für eine suffiziente postexpositionelle Prophylaxe in vielen Ländern nicht verfügbar sind, müssen Für und Wider beider Methoden vor jeder Reise abgewogen werden. Reisen und Urlaub bedeuten in vieler Hinsicht ein erhöhtes Risiko für Tollwut. Viele beliebte Urlaubsziele haben eine relativ hohe Rate an tierischer Tollwut, die Übertragung auf den Menschen erfolgt in der überwiegenden Zahl der Fälle durch Hunde, deren Infektiosität nicht zwangsläufig ersichtlich ist. Radfahrer und Wanderer, aber auch Kinder erleiden deutlich häufiger Bissverletzungen als andere Reisende.
Die Grundimmunisierung der präexpositionellen Impfung besteht aus drei Teilimpfungen (an den Tagen 0-7-21). Danach ist mit einer praktisch 100%igen Schutzrate zu rechnen. Auch für diese Impfung gibt es erste Untersuchungen mit einer Verkürzung des Impfschemas (drei Impfungen innerhalb nur einer Woche). Nach einer einmaligen Boosterung (frühestens nach einem Jahr, spätestens vor der nächsten Risikoreise) kann dann mit einem Schutz von zumindest zehn bis fünfzehn Jahren gerechnet werden. Über diesen speziellen Umgang mit der Tollwutimpfung für Reisende (im Gegensatz zu Tierärzten oder Laborpersonal, das mit dem Virus arbeitet) herrscht international keine Einigkeit. Vor allem US-Experten empfehlen lediglich eine Grundimmunisierung ohne weitere Auffrischungen. Im Fall einer Bissverletzung muss aber auf jeden Fall möglichst rasch mit zwei Dosen aktivem Impfstoff geboostert werden (Abstand Dosis 1 und 2: zwei Tage)
Nach vielen Jahren des Wartens ist seit Kurzem tatsächlich ein Impfstoff gegen Dengue-Viren verfügbar und in einigen wenigen Ländern auch schon zugelassen (Mexiko, Philippinen, Brasilien). Leider eignet sich der Impfstoff nicht für den Einsatz in der Reisemedizin, da die Protektivität bei immunologisch naiven Personen zu gering ist. Eine ausreichende Wirksamkeit und Sicherheit der Impfung findet sich nur bei Personen, die bereits eine Dengue-Infektion durchgemacht haben. Die Zulassung wurde daher nur für Endemiegebiete mit einer Seroprävalenz über 60% ausgesprochen. Bei ungehindert starker Verbreitung des Virus müssen wir daher weiter auf einen Impfstoff für Reisende warten.