Große Fortschritte in der Behandlung der Katarakt

Die operative Therapie des grauen Stars (eine wirksame konservative Behandlung ist derzeit nicht in Sicht) hat in den letzten vier Jahrzehnten sehr große Fortschritte gemacht, die den Patienten zugutegkommen:

  • Was die Sicherheit betrifft, wird durch die routinemäßige, einmalige Gabe von Antibiotika zum Zeitpunkt des Eingriffes in das Auge selbst eine signifikante Reduktion der postoperativen Infektionen erreicht, wie in einer großen europäischen Studie gezeigt werden konnte. Diese Prophylaxe ist nun internationaler Standard.
  • Die Kleinschnitt-Technik durch Einführung der Linsenzertrümmerung mittels Ultraschall („Phakoemulsifikation“) hat die erforderliche Schnittbreite auf unter 2,5 mm (und noch weniger) reduziert. Dadurch sind am Ende der Operation keine Nähte mehr erforderlich, weil durch eine optimale Wundkonstruktion eine vollständig dichte Verbindung der Wundflächen zu erzielen ist. Dies macht einerseits eine Nahtentfernung überflüssig und andererseits kann der Verband problemlos und für den Patienten schmerzfrei bereits am OP-Tag oder am ersten postoperativen Tag weggelassen werden.
  • Die körperliche Belastung des Patienten durch den Eingriff selbst ist gering, meist wird er in „lokaler“ Tropfanästhesie mit einer sehr kurz wirkenden Sedierung durchgeführt. Die Operation kann in den meisten Fällen tageschirurgisch erfolgen, der Patient verlässt schon am selben Tag das Krankenhaus in häusliche Pflege.
  • Die postoperative Therapie mit infektionshemmenden und anti-entzündlichen Augentropfen ist meist drei bis vier Wochen lang durchzuführen und wenig belastend. Entgegen noch immer weit verbreiteter Ansicht ist körperliche Schonung nicht erforderlich, nur Schweiß (etwa Sauna) und Staub sind etwa zehn bis 14 Tage zu vermeiden.

Da die Ansprüche an gutes Sehen (Lenken eines Kraftfahrzeuges bis ins hohe Alter, Computerarbeit, Hobby, Sport …) sehr gestiegen sind, ist die Implantation einer künstlichen intraokularen Linse (IOL) weltweit geltender Standard. Die Präzision der präoperativen Berechnung des erforderlichen Implantates ist in den letzten Jahren durch computergesteuerte Messungen und Verwendung mehrerer komplexer Formeln, die einander ergänzen, sehr nahe an die Zielrefraktion (meist Emmetropie, d.h. Normalsichtigkeit) herangeführt worden, in speziellen Situationen (etwa bei ungewöhnlicher Bulbuslänge) wird in naher Zukunft die intraoperative Wellenfrontmessung dem Chirurgen routinemäßig zur Verfügung stehen.

 

Abb1_2 Abb3

 

Ein Astigmatismus über 0,75 Dioptrien wird intraoperativ mit computergesteuerten Keratometern (Systemen zur Bestimmung der Größe und Richtung derselben) vermessen und mittels spezieller Inzisionstechniken in der Hornhaut oder torischen (astigmatismuskorrigierenden) Linsen kompensiert. Dadurch kann ein bestmöglicher Visus in der Ferne erreicht werden.
An einer kompletten Korrektur (d.h. eine Brillenfreiheit für Ferne und Nähe) wird seit über 30 Jahren intensiv geforscht, da die perfekte Akkomodation des jungen Auges (d.h. rasches Scharfstellen von Ferne auf Nähe und umgekehrt) technisch eine große Herausforderung darstellt. Sie ist mit Speziallinsen (etwa nach dem „diffraktiven“ optischen Prinzip) zu erreichen, wobei noch mit gewissen Abstrichen (etwa einem gering reduzierten Sehvermögen in der Nacht oder Lichtringen um helle Lichtquellen) zu rechnen ist, was aber meist sehr gut toleriert wird. Neueste Implantate, welche gerade finale klinische Studien durchlaufen, geben sehr vielversprechende Resultate, sodass der graue Star nun seinen Schrecken für den Patienten verloren hat.
Bei vielen Patienten wird auf Wunsch auch in einem Eingriff die Operation beider Augen durchgeführt, um eine möglichst rasche Rehabilitation zu erzielen, eine Vorgangsweise, welche sich international langsam durchzusetzen beginnt.

 

Tipps für das Patientengespräch

Von Univ.-Prof. Dr. Günther Grabner

Der graue Star muss nicht mehr „reif“ werden, diese Terminologie ist völlig überholt!
Der graue Star wird bei Auftreten von subjektiven Beschwerden in Abhängigkeit von den Bedürfnissen des Patienten operiert, u.U. auch bei einem Sehvermögen von 80%! (wenn etwa eine starke Blendung in der Nacht das professionelle Lenken eines Kraftfahrzeuges unmöglich macht). Wird eine komplette Brillenfreiheit von Patienten angestrebt, dann ist dies – mit Abstrichen – durch Speziallinsen erreichbar. Auf Wunsch können – falls medizinisch angezeigt – auch beide Augen in einem Eingriff operiert werden und körperliche Schonung ist, auch gleich nach der Star-Operation, nicht mehr erforderlich.

 

Wichtiges Wissen schnell vermittelt

Beim grauen Star entscheidet der Patient mit seinen subjektiven Beschwerden über den optimalen Zeitpunkt der Operation, der „Reifegrad“ der Katarakt ist nicht relevant. Eine optimale Korrektur sollte auch den Astigmatismus über 0,75 Dioptrien berücksichtigen und operativ korrigieren. Multifokale Intraokularlinsen stehen zur Verfügung, erfordern jedoch wegen einiger geringerer Nebenwirkungen eine detaillierte Patientenaufklärung und sind nicht für alle Situationen geeignet. Beidseitige Eingriffe können (bei passender Indikation) die Rehabilitation des Patienten wesentlich verkürzen.