Gicht ist ein häufiger Grund für eine Konsultation in der Hausarztpraxis. Ein akuter Gichtanfall kommt in der Regel plötzlich, das Gelenk schwillt innerhalb weniger Stunden an und wird sehr schmerzempfindlich. Die Entzündung wird durch winzige, nadelförmige Kristalle aus Harnsäure, die sich in den Gelenken ablagern, ausgelöst. Am häufigsten sind das Großzehengelenk, Knöchel- oder Fußgelenk sowie das Knie betroffen. Männer leiden häufiger an Gicht als Frauen, auch das Trinken von Bier ist ein Risikofaktor. Bei erhöhten Harnsäurespiegeln im Blut sowie bei kardiovaskulären Erkrankungen steigt ebenso die Wahrscheinlichkeit, an Gicht zu erkranken.
Die Diagnose eines akuten Gichtanfalls erfolgt klinisch. Wenn sich ohne Vorzeichen innerhalb eines Tages eine schmerzhafte Monoarthritis eines Extremitätengelenkes entwickelt und weder ein Trauma noch eine intraartikuläre Injektion noch ein akut eingetretener schlechter Allgemeinzustand bzw. Fieber vorliegen, sollte die Diagnose des Gichtanfalls gestellt werden. Im primärärztlichen Bereich sollte i. d.R. auf eine diagnostische Gelenkpunktion zum Nachweis von Uratkristallen verzichtet werden; darüber hinaus ist die Untersuchung von Laborparametern bei klinisch eindeutigen Fällen nicht notwendig. Eine weiterführende Diagnostik sollte nur bei untypischen Fällen in Betracht gezogen werden. Die wichtigste Differenzialdiagnose ist die septische Arthritis; diese ist jedoch bei Patient:innen mit gutem Allgemeinzustand und ohne Immundefizit oder Immunsuppression sowie ohne Trauma oder OP in der Anamnese extrem selten.
Handelt es sich um durch Gicht verursachte Beschwerden, sprechen die Patient:innen innerhalb von wenigen Stunden bis spätestens 2 Tagen auf die Therapie an; wodurch die Diagnose weiter gesichert wird. Nach Abklingen der Symptome tritt üblicherweise kein zeitnahes Rezidiv auf. Bei Verdacht auf eine septische Arthritis oder Bursitis sollte umgehend eine weiterführende Diagnostik erfolgen.
Neben supportiven Maßnahmen durch Hochlagern und Kühlen des betroffenen Gelenkes erfolgt die Behandlung der akuten Gicht medikamentös. Die antiinflammatorische Therapie sollte so schnell wie möglich eingeleitet werden, bestenfalls innerhalb von 12–24 Stunden nach Beginn des Gichtanfalls. Durch die prompte Unterbrechung der Entzündungskaskade und die Verhinderung weiterer Uratausfällungen wird die Schädigung im Gewebe reduziert, weshalb durch frühzeitigen Therapiebeginn ein besseres Ansprechen erreicht werden kann.
Die medikamentöse Therapie erfolgt entweder mit Kortikosteroiden, NSAR oder Colchicin. Aus pathophysiologischen Überlegungen wird in manchen Empfehlungen auch eine Kombinationstherapie als mögliche Option genannt; es existiert aber keine Evidenz, dass diese wirksamer wäre als die Monotherapien. Aus Sicherheitsgründen (z. B. Risiko einer hypertensiven Krise bei Kombination von NSAR und Kortikosteroiden) wird eine Kombinationstherapie – anders als in der Vorgängerleitlinie – nicht mehr allgemein empfohlen; lediglich bei besonders schlimmen Gichtanfällen kann diese als individueller Therapieversuch erwogen werden. Die Auswahl des Medikaments erfolgt abhängig von Komorbiditäten und eventuell bestehender Komedikation, wobei vor der Therapieentscheidung ein (möglichst elektronisch unterstützter) Interaktionscheck durchgeführt werden soll. Die Therapie wird idealerweise bis zum weitgehenden Abklingen der Symptome fortgeführt.