Fortschritte in der Behandlung

Die klassischen Auslöser einer anaphylaktischen Reaktion sind Insektenstiche, Nahrungsmittel und Medikamente, wobei Insektenstiche bei Erwachsenen und Nahrungsmittel bei Kindern die häufigsten Verursacher sind. Die Reaktionen treten gewöhnlich unmittelbar nach der Allergengabe auf. Laut einer englischen Untersuchung trat der Tod durch Anaphylaxie durchschnittlich fünf Minuten nach intravenöser oder intramuskulärer Medikamentengabe, 15 Minuten nach Insektenstichen und durchschnittlich 30 Minuten nach Nahrungsmittelaufnahme ein. Die Tabelle fasst die anaphylaktischen Reaktionen nach Ring und Messmer zusammen.

Tab.: Stadien der Anaphylaxie nach Ring und Messmer

Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Schwere einer Reaktion haben Kofaktoren wie Infekte, zusätzliche Einnahme von Medikamenten wie nichtsteroidale Antirheumatika (NSAID), Stress, hormonelle Einflüsse wie Menstruation oder Anstrengung. Ein bekanntes Krankheitsbild ist die „exercise-induced anaphylaxis“, zu der auch die zuletzt öfters beschriebene „wheat-derived exercise-induced anaphylaxis“ (WDEIA) zählt, die nur bei Anstrengung nach Weizenkonsum auftritt.

Adrenalin bald per Intranasalspray

Die Adrenalingabe ist nach wie vor die Therapie der Wahl bei schweren anaphylaktischen Reaktionen, wobei die empfohlene Dosis bei Erwachsenen 0,5 mg i. m. beträgt. Die in Österreich verfügbaren Adrenalinautoinjektoren enthalten lediglich 0,3 mg, wobei aber zwei Autoinjektoren verschrieben werden dürfen. Allerdings ist es mit der Verschreibung eines Adrenalinpens nicht getan, denn leider wissen lediglich 30 % der Patient:innen, wie man den Pen bedient. Auch fürchten sich viele Patient:innen oder Eltern, den Pen in den Oberschenkel zu stechen. Somit wird Adrenalin mittels Autoinjektor viel zu selten verabreicht. Das könnte sich aber bald ändern.

In den USA ist seit 2024 ein Adrenalin-Nasenspray für die Behandlung der Anaphylaxie für Patient:innen ab 30 kg zugelassen. In der Packung befinden sich zwei Sprays, die in die Nase der Patient:innen gesprüht werden müssen. Das ist nicht nur einfach, es fällt auch die Hemmschwelle des Stechens bzw. des Injizierens weg. Daher ist anzunehmen, dass die Patient:innen Adrenalin jetzt früher und öfter verabreichen werden. Auch in Europa ist der Adrenalin-Nasenspray bereits zugelassen, der Zeitpunkt der Markteinführung ist jedoch noch offen.

Omalizumab als Option bei schwerer Nahrungsmittelallergie

Schwere Nahrungsmittelallergien sind vor allem bei Kindern ein vielschichtiges Problem. Neben den gesundheitlichen Gefahren stellt die ständige Angst vor Diätfehlern und daraus resultierenden anaphylaktischen Reaktionen eine massive psychische Belastung für Eltern und zum Teil auch für die Kinder dar. In Kindergärten und Schulen ist das Thema Allergie und Anaphylaxie eine zusätzliche Herausforderung. Einerseits sind spezielle Ernährungspläne für die Kinder notwendig, andererseits müssen Kindergarten- und Lehrpersonal darauf achten, dass die allergischen Kinder vor möglichen Diätfehlern geschützt werden. Auch ist es notwendig, dass Kindergarten- und Lehrpersonal im Falle einer Anaphylaxie Notfallmedikation geben und vom Adrenalinpen Gebrauch machen. Dafür ist eine Einschulung erforderlich, die etwa in Wien über die Magistratsabteilung 15 erfolgen kann.

In den USA ist seit 2024 eine neue Therapieoption zugelassen, die diese Probleme und Sorgen zumindest teilweise beheben kann. Die Dauertherapie mit dem Anti-IgE-Antikörper Omalizumab kann bei allergischen Kindern zu einer deutlichen Anhebung der Toleranzschwelle gegenüber Nahrungsmitteln führen und somit eine eklatante Erleichterung im Alltag bringen. Diese segensreiche, aber kostspielige Therapie ist in Europa noch nicht zugelassen und wäre daher „off-label“. Es ist im Interesse der Betroffenen zu hoffen, das auch bei uns Omalizumab in dieser Indikation bald zugelassen wird.