„Das Naturgesetz“, formulierte der Gynäkologe Joseph Spät vor 145 Jahren in seiner Rektoratsrede über „das Studium der Medizin und die Frauen, weise jedem Wesen eine bestimmte Mission in der Schöpfung“ zu. Da die Frau im Gegensatz zum Mann in all ihren Lebensphasen von Hormonen abhängig sei, könne sie die ihre nicht in Hörsälen erfüllen. Dieses Denken hat sich glücklicherweise in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur geändert, das Medizinstudium heute – und damit auch die Zukunft der Ärzteschaft – ist eindeutig weiblich.
Mit Oktober beginnen 1.680 Studierende österreichweit mit dem Medizinstudium. Davon sind österreichweit 57,2 Prozent Frauen. Interesse am Aufnahmetest hatten insgesamt 12.552 Personen gezeigt, die am 6. Juli den Medizinaufnahmetest MedAT zeitgleich in Wien, Innsbruck, Graz und Linz absolviert haben. Davon saßen allein 5.945 Bewerber in der Messe Wien vor ihren Fragebögen.
Nun liegen die Ergebnisse vor: Für den MedAT angemeldet hatten sich 61,8 Prozent Frauen, davon haben sich 961 (57,2 Prozent) qualifiziert – bei den Männern sind es 719 (42,8 Prozent). Besonders an der MedUni Graz dominieren die Frauen: von 360 Studienplätzen gehen 215 Plätze an Frauen (59,7 Prozent) und 145 an Männer (40,3 Prozent). An der MedUni Wien gehen 430 von 740 Studienplätzen an Frauen (58,1 Prozent) und 310 an Männer (41,9 Prozent). An der MedUni Innsbruck wurden insgesamt 400 Studienplätze vergeben, davon 220 an Frauen (55 Prozent) und 180 an Männer (45 Prozent). In Linz gingen 96 Plätze an Frauen (53,3 Prozent) und 84 Prozent an Männer (46,7 Prozent).
Gerade an der Spitze ist die Luft für Frauen aber noch dünn. In Forschung und Lehre sind Frauen noch genauso unterrepräsentiert, wie in der Standesvertretung selbst. Unter den neun Landespräsidenten der Ärztekammer ist nur eine Frau: die Kärntnerin Petra Preiss – und auch das erst seit dem Vorjahr. Gerade für Ärztinnen sei es immer noch schwierig, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, sagte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres im Frühjahr: „Aus persönlichen Gesprächen mit Kolleginnen weiß ich, dass Frauen in den verschiedenen Phasen ihres Berufslebens höchst unterschiedliche familiäre Aufgaben zu bewältigen haben, die zwar immer herausfordernd, aber im Zeitausmaß wechselnd sind.“ Die daraus erwachsenden beruflichen Bedürfnisse könnten nur dann individuell erfüllt werden, wenn sie von der Gesundheitspolitik wahrgenommen und die Rahmenbedingungen entsprechend angepasst werden.
Nur 12 Nobelpreisträgerinnen
Unter den 211 Nobelpreisträgern1 für Medizin finden sich bisher nur 12 Frauen.
1947 Gerty Cori für ihre Arbeiten über den Zucker-Stoffwechsel.
1977 Rosalyn Sussman Yalow für die Entwicklung radioimmunologischer Methoden der Bestimmung von Peptidhormonen.
1983 Barbara McClintock für ihre Entdeckung der beweglichen Strukturen in der Erbmasse.
1986 Rita Levi-Montalcini für ihre Entdeckung des Nervenwachstumsfaktors.
1988 Gertrude Belle Elion für ihre wegweisenden Entdeckungen wichtiger biochemischer Prinzipien der Arzneimitteltherapie.
1995 Christiane Nüsslein-Volhard für ihre grundlegenden Erkenntnisse über die genetische Kontrolle der frühen Embryonalentwicklung.
2004 Linda B. Buck für die Erforschung der Riechrezeptoren und der Organisation des olfaktorischen Systems.
2008 Françoise Barré-Sinoussi für die Entdeckung des HI-Virus.
2009 Elizabeth Blackburn und Carol W. Greider für die Entdeckung, wie Chromosomen durch Telomere und das Enzym Telomerase geschützt werden.
2014 May-Britt Moser für die Entdeckungen von Zellen, die ein Positionierungssystem im Gehirn bilden.
2015 Tu Youyou für ihre Entdeckungen betreffend eine neuartige Therapie für Malaria.
1 Der Nobelpreis wurde öfters gleich an mehrere Personen pro Jahr vergeben.