Tatsache ist, dass immer mehr Patienten mitreden und mitentscheiden wollen, wenn es um ihre Gesundheit geht. Gesundheitsinformation – wie z.B. die Broschüre „Kompetent als Patientin und Patient“ (mehr Infos siehe Kasten) – dient dazu, Patienten mit für sie relevanten Fakten zu versorgen: „Gesundheitsinformationen erklären Zusammenhänge, Diagnosen und Befunde; sie benennen das, was für die Patienten wichtig ist und helfen ihnen dabei, es zu verstehen“, betont Mag. Sylvia Groth MAS, Geschäftsführerin des Frauengesundheitszentrum in Graz, von dem die erwähnte Broschüre im Auftrag des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger erstellt wurde.
„Die Stärkung der Gesundheitskompetenz ist ein zentrales gesundheitspolitisches Ziel im Rahmen der aktuellen Reform“, betont auch Mag. Alexander Hagenauer MPM, Generaldirektor-Stv., Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. „Es geht darum, Lebenswelten und das Gesundheitssystem verständlicher zu machen, die Kompetenzen der Patienten zu stärken sowie Produkte und Dienstleistungen im Hinblick auf Gesundheitskompetenz zu optimieren. Gute und seriöse Gesundheitsinformation für die Versicherten ist dabei ein wesentliches Element“, so Hagenauer weiter.
„Wer gut informiert ist, kann besser nachfragen, z.B. welche Erfolgschancen eine Behandlung hat, welchen möglichen Schaden sie verursachen kann, welche Alternativen es gibt etc. Patienten haben ein Recht auf diese Informationen“, erläutert Groth.
Für die Ärzte bedeuten gesundheitskompetente Patienten oftmals höheres Konfliktpotenzial: „Natürlich kann es in Gesprächen mit kompetenten Patienten eher zu unterschiedlichen Auffassungen kommen. Hier ist bei einigen Ärzten eine Haltungsänderung notwendig. Wir brauchen Abstand von einem patriarchalen Zugang und müssen uns einer Arzt-Patienten-Kommunikation auf Augenhöhe annähern. Dabei sollte die Situation folgendermaßen sein: Der Arzt weiß bestimmte Dinge, muss den Patienten informieren, der Patient fragt, was er wissen will, bezieht seine eigenen Erfahrungen mit ein und entscheidet dann selbst oder auch gemeinsam. Und diese Entscheidung muss der Arzt akzeptieren“, betont Groth.
Hagenauer erläutert: „Es geht um mehr Patientenorientierung, damit Lösungen mit den Menschen gefunden werden, statt Lösungen für Menschen. Sowohl in der Vorsorge als auch im Rahmen einer Behandlung sind bewusste Entscheidungen und die Beteiligung der Patienten am Genesungsprozess notwendig. Behandlungserfolge hängen maßgeblich vom Beitrag der Patienten ab.“
Neben der Gesundheitskompetenz sei auch das Selbstbewusstsein der Patienten zu stärken, ist Groth überzeugt. „Viele haben zwar das Wissen, um nachzufragen, trauen sich aber nicht. Hier gilt es, die Patienten bzw. Bürger – denn dies betrifft nicht nur Erkrankte, sondern auch Gesunde – darauf hinzuweisen, dass sie die Experten für ihr Leben sind! Daher spielen ihre Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem, z.B. hinsichtlich der Freundlichkeit von Mitarbeitern im Spital oder mit der Aufklärung etc., eine wichtige Rolle“, so Groth.
Wissen und Selbstbewusstsein der Patienten zu stärken sei, meint Groth, die eine Seite, um die Gesundheitskompetenz in Österreich zu verbessern. Auf der anderen Seite müssen aber auch die Ärzte mit einem hohen Maß an evidenzbasiertem Wissen ausgestattet sein, um den Patienten Diagnosen und Behandlungen gut erklären zu können. „Auch einfache Sprache spielt hierbei eine wichtige Rolle. Es braucht eben nicht nur gesundheitskompetente Patienten, sondern auch gesundheitskompetente Einrichtungen und Ärzte. Das bedeutet z.B., dass man bei Schildern im Spital mit Symbolen statt mit Schrift arbeiten sollte. Denn immerhin 10% der Bevölkerung können nicht oder nur schlecht lesen“, erläutert Groth.
Hagenauer sieht die Möglichkeiten des Arztes, die Gesundheitskompetenz seiner Patienten zu stärken, in folgenden Aspekten: „Auch hier gilt der Grundsatz einer zielgerichteten und treffgenauen Kommunikation, die den Einzelnen dort abholt, wo er mit seinen Lebensumständen und Möglichkeiten steht, und in Entscheidungen miteinbezieht.“
Die Patienten, so Hagenauer weiter, sollten ihre Lebensumstände, Werte und Bedürfnisse einbringen können. „Auf diese Weise teilen Arzt und Patient ihr Wissen miteinander, können Vor- und Nachteile der Handlungsmöglichkeiten besprechen und schließlich gemeinsam darüber entscheiden, welche Behandlung am besten geeignet ist. Die Beteiligung der Betroffenen erhöht die Chance, dass die vereinbarte Vorgehensweise auch verhaltenswirksam werden kann. Es nützt beispielsweise wenig, wenn Sie einem übergewichtigen Patienten sagen, er sollte sich ausgewogener ernähren und mehr bewegen, wenn konkrete Handlungen und Maßnahmen, die in der jeweiligen Lebenssituation umsetzbar sind, fehlen“, ist Hagenauer überzeugt.
Die Broschüre „Kompetent als Patientin und Patient“ soll die Patienten dabei unterstützen, selbstbestimmte Entscheidungen treffen zu können.
Daher bietet die Broschüre Informationen bezüglich Bewertung von Gesundheitsinformationen, unterstützt bei der Verständigung mit dem Arzt und der Wahl des richtigen Anbieters u.v.m. Auch welche Leistungen die Krankenkasse übernimmt und welche selbst zu zahlen sind, ist angeführt. Checklisten und Tipps runden die Broschüre ab.
„Neben der Broschüre ‚Kompetent als Patient‘ bieten wir auch Ratgeber zum Thema ‚Gesund werden. Gesund bleiben.‘ Bisher erschienen sind Ratgeber zu den Themen Rückenleiden, Herzinfarkt, COPD, Depression sowie ganz aktuell: ‚Schlaganfall – jede Minute zählt‘. Unser Ziel ist es, die Gesundheitskompetenz der österreichischen Bevölkerung zu erhöhen“, so Mag. Alexander Hagenauer. Kostenlos per E-Mail bestellen.
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