Große Motivation, hohes Engagement, kleines Budget

Vor 20 Jahren war die medizinisch-wissenschaftliche Landschaft im Umbruch. Die Ludwig Boltzmann Gesellschaft hatte eine Umstrukturierung beschlossen, die dazu führte, dass es nur noch große wissenschaftlich arbeitende Institute mit hauptberuflichen Leiter:innen geben sollte. Die vielen kleinen, vorwiegend medizinischen Institute sollten sich in Clustern zusammenschließen – sie waren damit auf der Suche nach einer neuen Heimat. HR Prof. Dr. Robert Fischer und Prof. Dr. Georg Salem hatten daraufhin die Idee, eine eigene Gesellschaft zu gründen. So könne man die Chancen niederösterreichischer Ärzt:innen verbessern, in der (Krankenhaus-)Hierarchie aufzusteigen, denn ein Primariat erfordert den Nachweis wissenschaftlicher Arbeiten – im Rahmen einer eigenen niederösterreichischen Forschungseinrichtung sollten diese nun leichter erbracht werden können.

So reichten Fischer und Salem am 1. Jänner 2004 bei der Vereinsbehörde die Statuten der neuen Gesellschaft ein: Die Karl Landsteiner Gesellschaft war geboren. Erster Präsident wurde der ehemalige Präsident der Ärztekammer für Niederösterreich, MR Dr. Gerhard Weintögl. Kurz danach wurden die ersten Ludwig Boltzmann Institute zu Karl Landsteiner Instituten umgewandelt. Begonnen hat die neue Karl Landsteiner Gesellschaft mit drei Instituten, am Ende des ersten Jahres waren es bereits acht. Aktuell steht sie bei 69 Instituten in Niederösterreich, Wien, Oberösterreich, Salzburg und Tirol.

Hohes Niveau

Die Gründer und ihre Nachfolger:innen legten und legen Wert darauf, dass auch kleine Institute auf hohem wissenschaftlichem Niveau arbeiten können – unabhängig von Geldgebern. Was ein Nachteil hätte sein können, hat sich mittlerweile als einer der größten Vorteile der Karl Landsteiner Gesellschaft herausgestellt: Sie erhält keine öffentlichen Fördergelder und ist damit frei von jeglichem politischem oder sonstigem Einfluss. Unter anderem deswegen wird das Thema Transparenz in der Gesellschaft großgeschrieben. „Das gilt sowohl nach innen – den Instituten gegenüber – als auch nach außen“, stellt Weintögl klar. „Die Drittmittelgeber wissen immer und zu jeder Zeit ganz genau, was mit ihren Geldern passiert.“ Die Karl Landsteiner Gesellschaft steht damals wie heute für wissenschaftliche Dignität. Gewährleistet wird das dadurch, dass den Instituten das Verwaltungsmanagement komplett abgenommen wird, damit sie sich ausschließlich auf die Forschung konzentrieren können. Dazu der Präsident der Karl Landsteiner Gesellschaft, Univ.-Prof. Dr. Bernhard Schwarz: „Unsere Institutsleiter:innen stehen überwiegend großen klinischen Abteilungen vor und können ihre Patient:innen über die klinischen Studien an medizinischen Entwicklungen teilhaben lassen. Die große Stärke der Gesellschaft ist sicher, dass wir unbürokratisch agieren und damit die Forscher:innen sehr flexibel unterstützen können. Es ist unser großes Anliegen, sehr praxisnah zu sein.“

Die Verwaltung, also die Geschäftsstelle, war von Anfang an schlank und schlagkräftig und ist es immer noch. Nur 5 % der eingeworbenen Mittel der Institute werden für sie aufgewendet. Der Rest bleibt in der Forschung – und die ist bis heute praxisorientiert und nah an den Patient:innen. Die Bandbreite der medizinischen Forschungsthemen ist bewusst groß, ein „Schrebergarten“ in einem äußerst positiven Sinn.

Klare Aufnahmekriterien

Wer aufgenommen werden will, muss einen klaren wissenschaftlichen Background aufweisen und ein Konzept vorlegen, aus dem hervorgeht, an welchen Themen in den nächsten Jahren geforscht werden soll. Benötigt wird außerdem ein Finanzierungsplan. Nach der Zustimmung des Vorstandes kann die Forschung beginnen. Die wird laufend evaluiert, um das hohe Niveau auch weiterhin zu garantieren. Zu diesem Zweck wurde schon einige Jahre nach der Gründung ein Evaluierungsprozess – damals unter Leitung von Prof. Dr. Eugen Hauke – eingeführt.

Landsteiner Tag

Ein Highlight der Gesellschaft ist der jährlich stattfindende Landsteiner Tag. Er ist eine wissenschaftliche Jahrestagung und stellt eine Leistungsschau der Forschungsaktivitäten der Institute dar.


Fortbildung als Anliegen

Die Gründerväter der neuen Karl Landsteiner Gesellschaft

MR Prof. Dr. Robert Fischer
Der gebürtige Niederösterreicher baute unter anderem die Kieferstation und spätere Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Krankenhaus Sankt Pölten auf. Später wurde er dort Ärztlicher Direktor und danach Primar am Krankenhaus Lainz. 2004 folgte der Professorentitel. Fischer war Fortbildungsreferent der Ärztekammer für Niederösterreich und initiierte eine unschätzbar große Anzahl an ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen, Kursen, Seminaren und Kongressen.

MR Dr. Gerhard Weintögl
Gerhard Weintögl war immer ein Gemeindearzt mit Leib und Seele. Ab 1973 ordinierte er in Kilb, 1990 begann seine Tätigkeit als Präsident der Ärztekammer für Niederösterreich, und damit verstärkte sich sein Engagement für seine Berufskolleg:innen. Fortbildung war ihm immer schon ein großes Anliegen. So wurde er erster Präsident der Karl Landsteiner Gesellschaft und hat sein Engagement auf diesem Gebiet noch viele Jahre weiter fortgeführt.