Die Herzinsuffizienz (HI) mit ihrer steigenden Prävalenz gehört zu den größten Herausforderungen unseres Gesundheitssystems. Die schlechte Lebensqualität und hohen Hospitalisierungsraten sind für Patienten, Angehörige und Gesundheitssystem eine enorme Belastung. Die zunehmenden Therapiemöglichkeiten reduzieren zwar – wenn sie zur Anwendung kommen – den Leidensdruck, die Gesundheitskosten und die Sterberate, für behandelnde Ärztinnen und Ärzte wird das Management von Herzinsuffizienzpatienten dadurch jedoch zunehmend komplexer.
Während sich die Situation bei Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion (HFrEF) in Bezug auf krankheitsmodifizierende Therapien nach wie vor nicht geändert hat – bisher konnte keine Therapie eine Prognoseverbesserung zeigen –, haben wir bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) die etablierten Therapiemöglichkeiten mit ACE-Hemmern, Beta-Blockern, Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten, Ivabradin und kardialer Resynchronisationstherapie.
Auch Sacubitril/Valsartan ist seit einigen Jahren etabliert, therapeutische Durchbrüche mit ähnlich breiter Anwendbarkeit sind in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Die derzeitigen Fortschritte betreffen Subpopulationen wie beispielsweise die kardiale Amyloidose und Komorbiditäten wie etwa den Diabetes mellitus oder die Hyperkaliämie.
Ein kardiales Problem, das immer mehr Einzug in den niedergelassenen Bereich hält, ist das Thema der Transthyretin-Amyloidose. Transthyretin ist ein in der Leber gebildetes Transportprotein, das durch Auseinanderbrechen und Bildung von Aggregaten, die sich in diverse Organe und Strukturen einlagern können, ursächlich am Entstehen der Transthyretin-Amyloidose beteiligt ist. Im Falle einer kardialen Beteiligung spricht man von Transthyretin-(TTR-)Amyloidose-(ATTR-)Kardiomyopathie (CM). Die Prävalenz wird auf 10–20 % aller hospitalisierten HFpEF-Patienten und 10 % aller männlichen Patienten mit Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) geschätzt. Somit ist die Erkrankung deutlich unterdiagnostiziert.
Warum ist dies für den Allgemeinmediziner von Relevanz?
Einerseits steht uns mit Tafamidis ein spezifisches Medikament zur Verfügung, das die Bruchstelle des Transthyretin stabilisiert, und zwar unabhängig davon, ob es sich um die mutante oder die Wildtypform der Erkrankung handelt. Der im Vorjahr präsentierte ATTR-ACT Trial zeigte, dass Tafamidis sämtliche Herzinsuffizienzendpunkte positiv beeinflusste: Lebensqualität, Leistungsfähigkeit, Hospitalisierungs- und Sterberate. Andererseits ist meist zur Diagnose keine kardiale Biopsie notwendig. Ein einfacher Knochenscan zeigt oft schon die kardiale Amyloidose. Der Ausschluss einer Leichtkettenerkrankung mittels Immunfixation im Harn und im Serum bestätigt die ATTR-CM. Welcher Herzinsuffizienzpatient sollte nun auf ATTR-CM gescreent werden?
Diesbezüglich gibt es noch keine klaren Empfehlungen, aber in der Literatur kristallisieren sich bereits einige Warnsignale heraus, die mit einer ATTR-CM assoziiert sind (Tab. 1).
Das gleichzeitige Auftreten von Herzinsuffizienz und Diabetes birgt nach wie vor ein unterschätztes Risiko. Nach 15 Jahren Diabetes haben bereits 80 % der Patienten eine diastolische und 50 % eine systolische Dysfunktion entwickelt. Diabetiker mit Herzinsuffizienz haben eine 5-Jahres-Mortalität von 75 %. Die zunehmende Zahl an Neuzulassungen von antidiabetischen Medikamenten bietet zwar mehr therapeutische Auswahlmöglichkeiten, erschwert jedoch mitunter auch, die richtige Entscheidung zu treffen. Die mittlerweile von der FDA verlangten großen Post-Marketing-Studien helfen dabei, die kardiovaskuläre Sicherheit abzuschätzen. So haben Glitazone einen ungünstigen Effekt auf Herzinsuffizienzendpunkte.
