Die medizinische Betreuung von Patient:innen mit Herzinsuffizienz ist nach wie vor eine globale Herausforderung.
Die Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) sollen hier eine bestmögliche und damit stets aktuelle Unterstützung bieten. Eine letzte umfassende Überarbeitung der ESC-Leitlinien zur Diagnose und Behandlung akuter und chronischer Herzinsuffizienz gab es im Jahr 2021. Ein wesentlicher Meilenstein war damals die Einführung der SGLT2-Hemmer zur Therapie von Patient:innen mit Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF; LVEF < 40 %).
In den letzten zwei Jahren wurden die Ergebnisse einiger Landmark Trials zur Therapie der Herzinsuffizienz mit signifikanten Studienergebnissen publiziert. Um die evidenzbasierte Aktualität der Therapieempfehlungen zu wahren und damit vor allem auch für Patient:innen mit Herzinsuffizienz mit mäßiggradig reduzierter bzw. erhaltener Auswurffraktion (HFmrEF: LVEF 40–49 %; HFpEF: LVEF ≥ 50 %) eine grundlegend optimierte medikamentöse Therapieempfehlung aussprechen zu können, war ein Update der ESC-Leitlinien 2021 nötig. Es handelt sich um ein fokussiertes Update, in dem Anpassungen in Bereichen der Behandlung berücksichtigt wurden, die zu einer Änderung mit einem Empfehlungslevel der Klasse I (= wird empfohlen) bzw. IIa (= sollte in Betracht gezogen werden) führten. Konkrete Neuerungen gab es daraus folgend in diesen Bereichen:
Das Update wurde im Rahmen des dies-jährigen ESC-Kongresses vorgestellt und diskutiert sowie im European Heart Journal publiziert.
Ein Schwerpunkt des Updates liegt bei der chronischen Herzinsuffizienz in der Behandlung von Patient:innen mit HFmrEF und HFpEF. Die zwei prospektiv randomisierten Studien „EMPEROR-Preserved“ und „DELIVER“ untersuchten den Einsatz von SGLT2-Hemmern bei Patient:innen mit chronischer Herzinsuffizienz und LVEF > 40 % zusätzlich zur etablierten Basistherapie. Beide Studien zeigten eine signifikante Reduktion des primären kombinierten Endpunkts kardiovaskulärer Mortalität und Herzinsuffizienzverschlechterung/Hospitalisierung, der wesentlich durch eine Verringerung der Hospitalisierungsrate bedingt wurde. Anschließende prädefinierte gepoolte Analysen unterstützten das Studienergebnis und untermauerten den Einsatz von SGLT2-Hemmern im gesamten Spektrum der Herzinsuffizienz, ungeachtet der Linksventrikelfunktion (HFrEF, HFmrEF, HFpEF).
Die SGLT2-Hemmer (Dapagliflozin und Empagliflozin) erhielten damit eine Klasse-I/Evidenzlevel-A-Empfehlung für den Einsatz bei Patient:innen mit HFmrEF oder HFpEF zur Reduktion des Risikos von herzinsuffizienzbedingter Hospitalisierung oder kardiovaskulärem Tod (Abb.).
Somit konnte nach jahrzehntelanger Forschung erstmalig eine erfolgreiche Behandlung der HFpEF nachgewiesen werden. In Bezug auf die HFmrEF konnte erstmalig eine Therapie mit einem Evidenzlevel A in die Guidelines eingeführt werden. Daneben gelten für Patient:innen mit HFmrEF weiterhin die Diuretikatherapie bei Flüssigkeitsretention (I/C) sowie die auf Subanalysen beruhende Klasse-IIb/C-Empfehlung zum Einsatz von ACEi/ARNi/ARB, MRA und Betablockern. Auch für die HFpEF sind neben der neuen Therapiesäule, die erstmals einen krankheitsspezifischen Benefit bedingt, weiterhin die Diurese bei Volumenretention (I/C) sowie die Behandlung kardiovaskulärer und nichtkardiovaskulärer Komorbiditäten wesentliche Pfeiler der Therapie (I/C).
Für die akute Herzinsuffizienz gibt es ebenfalls wichtige Neuerungen zur Etablierung der medikamentösen evidenzbasierten Herzinsuffizienzmedikation. Bereits die Empfehlungen von 2021 sprachen sich für eine intramurale Therapieinitiierung und rasche Titration im Rahmen früher Folgeuntersuchungen in den Wochen nach dem Akutereignis aus. Diese Klasse-I-Empfehlungen basierten jedoch auf dem Evidenzlevel C (Expertenmeinung), da randomisierte Studien zu diesem Zeitpunkt fehlten.
„STRONG-HF“ untersuchte als randomisiert kontrollierte Studie den Therapieerfolg einer intensiven Therapiestrategie (frühe Initiierung nach Patientenstabilisierung und rasche Titration) gegen den Behandlungsstandard bei Patient:innen, die aufgrund einer akuten Herzinsuffizienz hospitalisiert wurden. Im intensiven Therapiearm wurde angestrebt, dass Patient:innen zum Entlassungszeitpunkt auf zumindest 50 % der empfohlenen maximalen Therapiedosis waren und in engmaschigen Folgeuntersuchungen auf die maximale Dosis titriert wurden, begleitet von Status-, Vitalparameter- und Labormonitoring.
Die Studie wurde aufgrund der Überlegenheit im Studienarm frühzeitig beendet. Durch die intensive Behandlung konnte eine signifikante Reduktion des primären Studienendpunktes Mortalität oder Rehospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz nach 6 Monaten erreicht werden. Damit liefert die Studie nun die Evidenz in den Leitlinien und untermauert die Wichtigkeit einer raschen Therapieoptimierung und kontinuierlichen Nachsorgeuntersuchung der Patient:innen vor allem in den ersten 6 Wochen nach einem Krankenhausaufenthalt aufgrund von Herzinsuffizienz (Upgrade: I/B).
Abseits des primären Endpunktes, den wir bei der Einleitung einer Klasse-I-Therapie erwarten können, ist der Sicherheitsaspekt der Therapie besonders wichtig. Die rasche Titration ist nicht spitalsverlängernd, hat kein Signal eines erhöhten Risikos unerwünschter Nebenwirkungen gezeigt und hilft damit, die Patient:innen aktiv zur Spitalsentlassung zu begleiten. Jeder intramurale Titrationsschritt erspart weitere ambulante Patientenbesuche.