Dies ist jedoch nicht immer ein Klasseneffekt: Während beispielsweise Saxagliptin die HI-Hospitalisierung erhöhte, konnte dies bei den anderen Gliptinen nicht beobachtet werden, sodass man von jeder einzelnen antidiabetischen Substanz das HI-Risiko kennen sollte.
Diese Post-Marketing-Studien zeigen teilweise auch überraschende Vorteile von neuen antidiabetischen Medikamenten auf Herzinsuffizienzendpunkte. So zeigten die SGLT-2-Inhibitoren Canagliflozin, Dapagliflozin und Empagliflozin eine signifikante Reduktion der Herzinsuffizienzhospitalisierungen, was als Klasseneffekt angesehen wird. Die genaue Interpretation und Umsetzbarkeit dieser Ergebnisse ist noch ausständig: 80–90 % der in die Studien eingeschlossenen Patienten hatten keine diagnostizierte Herzinsuffizienz, sodass es sich hier möglichweise um das Verzögern eines Neuauftretens einer Herzinsuffizienz handelt.
Ähnliche Effekte kennen wir aus der antihypertensiven Therapie mit Diuretika: Die blutdrucksenkende und diuretische Wirkung der SGLT-2-Inhibitoren könnte hier zu einem vergleichbaren Phänomen führen. Der Erfolg der SGLT-2-Inhibitoren in Bezug auf Herzinsuffizienzendpunkte bei Diabetikern mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko soll dadurch nicht geschmälert werden, er ist jedoch nicht automatisch – ähnlich den Diuretika bei der Hypertonie – auf ein Herzinsuffizienz-kollektiv umlegbar. Entsprechende Studien sind allerdings im Laufen.
Es stellt sich nun die Frage, wie bis zu deren Publikation vorzugehen ist. Sollen die Vorteile der SGLT-2-Inhibitoren auf Herzinsuffizienz-Endpunkte in kardiovaskulären Risikokollektiven dazu führen, dass SGLT-2-Inhibitoren automatisch auch bevorzugt bei Herzinsuffizienzpatienten zur Anwendung kommen? Oder soll man sicherheitshalber die Daten zu Herzinsuffizienzpatienten abwarten und bis dahin das Antidiabetikum nach anderen Kriterien wie zum Beispiel Nebenwirkungsprofil auswählen? Die aktuellen Herzinsuffizienz-Guidelines, die 2016 erschienen sind, empfehlen Metformin als First-Line-Antidiabetikum und erwähnen zusätzlich die oben genannten positiven Effekte von Empagliflozin (vergleichbare Daten zu Canagliflozin und Dapagliflozin waren damals noch nicht vorliegend).
Hyperkaliämie ist eine der häufigsten Begründungen, warum Hemmer des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) nicht verschrieben oder auftitriert werden. Zum Beispiel wurde im ESC Heart Failure Long-Term Registry (12.440 Patienten) bei nichttolerierten oder kontraindizierten Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten zu jeweils einem Drittel die Hyperkaliämie als Begründung angegeben. Da ein Mineralokortikoidrezeptor-Antagonist bei Herzinsuffizienzpatienten mit einer linksventrikulären Auswurffraktion ≤ 35 % zu einer Mortalitätsreduktion von 24–30 % führt, sollte jedoch nicht so leicht aufgegeben werden.
Diverse Optimierungsmaßnahmen können den Kaliumspiegel senken (Tab. 2). Sollte dies nicht in einem für eine RAAS-Blockade ausreichendem Ausmaß gelingen, steht seit kurzem der Kaliumsenker Patiromer in drei verschiedenen Dosierungen (8,4 mg, 16,8 mg, 25,2 mg) zur Verfügung. Patiromer ist ein Polymer, das als Suspension mit Wasser aufgenommen wird und im Gastrointestinaltrakt nicht resorbiert wird. Vor allem im Kolon bindet Patiromer freies Kalium im Austausch gegen Kalzium, sodass vermehrt Kalium ausgeschieden und damit nicht für die Resorption zur Verfügung steht. Der Effekt ist ein Absenken des Serumkaliumspiegels. Durch Patiromer konnte der Kaliumspiegel dauerhaft und sicher gesenkt (im AMETHYST-Trial über 52 Wochen) und Spironolacton bei Herzinsuffizienzpatienten erfolgreicher auftitriert werden (PEARL-HF-Trial).
Wissenswertes für die Praxis